Tür auf für Monsanto

junge welt vom 17.03.2009
Von Gerold Schmidt

 

Nur wenige Tage nach der offiziellen Erlaubnis für die experimentelle Aussaat von Genmais in der vergangenen Woche bestätigte die mexikanische Regierung in der vergangenen Woche die Befürchtungen von Greenpeace und anderen Gruppierungen. »Nach und nach«, so Agrarminister Alberto Cárdenas, werde Mexiko der Technologie für die Entwicklung genveränderter Organismen »die Tür öffnen«. Cárdenas wies mögliche Gesundheitsgefahren auf einer Pressekonferenz in Mexiko-Stadt zurück. Bisher seien schädliche Wirkungen für den Menschen nirgendwo nachgewiesen. Niemandem sei »etwas Komisches in seinem Körper passiert«, so der Minister.

Das Interesse der einschlägigen Unternehmen an möglichst baldiger kommerzieller Nutzung von mexikanischem Genmais ist offenbar groß. Wie Ariel Álvarez, Exekutivsekretär der interministeriellen Kommission zur Biosicherheit von genveränderten Organismen (Cibiogem) auf derselben Konferenz erklärte, liegen dem Agrarministerium bereits 25 Anträge auf experimentelle Aussaat vor. Er nannte dabei keine Namen. Klar ist aber: Neben dem Biotech-Riesen Monsanto aus den USA gehören beispielsweise Pioneer, Syngenta und Dow Agroscience zu den wenigen weltweit tätigen Konzernen, die das Geschäft mit genverändertem Saatgut rund um den Globus beherrschen. Auch der deutsche Bayer-Konzern mit seiner Maissorte T 25 gehört dazu. Für die Gegner des Anbaus genmanipulierter Maispflanzen ist die experimentelle Aussaat das offizielle Einfallstor für einen späteren erweiterten Anbau für den menschlichen und tierischen Konsum in Mexiko selbst. Álvarez hält den kommerziellen Anbau »in zwei oder drei Jahren für möglich« und bestärkt damit diese Einschätzung.

Mexiko und die Kulturpflanze Mais stehen in einer besonderen Beziehung zueinander. Hier wuchs vor etwa 7000 bis 9000 Jahren der Teozintle, wildwachsender Vorläufer der späteren wichtigsten Kulturpflanze des Landes. Heute sind offiziell 59 Zuchtarten und über 200 verschiedene Sorten registriert, doch gibt es auch weitaus höhere Zahlenangaben zur Saatgutvielfalt. Neben noch nicht absehbaren Gesundheitsrisiken sehen Kritiker gerade diese Vielfalt im Ursprungsland des Maises durch eine nicht zu kontrollierende Kontaminierung mit den gentechnisch veränderten Pflanzen gefährdet. In den vergangenen Jahren wurde bereits an acht verschiedenen Orten in den Bundesstaaten Chihuahua, Sinaloa, Oaxaca und Puebla Genmais festgestellt. Sehr wahrscheinlich wurde er aus den USA importiert, vielleicht sogar bewußt dem Saatgut untergemischt. Statt dagegen mit schärferen Kontrollen vorzugehen, werde nun »die Illegalität legalisiert«, kommentiert das die bäuerliche Vertriebsorganisation ANEC.

Den Beteuerungen verschiedener staatlicher Stellen, den traditionellen einheimischen Mais zu schützen, wird nach den bisherigen Erfahrungen wenig Vertrauen entgegengebracht. Die Aussage des Leiters der mexikanischen Umweltschutzbehörde Profepa, er werde ernsthaft gegen illegalen Anbau vorgehen, wirkt wie ein Lippenbekenntnis im nachhinein. Selbst bei gutem Willen dürfte die Profepa gegen die Gentechniklobby den kürzeren ziehen. Ohne Erfolg hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace noch im Dezember mit einer Aktion vor der Residenz des Staatspräsidenten in Mexiko-Stadt versucht, das Inkrafttreten der aktuellen Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über Biosicherheit — in Mexiko als das »Monsanto-Gesetz« bekannt — und damit die experimentelle Aussaat zu verhindern. Auch das mexikanische Netzwerk zur Verteidigung des Maises hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder gegen die Erlaubnis für den Anbau genmanipulierter Sorten eingesetzt. Doch letztlich war das vergeblich.

Allerdings müssen die Befürworter des Anbaus weiter mit Widerstand rechnen. Der oppositionelle Bürgermeister der Hauptstadt gab Ende Februar eine Erklärung gegen jegliche Nutzung von Genmais im Gebiet der Metropole ab, die sowohl Stadt als auch eigener Bundesdistrikt ist. Diese Megacity mit ihren geschätzt 25 Millionen Einwohnern — jeder fünfte Mexikaner lebt hier — weist in ihren Außenzonen noch relativ viel Ackerland auf. Wichtiger für den weiteren Verlauf der Auseinandersetzung aber wird sein, wie die Bauern in anderen Landesteilen auf die nun offiziell mögliche Aussaat von Genmais reagieren werden.

 

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