Mexiko im Wahlkampf
Studenten protestieren gegen Kandidaten der früheren Regierungspartei
junge welt vom 30.05.2012 | |
Michael Krebs, Mexiko |

Die Bewegung war nach dem Auftritt des PRI-Kandidaten an der Universität Iberoamericana entstanden. Dort bekräftigte er die Richtigkeit eines brutalen Polizeieinsatzes in der Stadt Atenco im Jahr 2006. Damals waren bei Protesten gegen ein Flughafenprojekt zwei Jugendliche zu Tode gekommen und mehrere Frauen von Polizisten vergewaltigt worden. Die Studenten reagierten mit lautstarken Buhrufen und Pfiffen auf Peña Nietos Bemerkungen, und der Lieblingskandidat der Medien mußte die Universität durch den Notausgang verlassen.
Dabei war Peña Nietos Kampagne lange und gut vorbereitet gewesen. Treu berichtete die Medienallianz der Fernsehkanäle und großen Tageszeitungen fast ausschließlich und immer nur das Beste über ihn. Die Öffentlichkeit erfuhr, daß er praktisch schon Präsident sei und die anstehende Wahl nur noch Formsache.
Gegenkandidaten wie Andrés Manuel López Obrador, der bereits in der Präsidentschaftswahl im Jahre 2006 als Favorit antrat und unter merkwürdigen Umständen knapp gegen Felipe Calderón von der Partei der Nationalen Aktion (PAN) verlor, legte ein Programm der nationalen Erneuerung vor. In den Massenmedien war dies bisher jedoch kaum präsent.
In den meisten Umfragen und Internetabstimmungen wie Urna Abierta (Offene Wahlurne) belegt López Obrador den ersten Platz, gefolgt von der PAN-Kandidatin Josefina Vásquez Mota. Letztere profitiert von den Protesten, die sich fast ausschließlich gegen den PRI-Kandidaten richten. Bei der Wahl von 2006 war López Obrador von den rechtskonservativen Parteien als Gefahr für das Land stigmatisiert und die Abstimmung zu einem Kampf zwischen PAN und Obradors Partei der Demokratischen Revolution (PRD) dargestellt worden. Nun spaltet auch die PAN das konservative Lager und tritt im Wahlkampf gegen PRD und PRI auf.
Die PAN legt nach zwölf Jahren Regierungsverantwortung eine desaströse Bilanz vor: über sechzigtausend Tote, der größte wirtschaftliche Rückgang seit mehreren Jahrzehnten, das Abrutschen von mehr als zehn Millionen Menschen in die absolute Armut. Die PRI wiederum kann ihrer Vergangenheit mit der über 70 Jahre währenden Diktatur-ähnlichen Herrschaft nicht entfliehen. Die beiden konservativen Parteien lassen den Kandidaten der PRD als einzige Alternative erscheinen.
Quelle: http://www.jungewelt.de/2012/05-30/032.php
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