Ein Jahr Desinformémonos! Neue Ausgabe online (auf deutsch)

Gruppe B.A.S.T.A. vom 15.10.2010

 

DESINFORMÉMONOS Nr. 9 downloadenHallo allerseits,

Das mexikanisch-globale Medienprojekt Desinformémonos feiert heute seinen ersten Geburtstag. Wir gratulieren und laden alle Interessierten ein, die neue deutschsprachige Ausgabe der Zeitschrift zum Projekt herunterzuladen, zu lesen, zu kopieren und zu verteilen.

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Anbei das Editorial dieser ersten Jubiläumsausgabe.

Solidarische Grüße,
Gruppe B.A.S.T.A.

PS: Auf der Projekthomepage gibt es wie immer die Langversionen der Beiträge (spanisch) sowie zahlreiche Videos, Fotoreportagen etc.
=> http://desinformemonos.org/


DESINFORMÉMONOS Nr. 9 - Oktober/November 2010

EDITORIAL
Seit einem Jahr desinformierend

Unendlicher Dank an alle Personen und Kollektive, die in diesem ersten Jahr mitgearbeitet haben. Danke an erster Stelle an all’ jene, die sich nicht ergeben und uns noch so viele Aufgaben einbringen werden.

Vor einem Jahr gaben wir bekannt, dass wir auf die Welt gekommen sind, in einem Moment, in dem uns niemand brauchte. Wir denken weiterhin dasselbe. Unsere Präsenz ist, damals und heute, der kollektiven Notwendigkeit geschuldet, einen Raum für globale Kommunikation und Informationen über die Kämpfe und Widerstände zu schaffen, die in den fünf Kontinenten geführt werden. Ein unkommerzieller Raum, der auf der Einheit vieler und verschiedener Freiwilligkeiten basiert. Ein Raum, der sich zu einer Anstrengung von autonomen Medien gesellt, die glücklicherweise bereits existieren und weiterhin wachsen.

Ein Raum mit Informationen über den ländlichen Raum, die Stadtteile, die Schulen, die Universitäten, Fabriken und die indigenen Gemeinden. Ein Raum für die Straßen und Ebenen, mit Augenzeugenberichten der Männer, Frauen und Kinder, die für die großen Medien unsichtbar sind: Migrant_innen, Indígenas, Flüchtlinge, Künstler_innen, Sex-Arbeiter_innen, Kinder, die auf der Straße leben, Bauern und Bäuerinnen, Arbeiter_innen, Student_innen und ein langes Etcetera der besitzlosen Klassen, die Niemande, wie sie der uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano nennt, »die weniger kosten als die Kugel, die sie tötet«.

Desinformémonos entsteht und wächst als ein Projekt der autonomen, freien und unabhängigen Kommunikation, bestehend aus einem Team von Kommunikator_innen, Personen der sozialen Bewegungen und Genoss_innen, die wie wir, einen expressiven Raum aufbauen wollen, in und aus Mexiko, USA, Argentinien, Brasilien, Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland heraus; mit Freund_innen und Mitarbeiter_innen in Bolivien, Uruguay, Kolumbien, Ecuador, Belgien, Türkei, Palästina, Indien, Thailand, Birma, Ukraine und Vietnam sowie anderen Winkeln der Erde.

Bei Desinformémonos geht es uns nicht um einen neutralen oder fälschlich verstanden objektiven Journalismus. Wir betrachten uns als einen Raum von unten und von links, außerhalb der Sphären der Macht und der Mächtigen, für die Autonomie und für das Recht der Bevölkerung, über ihr eigenes Schicksal zu entscheiden. Ein Medium für die Hoffnung und nicht für den falschen Optimismus, für die Träume und für den Aufbau und nicht für das Abstempeln der Bewegungen als Opfer.

In diesem ersten Jahr haben wir von Desinformémonos uns bemüht, Identifikations- und Vernetzungsmöglichen zwischen autonomen Räumen und Bewegungen herzustellen, wobei Kommunikation und Journalismus unsere Werkzeuge sind. Wir sind nicht die Bewegung, sondern ein Werkzeug von ihr, wir schreiten hinter ihr, nicht über ihr, obgleich auch immer in ihr. Unser Traum und unser Ziel ist es, zu begleiten und begleitet zu werden und die uns aufgezwungene Einsamkeit zu bekämpfen und Gemeinschaftlichkeiten aufzubauen.

Wenn wir dieses erste Jahr mit einem Wort definieren müssten, dann wäre das Wort, was am besten passen würde: Lernen. Wir haben beispielsweise gelernt, dass der Weg der Autonomie uns für unser Schicksal und vor allem für unsere Fehler in die Verantwortung nimmt. Mehr als einmal auf dieser noch kurzen und bescheidenen Wegstrecke haben wir uns bezüglich unserer Position zu bestimmten Geschehnissen hinterfragt und angesichts der Komplexität und der unterschiedlichen Sichtweisen zu bestimmten Themen, die sich auch unten und links ergeben, haben wir auf die Ethik gesetzt,die immer innerhalb jener Bewegungen präsent war, die uns animieren und inspirieren. Die Verantwortung tragen trotzdem wir. Unser Plan ist, niemals aufzuhören, uns selbst zu hinterfragen, nicht aufzuhören Zweifel zu haben, langsam voranzuschreiten und in kollektiver Form zu antworten.

Seit einem Jahr desinformierend. Sehr wenig, das stimmt, aber für uns ist das ein Grund für eine große Zufriedenheit. Unser Antrieb in diesen zwölf Monaten waren die Kämpfe, die wir in unterschiedlichen Teilen der Welt vorgefunden haben, Geschichten, in denen der Konformismus keinen Platz hat. Nachdem wir die Stimme eines Palästinensers in Gaza, eines Taxifahrers in Bolivien, eines Indigenen in Brasilien, einer Sex-Arbeiterin in Tijuana, eines Zapatisten in Chiapas und einer zentralamerikanischen Migrantin oder einer Kurdin in Istanbul gehört haben, bleibt uns nicht mehr als der feste Willen nicht aufzugeben, sondern etwas zu machen - und auf gar keinen Fall Unbeweglichkeit und Gleichgültigkeit.

Unendlicher Dank an alle Personen und Kollektive, die in diesem ersten Jahr bei uns mitgearbeitet haben. Danke an erster Stelle an all’ jene, die sich nicht ergeben und uns noch so viele Aufgaben einbringen werden. Danke auch an die enorme Liste von Journalist_innen, Fotograf_innen, Kameraleuten, Übersetzer_innen, Redakteur_innen, Lektor_innen, alle Freund_innen und Genoss_innen, die uns einen Augenzeugenbericht oder ein Bild und viel Zeit und Engagement überlassen haben. Dank all’ dieses freiwilligen Engagements können wir uns Ihnen und Euch heute weiterhin präsentieren.

»Der Widerstand liegt darin zu wissen, wie man der Erde zuhört«, sagte uns John Berger in unser zweiten Nummer. Und es ist dort, unten, wo wir die Antworten finden werden. Berger empfahl uns ebenfalls in diesem Gründungsmoment »die überlegte Intention uns zu desinformieren nicht mit dem desinformiert sein zu verwechseln«.

Es fehlt noch viel und wir haben sehr wenig getan, aber wir arbeiten daran.

Mit einer Umarmung,
Das Team von Desinformémonos

»...desinformieren wir uns Geschwister
solange der Körper es aushält
und wenn er es nicht mehr aushält
dann lasst uns entscheiden
verdammt, entscheiden wir uns
und revolutionieren wir uns«.

Mario Benedetti

 

Quelle: https://www.gruppe-basta.de/


 

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