[Südmexiko-Newsletter] Dezember 2009: Schwierige Menschenrechtslage

Direkte Solidarität Chiapas vom 10.12.2009

 

Honduras in der politischen Krise — Mit einem Militärputsch zur Demokratie?1. VERANSTALTUNGEN UND AKTUELLES

Honduras in der politischen Krise — Mit einem Militärputsch zur Demokratie?
Informations- und Diskussionsabend mit Bernhard Erni, Wahlbeobachter in Honduras

Dienstag 15. Dezember, 19:30 Uhr in Zürich, Hirschengraben 50, beim Central
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Donnerstag 17. Dezember, 18:30 Uhr in Basel, Missionsstrasse 21, im Spalenkeller
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Mexiko - Tagung vom 5. - 7. Februar 2010, Berlin

Tagung zur Menschenrechtslagen und Fachkonferenz zu »weltwärts« in der Menschenrechtsarbeit.

Die Menschenrechtssituation in Mexiko bietet viel Anlass zu Kritik. Ansätzen zur Demokratisierung unter der Regierung Fox (2000-2006) setzt Präsident Calderón seit seinem Amtsantritt die militärische Option entgegen − mit einer Politik der harten Hand und dem massiven Einsatz des Militärs im Inland als vermeintlichem Stabilitätsfaktor. Gleichzeitig werden der Zivilgesellschaft die Zugänge zu demokratischen Entscheidungsprozessen erschwert. Angesichts des Gewalteinsatzes von staatlichen Sicherheitskräften sowie Gruppen der organisierten Kriminalität bei gleichzeitiger Kriminalisierung und Delegitimierung zivilgesellschaftlicher Akteure befindet sich Mexiko heute am demokratischen Scheideweg.

Mit mexikanischen Referierenden von Menschenrechts- und Basisorganisationen sowie aus dem universitären und journalistischen Bereich soll auf der Tagung diskutiert werden, wo Mexiko im Jahr 2010 steht und welche Ansätze die Zivilgesellschaft verfolgt, um mit der schwierigen Menschenrechtslage umzugehen. In insgesamt vier Foren werden diese Fragen anhand symptomatischer Fälle von Menschenrechtsverletzungen diskutiert, und es soll ein Austausch über erfolgsversprechende Strategien zur Gewährleistung von Menschenrechten und zum Schutz vor Menschenrechtsverletzungen in Mexiko erfolgen.

Es werden rund 20 Gäste aus Chiapas, Oaxaca, Guerrero, Mexico City und Ciudad Juarez an der Tagung anwesend sein.

Detailliertes Programm und Flyer: http://www.mexiko-koordination.de/


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2. CHIAPAS

Angedrohte Ermordung eines Umweltaktivisten gegen kanadische Minenfirma wurde umgesetzt

Am 27. November wurde Mariano Abarca Roblero vor seinem Haus in Chicomuselo erschossen. Sein Begleiter, Orlando Velazquez, ebenfalls angeschossen, wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Die beiden Männer waren als Mitglieder von REMA (Mexikanisches Netzwerkes der durch den Bergbau Betroffenen) aktiv in der Bekämpfung der kanadischen Minenfirma "Blackfire", welche lokale Ressourcen ausbeutet und dadurch die Umwelt stark schädigt − trotz "umweltfreundlicher" Bestrebungen wie die Firma verlautet.

Der Anti-Minenaktivist fürchtete um sein Leben, wie er in einem Video kundtat. Im Juli klagte "Blackfire" gegen Abarca, der an einer Highway-Blockade zur Verhinderung der Transporte der Minenfirma, teilgenommen hatte. Im Folgemonat wurde Abarca von bewaffneten Männern überwältigt und entführt. Die Entführer stellten sich als Polizei heraus und Abarca wurde in Folge inhaftiert. Auf Druck durch die Minenfirma belastete die chiapanekische Regierung im Juli Abarca mehrerer Delikte, darunter auch organisiertes Verbrechen, welches härtere Massnahmen gegen den Anklagten zulässt. Er musste jedoch nach 8 Tagen Haft wegen internationalen öffentlichen Drucks freigelassen werden. Die Klage wurde aufgrund mangelnder Beweise fallengelassen. Kurz vor seinem Tod reichte der Umweltaktivist seinerseits eine Klage gegen das Minenunternehmen ein.

Das Minenunternehmen "Blackfire" drückt hinsichtlich der kriminellen Akte sein Beileid aus und sagt, dass sie im tiefen Respekt gegenüber der Umwelt und als Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Bevölkerung mit ihren Aktivitäten weiterfahren werden.

Ermordung eines Anti-Minen-Aktivisten in Chiapas:
https://chiapas.ch/

Ausführlicher Hintergrundbericht — Englisch:
http://narcosphere.narconews.com/notebook/kristin-bricker/2009/12/chiapas-anti-mining-organizer-murdered

Video-Interview mit dem ermordeten Umweltaktivisten — Spanisch:



Video-Interview mit dem ermordeten Umweltaktivisten — Englisch:




OCEZ-Bauernorganisationsführer entführt, inhaftiert, kriminalisiert und wieder freigelassen

Die brutale Festnahme des OCEZ (Organisación Campesina de Emiliano Zapata) Bauernführers José Manuel Hernández Martínez liest sich wie einen schlechten Krimi. Am 30.September wurde der Bauernorganisationsführer mit Spitznamen „Don Chema« aus seiner Gemeinde 28 de Junio von als Elektrikern verkleideten Polizisten entführt. Sein Begleiter wurde ebenfalls gekidnappt und später am Strassenrand rausgeworfen. Bekannte Don Chema’s, die die Entführung beobachtet hatten, nahmen die Verfolgung des Fahrzeugs mit dem gekidnappten Kollegen auf. Dabei wurden sie von einem dritten Fahrzeug derart bedrängt, dass sie verunfallten und zwei von ihnen das Leben verloren.

Die chiapanekische Regierung hat Hernández offiziell mit Verbrechen, die in Zusammenhang mit einer Landbesetzung von 2003 stehen, belastet. Auch in diesem Fall wurde die Strategie angewendet dem Angeklagten ein Verbrechen anzulasten, das in die Kategorie „organisiertes Verbrechen« fällt. Er wurde ins staatliche Hochsicherheitsgefängnis für Schwerverbrecher in Nayarit gebracht. Zwei weitere OCEZ-Führer wurden später ebenfalls festgenommen und angeblich gefoltert. Am 24. November wurden alle drei Männer auf Kaution freigelassen. Die Kaution wurde von der chiapanekischen Regierung selbst bezahlt.

Während sich die OCEZ-Mitglieder in Haft befanden wurden Gerüchte in Umlauf gesetzt, dass die OCEZ eine Verdeckorganisation für Kartelle sei, die Migranten, Waffen und Drogen durch Chiapas schmuggle. Medienberichten zufolge waren die verhafteten OCEZ-Führer in diesem Geschäft involviert. Die Informationen dazu entstammten einem unoffiziellen Bericht, den die Regierung laut anderen Medienquellen den Medien auf unsaubere Weise zugespielt habe, weshalb die Glaubwürdigkeit der Informationen auf wackligen Beinen stehe. Dafür spricht unter anderem, dass die Regierung von Chiapas der OCEZ 215 Hektaren Land versprochen hat. Dieses Versprechen wurde fünf Tage nachdem die Regierung besagten Bericht den Medien zugespielt hat zum letzten Mal von Regierungsseite bestätigt. Weshalb also sollte die Regierung einer Organisation, die sie als „Verbrecher« bezeichnet, offiziell Land zusprechen und ihre Mitglieder aus dem Gefängnis frei kaufen?

Bericht auf Englisch:
http://narcosphere.narconews.com/notebook/kristin-bricker/2009/11/government-negotiations-ocez-cast-further-doubt-rumored-narco-conne

Video-Interview mit Hernandéz ein paar Tage vor seiner Entführung:




Die „Räte der Guten Regierung« brauchen die Anerkennung der schlechten Regierung nicht!

Die »Juntas de buen gobierno« (JBG) weisen die Version, dass sie um die Anerkennung der Lokalregierung und der chiapanekischen Regierung gebeten hätten vehement von sich. Die mexikanische Tageszeitung La Jornada veröffentlichte, dass Vertreter der fünf JBG im Gespräch mit einer Gruppe von lokalen Regierungsbeamten gewesen waren. Die mexikanische Tageszeitung schrieb weiter, dass die Zapatisten um juristische, politische, finanzielle und soziale Anerkennung gebeten hätten.

»Wie traurig, dass jemand solche Sachen verbreitet, für uns ist das eine bewusste Falschinformation,« sagt die JBG von La Realidad. »Es handelt sich um pure Lügen, an denen sich wahrhaftig andere bereichen,« äussern sich zapatistische Autoritäten zu den Vorwürfen.

Die betreffende Information erwähnt ein Dokument, das von einzelnen Personen, die sich als Zapatisten ausgegeben haben, unterzeichnet worden sei. Laut der JBG der zona norte kauft die schlechte Regierung Leute ein, die sich für einige Moneten hergeben lassen, weil dieselben darüber hinaus ihre Verbündeten sind um Fallen und Lügen zu konstruieren. Deshalb seien die JBG jetzt am nachforschen, welche Personen das Dokument unterzeichnet und sich als JBG ausgegeben hätten um sie dafür zu bestrafen. Die autonomen Vorsteher der JBG erklären: „All diese Lügen der schlechten Regierung, ihrer Abgeordneten und Komplizen sind Teil eines Plans zur Aufstandsbekämpfung um die öffentliche Meinung zu verwirren und um den Widerstand unserer Völker im Aufbau für ihre Autonomie zu brechen. Deshalb geht unsere Bitte an alle Völker und Personen mit guten Absichten, die sich für die Freiheit, Gerechtigkeit und Rechte von allen einsetzen, dass sie sich nicht von den Plänen und Interessen der schlechten Regierungen und ihren Komplizen täuschen lassen.

Artikel auf Spanisch:
https://www.jornada.com.mx/ultimas/2009/11/26/desmienten-zapatistas-no-solicitamos-reconocimiento-juridoco-para-las-jbg
https://www.jornada.com.mx/2009/11/28/index.php?section=politica&article=012n1pol


*Sehr interessant und sehenswert ist das neue CIEPAC-Video über die jüngste Demonstration gegen die hohen Stromgebühren in Chiapas:*
http://www.ciepac.org/videos/video.php?id=275


3. OAXACA

Fotos zur Lehrer-Demonstration vom 25. November in Oaxaca:

http://www.oaxacaenpiedelucha.com/2009/11/marchan-mas-de-20-mil-profesores-del.html


Gemeinsamer Widerstand gegen die "Neoliberale Bestie" in Oaxaca und Atenco (La Jornada, 28.11.09):

Mehrere Gemeinden von Oaxaca, Vertreter des Zusammenschlusses "Frente de Pueblos en Defensa de la Tierra (FPDT, dt. "Vereinigtes Bündnis zur Verteidigung von Land") von San Salvador Atenco sowie von weiteren Bündnissen gegen Megaprojekte haben sich in Zaachila/Oaxaca getroffen, um ihre Erfahrungen und Strategien auszutauschen.

Vertreten war so u.a. das "Asamblea Regional del Istmo en Defensa de la Tierra y el Territorio", das von ihrem Kampf gegen die Vertreibungen berichtete, die im Zuge der Windkraftwerke erfolgten, welche vom staatliche Elektrizitätswerk CFE und ausländischen Unternehmen, hauptsächlich spanischen, promoviert werden. Vertreter der Organisation "Pueblos en Defensa del Rio Verde" erzählten von ihrem Kampf gegen den Bau eines riesigen Staudammprojektes (Paso de la Reina), das eine Fläche von 3100 ha mit 6 Gemeinden betrifft.

Dieser Austausch wurde von allen als sehr wichtig betrachtet, und weitere Schritt könnten zu einem nationalen Treffen von Gruppen führen, die sich im gleichen Kampf gegen die neoliberalen Auswüchse befinden.

Pueblos de Oaxaca y Atenco pactan lucha conjunta contra la »embestida neoliberal«:
https://www.jornada.com.mx/2009/11/28/index.php?section=estados&article=023n2est


Bei Angriff von Paramilitärs stirbt ein Kind und drei weitere werden verletzt.

Am gleichen Wochenende attackierten Paramilitärs, die mit der PRI - nahestehenden UBISORT und einer weiteren Gruppierung verbündet sind, die Gemeinde San Juan Copala; Copala hat 2006 ihre Autonomie erklärt. Die Paramilitärs beabsichtigten zu verhindern, dass Mitglieder der FPDT zu einem Treffen nach Copala gehen konnten. Das Intermezzo endete damit, dass ein Kind getötet und drei weitere verletzt wurden.

»Paramilitaries Shoot Four Children, One Dead«:
http://www.narconews.com/Issue62/article3958.html


4. GUERRERO

Drei Jugendliche aus Puerto de las Ollas von Paramilitärs erschossen (5. 11. 09)

Seit Juni hat es in Puerto de las Ollas in der Sierra Coyuca de Catalan immer wieder Übergriffe seitens der mexikanischen Bundesarmee gegeben, oft auch in Zusammenarbeit mit bewaffneten Zivilpersonen. Die drei Jugendlichen waren auf dem Weg ins nächstgrösste Dorf, um Dünger zu kaufen, als sie an einer Strassenkreuzung ausserhalb des Dorfes in einen Hinterhalt gerieten und erschossen wurden. Diese Strategie der Belagerung wird von den lokalen Kaziken vorangetrieben, die illegale Abholzung in der Sierra betreiben und mit Drogenkartellen und dem Militär unter einer Decke stecken. Die verstärkte Aktivität der Guerilla ERPI (Ejercito Revolucionario del Pueblo Insurgente) in dieser Region ist dabei mit ein Grund für die verschärfte Situation.

Mehr und Links dazu auf: www.medicointernational.ch

Danke für Eure Unterstützung, schöne Festtage und bis im Neuen Jahr!
eure solicrew


Quelle:
Direkte Solidarität mit Chiapas/Café RebelDía:
Quellenstrasse 25, 8005 Zürich

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Café RebelDía
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Quelle: https://chiapas.ch/


 

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