Erneute Vertreibung guatemaltekischer Flüchtlinge

(Brief von Fray Tomás González Castillo)

News vom 10.01.2012
übersetzt von: Berit

 

Dramatische Ereignisse in Tenosique - ein Brief des Flüchtlingspaters Tomás González Castillo von gestern.

Brief von Tomás González Castillo, Direktor des Menschenrechtszentrums Usumacinta (CDHU) und der Herberge für MigrantInnen »La 72« in Tenosique, Tabasco, Mexiko. 09.01.12 (Übersetzung aus dem Spanischen)

Liebe Freunde...

Ich sende euch eine schmerzerfüllte Umarmung...

Wir sind voller Wut, Zorn, Machtlosigkeit... Die guatemaltekischen Vertriebenen, die wir soeben aufgesucht haben, weinen heute...

Wir erzählen euch...

Heute, um etwa 6 Uhr morgens, erreichte die Bundespolizei und das Nationale Institut für Migration (INM) das Lager der Vertriebenen. Sie kamen mit ca. 300 Einheiten, uniformiert und in zivil gekleidet. Sie wurden begleitet von Reisebussen und großen Ladetransportern. Einer der Verantwortlichen der Operation war der Unterabgeordnete des INM in Tabasco, Erick Gutiérrez Cosío.

Sie fingen an, die BewohnerInnen zu zwingen, in die Fahrzeuge zu steigen, die Männer zwangen sie mit Gewalt. Eine andere Vorgehensweise war, die Kinder festzuhalten, um die Eltern davon abzuhalten, zu fliehen. Die Bundespolizei kreiste die Gemeinde ein, viele konnten jedoch fliehen. Dies bedeutet, dass die Bundespolizei auch guatemaltekisches Territorium betreten hat, um die Fliehenden »einzufangen«.

Andere Einheiten fingen an, die Hütten zu zerstören, in denen sich Menschen aufhielten und luden alle Besitztümer der DorfbewohnerInnen, inklusive des frisch geernteten Mais und der Bohnen, auf die Transportwagen.

Einige Personen der Gemeinde wiesen den Verantwortlichen Erick Gutiérrez Cosío darauf hin, dass einige Dorfbewohner sich auf den Weg nach Tenosique gemacht hätten, um mich aufzusuchen. Er machte sich bloß über sie lustig und erzählte ihnen, ich würde die DorfbewohnerInnen hintergehen, außerdem sei der Weg versperrt worden und sie würden mich nicht durchlassen.

Zuvor kamen zwei Miglieder der Gemeinde nach Tenosique und suchten mich dort auf. Wir hatten bereits geplant, heute mit ihnen nach El Ceibo zu fahren, um der Gemeinde Nahrungsmittel zu bringen, die die Kirchengemeinde des Petén für sie gesammelt hatte. Bevor die beiden in Tenosique ankamen, wurden sie von Polizeieinheiten der Generalstaatsanwaltschaft (PGR) festgenommen und zu der PGR-Verwaltungsstelle nach Tenosique gebracht, wo sie, laut des Verantwortlichen vernommen wurden. Als wir mit ihnen telefonieren konnten, sagten sie uns, sie seien bereits zur Migrationsstation nach Tenosique gebracht worden.

Es gibt mehrere Zeitungen, die dem Staat unterliegen, und die falsche Informationen verbreiten. Sie veröffentlichen, dass die Vertreibung friedlich abgelaufen sei, und dass die DorfbewohnerInnen freiwillig in die Transporter gestiegen seien. Das sind Lügen. Wir haben Zeugenaussagen auf Video von den dorfbewohnerInnen, die sich noch im Lager aufhalten.

Wir bitten Euch darum, Eilaktionen an alle eure Kontakte zu versenden.

Wir bleiben in Kontakt.

Tomás.«

 siehe auch  
  Eilaktion zum Thema


 Hintergrundbericht zum Thema  
  Die MigrantInnenherberge in Tenosique, Mexiko

 

URL der Nachricht:  https://www.chiapas.eu/news.php?id=6299