Obrador will nicht mehr PRD-Mitglied sein. Linkspartei zersplittert

Spektakulärer Schritt

junge welt vom 28.02.2011

 

Von André Scheer, Mexiko-Stadt Gut ein Jahr vor den Wahlen in Mexiko steht die gemäßigt linke Partei der Demokratischen Revolution (PRD) vor einem Scherbenhaufen. Während die Parteiführung durch eine prinzipienlose Suche nach Bündnispartnern die eigene Basis verunsichert, könnte ihr nun sogar ihr bekanntester Repräsentant abhanden kommen. Bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen hatte Andrés Manuel López Obrador für die PRD 2006 beinahe das höchste Staatsamt im nördlichsten Land Lateinamerikas erringen können. Nach einer von Unregelmäßigkeiten und Betrugsvorwürfen überschatteten Abstimmung ernannte sich »AMLO« damals zwar zum »legitimen Präsidenten« Mexikos, doch dem offiziell gekürten Staatschef Felipe Calderón von der rechten Partei der Nationalen Aktion (PAN) konnte er die Autorität letztlich nicht streitig machen. Bei der nächsten Wahl am 1. Juli 2012 will er deshalb erneut als Kandidat seiner Partei antreten und hofft dabei erneut auf die Unterstützung anderer politischer Kräfte. Zugleich hat er in dieser Woche jedoch beim PRD-Vorstand beantragt, seine Mitgliedschaft in der Partei ruhen zu lassen.

Hintergrund dieses spektakulären Schritts von López Obrador ist, daß die Mehrheit der Parteiführung in Mexiko-Stadt ein Bündnis ausgerechnet mit Calderóns PAN anstrebt, um so das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt zu verteidigen, das die PRD seit 1997 ununterbrochen innehat, und das »AMLO« selbst zwischen 2000 und 2005 ausübte. Für den Politiker ist eine solche Allianz ein Bündnis mit der »Mafia« und »meinen Ideen und Überzeugungen entgegengesetzt«. Deshalb wolle er seine ganze Kraft jetzt der »Bewegung der nationalen Regeneration« (MORENA) widmen, der neben Mitgliedern der PRD auch Aktivisten der sozialistischen Arbeiterpartei (PT) und der sozialdemokratischen Convergencia angehörten.

Offenbar will dieses Bündnis, das bereits den Wahlkampf López Obradors 2006 unterstützt hatte, mit dem derzeitigen PRD-Fraktionschef im mexikanischen Parlament, Alejandro Encinas Rodríguez, ins Rennen um das Bürgermeisteramt gehen. Dieser hatte diesen Posten bereits zwischen 2005 und 2006 ausgeübt und kündigte außérdem an, für eine Allianz mit der PAN nicht zur Verfügung zu stehen. »Ich will Kandidat der Linken sein«, sagte er am Mittwoch der Tageszeitung La Jornada. Ein Bündnis mit der PAN bedeute hingegen eine Spaltung und Zersplitterung der fortschrittlichen Kräfte.

López Obrador hat unterdessen ausgeschlossen, aus seiner Partei auszutreten. »Diesen Gefallen werde ich der Mafia an der Macht nicht tun«, sagte er am Mittwoch der Journalistin Carmen Aristegui. Unterstützung bekommt »AMLO« dabei auch vom früheren PRD-Präsidentschaftskandidaten Cuahtémoc Cárdenas Solórzano. Die Bündnisbestrebungen der Parteiführung verletzten die Statuten der PRD, sagte Cárdenas, weil es klare Parteitagsbeschlüsse gebe, die Allianzen mit der PAN oder der dritten großen Kraft im mexikanischen Politspektrum, der Institutionellen Revolutionären Partei (PRI), ausgeschlossen hätten.

 

Quelle: http://www.jungewelt.de/2011/02-28/016.php


 

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