Paramilitärs greifen Friedenskarawane in Oaxaca an; zwei Tote

medico internat. (CH) vom 28.04.2010
Philipp Gerber, medico international schweiz

 

Eine Friedenskarawane, bestehend aus 40 Menschen aus sozialen und Menschenrechtsorganisationen, geriet am Nachmittag des 27. April im Ort La Sabana in einen Hinterhalt von Paramilitärs. Die Angaben über die Konsequenzen der bewaffneten Attacke sind noch nicht vollständig bestätigt, mehrere Personen gelten als verschwunden. 24 Stunden nach dem Angriff wurde klar, dass Beatriz Cariño, die Direktorin der sozialen Organisation CACTUS (Centro de Apoyo Comunitario Trabajando Unidos) mit Sitz in Huajuapán de León, und Juri Jaakkola, finnischer Menschenrechtsbeobachter, im Kugelhagel getötet wurden. Eine Verletzte konnte ins Spital eingeliefert werden, es ist dies Mónica Citlalli Santiago Ortiz, eine 22-jährige Reporterin der Fernsehstation Televisa (Bilder hier). Unter den Verschwundenen sind internationale BeobachterInnen sowie AktivistInnen aus Oaxaca und die beiden Reporter Érika Ramírez und David Cilia der Zeitschrift »Contralínea«. Am Morgen des 28. April machten sich Einheiten der Bundespolizei auf den Weg in die abgelegene Zone der Triqui-Indigenen. Dies, nachdem Javier Rueda, der Sprecher Polizeieinheit Seguridad Publica von Oaxaca, erklärte, es stimme, dass es keine Polizeipräsenz in der Region gäbe, aber der Grund dafür »ist nicht Vernachlässigung, sondern Strategie«.

Die seit Jahren herrschende politische Gewalt in der indigenen Region Triqui in der Mixteca von Oaxaca eskaliert seit Dezember 2009. Die PRI-Organisationen UBISORT und MULT attackieren die autonome Organisation MULT-I, welche in der Folge des Aufstandes von 2006 entstanden ist und sowohl der APPO als auch der »anderen Kampagne« der Zapatistas angehört. Seit dem 1. Januar 2007 hat MULT-I das Dorf San Juan Copala zum autonomen Bezirk erklärt (Bild). Offiziell gehört das Dorf zum Bezirk Santiago Juxtlahuaca. Die Region ist seit Jahrzehnten Hochburg der PRI, welche mit aller Gewalt die Kontrolle behalten will. Zu diesem Zweck wurde auch aus den Reihen von MULT die Partei PUP (Partido de Unidad Popular) gegründet, welche als simulierte Opposition der PRI zudient. Seit Jahresbeginn gab es Dutzende politische Morde. Mit Waffengewalt gelang es der UBISORT, den Regierungssitz des 700-Seelen-Dorfes San Juan Copala der MULT-I zu entreissen.

Gemäss Jorge Albino Ortiz, dem Sprecher des autonomen Bezirks, ist San Juan Copala seit Monaten im Würgegriff der Paramilitärs von UBISORT. Diese haben Strom und Wasserzufuhr abgestellt. Auch sind seit Januar weder LehrerInnen noch medizinisches Personal mehr im Dorf, »und wenn die Frauen auf der Suche nach hWasser und Essen sich getrauen, die Häuser zu verlassen, werden sie bedroht«.

Die Friedenskarawane wollte Lebensmittel in die Gemeinde bringen, LehrerInnen an ihren Arbeitsplatz zurück begleiten. Die Karawane wurde unterstützt von den Organisationen Cactus, VOCAL, der Lehrergewerkschaft Sektion 22 und anderen sozialen Organisationen Oaxacas. Am Vortag der Attacke drohte der Sprecher der UBISORT offen, es würde niemand von der Karawane in die Gemeinde San Juan Copala gelassen.

Der Zeitpunkt der Eskalation ist kaum Zufall, beginnt doch am 2. Mai der Wahlkampf für die Gouverneurswahlen von Oaxaca. Gemäss letzten Umfragen liegt der Oppositionskandidat Gabino Cué klar in Führung vor dem PRI-Kandidaten Eviel Pérez Magaña. Die PRI regiert seit 80 Jahren ununterbrochen. Auch der aktuelle Gouverneur Ulises Ruiz Ortiz überlebte alle Proteste ungeschoren. Ein politischer Prozess zur Amtsenthebung ist trotz Urteil des höchsten Gerichts im letzten November nicht in Gang gekommen. Menschenrechtsorganisationen warnten davor, die PRI könnte ein Klima der Angst erzeugen, um so die Wahlen doch noch zu gewinnen. Doch auch die Regierung Calderón trägt grosse Mitverantwortung für die Straflosigkeit und Gewalt im touristischen Bundesstaat Oaxaca. Calderón befindet sich übrigens am 2. und 3. Mai auf Staatsbesuch in Deutschland.

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Quelle: http://www.medicointernational.ch


 

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