Oaxacas bekanntester politischer Gefangener frei

Juan Manuel und seine Verteidigung weiter bedroht

medico internat. (CH) vom 17.02.2010
Philipp Gerber, Oaxaca

 

Über 16 lange Monate nach seiner Verhaftung ist es endlich soweit: Juan Manuel Martínez muss innerhalb der nächsten 24 Stunden freigelassen werden. Das zuständige Gericht lehnte heute einen letzten Rekurs der föderalen Untersuchungsbehörde PGR ab. Der Rekurs war ein verzweifeltes, aber auf keinem einzigen Indiz beruhendes Mittel, um Juan Manuel Martínez nach dem stattgegebenen Einspruch der Verteidigung vom 30. Dezember 2009 noch weiter in Haft zu halten.

Juan Manuel Martínez, APPO-Aktivist, dreifacher Familienvater und Bäcker aus einem Vorort von Oaxaca Stadt war das Bauernopfer im Mordfall Brad Will, dem Indymedia-Aktivisten aus den USA, welcher im Konflikt 2006 ums Leben kam. Der hochpolitische Fall wurde von der US-Regierung mit der über einer Milliarde Dollar hohen Militärhilfe zur Bekämpfung der Drogenmafia im Rahmen des Plan Mérida verknüpft: Die mexikanische Regierung sollte gezwungen werden, eine „glaubwürdige und menschenrechtskonforme" Untersuchung des Mordes am US-Amerikaner zu führen. Diese machte genau das Gegenteil und nahm einen Aktivisten statt der Mörder aus regierungsnahen Kreisen fest.

Die absurden Thesen der Anklage sind nun definitiv entkräftet und Juan Manuel Martinez endlich in absoluter Freiheit, was der juristischen Verteidigung durch das „Komitée 25. November" und der nicht nachlassenden Mobilisierung auf nationaler und internationaler Ebene zu verdanken ist. So berichtet die Anwältin Alba Cruz, die zuständige Richterin hätte sie letzten Sommer inständig gebeten, doch etwas zu tun gegen die Briefflut, die sie erreiche. Auch die PGR beklagte sich bei der Verteidigung über die „störende Publizität" des Falles.

Der Mord an Brad Will bleibt allerdings weiter ungesühnt. Und die Zeiten in Oaxaca sind sehr gefährlich: Die PRI droht im Juli nach 80 Jahren erstmals die Gouverneurswahlen zu verlieren, da sich eine breite Allianz aus linken Parteien zusammen mit der rechten PAN gebildet hat. Es wird befürchtet, dass Juan Manuel, seine Familie und seine Verteidigung weiteren Übergriffen ausgesetzt sein könnten. Auch könnten andere Aktivisten der APPO die nächsten Geiseln des mexikanischen Staates für den Gehorsam gegenüber der US-Regierung sein. Die wahrscheinlichen Täter aus PRI-Kreisen wurden zwar kurz nach der Tat verhaftet - aber aus angeblichem Mangel an Beweisen nach wenigen Tagen freigelassen. Sie können, neben dem fehlenden politischen Willen, auch aus rechtlichen Prinzipien kaum ein zweites Mal für dasselbe Delikt angeklagt werden.

medico international schweiz wird die Partnerorganisation „Komitee 25. November" in ihrem unerschrockenen Einsatz gegen Folter und arbiträre Haft weiterhin finanziell und mit solidarischem Rückhalt unterstützen.

 

Quelle: http://www.medicointernational.ch/content/view/208/1/


 

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