Der Staat, »Partner« des Drogenhandels

Proceso vom 18.11.2009
José Gil Olmos
übersetzt von: Andreas

 

Nach zehn Jahren Isolationshaft erläutern die Ex-Guerrilleros der ERPI (Revolutionäre Aufständische Volksarmee) Jacobo Silva und Gloria Arenas ihre Sicht der mexikanischen Realität, drei Jahre nach Amtsantritt des Präsidenten Felipe Calderón: Die sozialen Verhältnisse, die sie damals zur Aufnahme des bewaffneten Kampfes bewogen haben, bestehen ihrer Ansicht nach unvermindert weiter und haben sich zunehmend verschlechtert. Deshalb, so versichern sie, setzt der mexikanische Staat auf eine repressive Strategie und hat sich mit dem organisierten Drogenhandel verbündet um so die unmittelbar bevorstehende soziale Explosion in Mexiko aufzuhalten.

Das erste was den Ex-Anführern der ERPI, Jacobo Silva und Gloria Arenas, nach der Entlassung aus der zehnjährigen Gefängnishaft auffällt ist die Militarisierung des Landes und die wachsende Macht des organisierten Drogenhandels.

Später registrieren sie eine ganze Reihe besorgniserregender Eindrücke: Die Arbeitslosigkeit, die Gewalt, die Unsicherheit und die Kriminalisierung der sozialen Proteste. Schlussendlich sehen sie das Land nur einen Schritt vom Abgrund entfernt, am Vorabend einer sozialen Explosion.

Jacobo, der während seiner Zeit als Mitglied der EPR (Revolutionäre Volksarmee) und später als Anführer der ERPI als Kommandant Antonio bekannt war, wurde am 19. Oktober 1999 im Rahmen einer verdeckten Militäroperation verhaftet. Zwischen den Augenbrauen trägt er eine Narbe, ein Resultat der Folter. Der Abdruck der Schläge akzentuiert seinen harten Gesichtsausdruck wenn er über ernste Themen spricht:

»Ich nehme ein Land wahr in dem sich die Bedingungen, die uns veranlasst haben den bewaffneten Kampf aufzunehmen, verschärft haben. Ich sehe die Militarisierung als besonders besorgniserregend an, weil sie zu etwas alltäglichem geworden ist und von einigen Sektoren der Bevölkerung bereits als etwas Notwendiges angesehen wird.«

»Das ist beunruhigend, weil es schrittweise dazu führt, dass es keine Besorgnis mehr über den Anstieg der Repression gibt, damit sich die Menschen an die Morde, die Verhaftungen und das Verschwindenlassen, das sie heute »levanton« nennen, gewöhnen. Früher waren dies eher Ausnahmen, heute ist es alltäglich geworden.«

Im Gegensatz zu ihrem Partner Jacobo hat Gloria, die früher unter dem Namen »Coronela Aurora« bekannt war, einen fröhlicheren Gesichtsausdruck. Doch wenn man sie fragt wie sie die Situation im Land einschätzt, wird sie ernst und bemerkt: »Es scheint als hätten wir eine unendliche Geduld und könnten noch immer mehr Arbeitslosigkeit und Unsicherheit ertragen, aber tiefer liegend sehe ich eine völlige Übersättigung, die kurz davor ist zu explodieren.«

 

Quelle: http://www.proceso.com.mx/noticias_articulo.php?articulo=73938


 

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