ALCA-Verhandlungen ohne greifbare Ergebnisse

Poonal vom 10.02.2004
Von Gerold Schmidt

 

(Mexiko-Stadt, 8. Februar 2004, npl).- Das Scheitern wurde in schöne Worte verpackt. Von einer notwendigen "Pause", "Reflexionen", "gutem Willen" und "modifizierten Ambitionen" war die Rede. Trotz viertägigem Tauziehen in der mexikanischen Stadt Puebla konnten sich die 34 Vizeminister der beiden amerikanischen Subkontinente in der vergangenen Woche nicht auf Struktur und gemeinsame Minimalregeln für die zukünftigen Verhandlungen über die gesamtamerikanische Freihandelszone (ALCA) einigen. Dieses Ziel war im November auf Ministerebene in Miami gesetzt worden.

Die Positionen eines von den USA angeführten Blockes aus 14 Ländern standen den Vorstellungen der Mercosurländer mit der wirtschaftlichen Regionalmacht Brasilien an der Spitze unversöhnlich entgegen. Hauptstreitpunkt waren die Dauerbrenner Agrarsubventionen und Marktzugang. US-Delegationschef Peter Allgeier machte jedoch zahlreiche weitere "problematische Punkte" aus. Nach einer Konsultationsphase der Regierungen soll frühestens in der ersten Märzwoche in Puebla weiterverhandelt werden. Der vorgesehene ALCA-Start zum 1. Januar 2005 scheint kaum noch zu halten.

Die ALCA-Gegner sprechen mit Verweis auf die erfolglose WTO-Ministerkonferenz vom September 2003 von einem "zweiten Cancún". In Puebla war die ALCA-Opposition mit friedlichen Demonstrationen und weiteren Gegenveranstaltungen präsent. Das aus über 200 Organisationen der 34 ALCA-Länder zusammengesetzte Bündnis Alianza Social Continental (ASC) beschuldigt in erster Linie die USA, Konzessionen der anderen Ländern zu suchen, "ohne im Tausch etwas Wichtiges anzubieten".

Die ASC machte deutlich, gegen "jede ALCA" angehen zu wollen. Gemeinsam mit der Organisation Oxfam International kritisierte sie die fehlende soziale Dimension der gesamtamerikanischen Freihandelszone. Laut Oxfam "kann nicht von Integration gesprochen werden, wenn nicht berücksichtigt wird, dass fast die Hälfte der Bevölkerung des Kontinentes in Armut lebt, ein Viertel von der Landwirtschaft abhängt und enorme Unterschiede in Bezug auf Größe, Reichtum und Entwicklung existieren".

Die Mercosurländer (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) wandten sich in Puebla nicht gegen eine Handelsliberalisierung. Ihr Vorschlag zielt vielmehr darauf ab, innerhalb von 15 Jahren alle Produkte im ALCA-Bereich zollfrei zu machen. Als Gegengewicht zu internen Produktsubventionen in einem Land sehen sie Kompensationszahlungen vor. Damit wäre beispielsweise die aktuelle Agrarpolitik der USA mit ihren riesigen Subventionsbeiträgen für die eigenen Farmer ausgehebelt. Die USA wehren sich mit Händen und Füßen dagegen, innerhalb ALCA größere Zugeständnisse bei der Subventionsfrage zu gewähren. Sie wollen dieses Thema nur im WTO-Rahmen diskutieren. Ein anonym bleibender US-Funktionär erklärte zudem, ein Nachgeben schade der eigenen Verhandlungsposition gegenüber der Europäischen Union und Japan.

Letztendlich kam es in Puebla zu keinerlei bedeutenden konkreten Fortschritten. An Schuldzuweisungen zwischen den Blöcken fehlte es nicht. Um ein denkbares völliges ALCA-Scheitern zu verhindern, waren sie diesmal jedoch in gemäßigtem Tonfall gehalten. Für die länderübergreifende oppositionelle Bewegung der Nicht-Regierungsorganisationen ist dagegen das gesamte ALCA-Abkommen strukturell falsch. "Schuldig für das Scheitern der Verhandlungsrunde ist einzig ALCA selbst", urteilt Oxfam.


Quelle: poonal
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