ALCA-Verhandlungen gehen weiter

Poonal vom 03.02.2004
Von Gerold Schmidt

 

(Mexiko-Stadt, 1. Februar 2004, npl).- In der mexikanischen Stadt Puebla werden in den kommenden Tagen wahrscheinlich die entscheidenden Weichen für die Zukunft der Gesamtamerikanischen Freihandelszone (ALCA) gestellt. Die ganze Woche über diskutieren die Delegationen der 34 ALCA-Staaten mit ihren stellvertretenden Wirtschafts- bzw. Außenministern an der Spitze darüber, in welchen der insgesamt neun Verhandlungsthemen konkrete Einigungen auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners möglich sind.

Die in den vergangenen Monaten zu beobachtende Konfrontation zwischen den Vorstellungen der USA einerseits sowie vor allem Brasilien, Argentinien und Venezuela andererseits findet in Puebla voraussichtlich auf niedrigerem Niveau eine Fortsetzung. Unter anderem das Thema "Agrarsubventionen und Anti-Dumpingmaßnahmen" sowie das damit in engem Zusammenhang stehende Thema "Landwirtschaft" sind nach wie vor heftig umstritten. Am Ende der Woche wird sich abzeichnen, wie realitätsnah der Wunsch der USA ist, ALCA doch noch wie geplant zum 1. Januar 2005 in Kraft treten zu lassen.

Zwei wichtige Ereignisse gingen den Verhandlungen in Puebla, dem aktuellen Sitz des ALCA-Sekretariats, voraus. Im November des Vorjahres gab es auf dem ALCA-Ministertreffen in Miami den Versuch, die Verhandlungen neu zu beleben, indem die politische Entscheidung für eine Art zweistufige ALCA getroffen wurde. Dabei wirkten die Erfahrungen des gescheiterten WTO-Gipfels in Cancún nach. Die WTO-Problematik deckt sich in weiten Teilen mit der bei ALCA. Jetzt sollen für alle ALCA-Mitglieder gültige Regeln verknüpft werden mit Vereinbarungen, denen die Länder einzeln und zu unterschiedlichen Zeitpunkten beitreten können. Seitdem wird auch von ALCA "light" oder "a la carte" gesprochen. Der von den USA verfochtene Plan einer schrankenlosen Freihandelszone auf dem gesamten Kontinent zum schnellmöglichsten Zeitpunkt ist seit Miami vorerst vom Tisch. In Miami wurde jedoch das Ziel bekräftigt, ALCA zum 1. Januar 2005 beginnen zu lassen.

Auf dem außerordentlichen Amerika-Gipfel der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vor drei Wochen im mexikanischen Monterrey gelang es den USA zudem gegen den Widerstand vor allem Brasiliens, das Thema ALCA in der Schlusserklärung unterzubringen: Darin heißt es unter anderem: "Wir unterstützen das Ministerabkommen über die Struktur und den angenommenen Zeitplan für den Abschluss der ALCA-Verhandlungen innerhalb der vorgesehenen Fristen." Einige Beobachter werteten es allerdings als Teilniederlage Washingtons, dass das offizielle Startdatum nicht ausdrücklich erwähnt ist.

Wie groß die Unterstützung für das Ministerabkommen wirklich ist, wird sich in Puebla zeigen. Da in Miami keine Details der für alle ALCA-Länder gültigen Regeln diskutiert wurden, müssen Vizeminister und Verhandlungskomitees sich bis Freitag dieser Aufgabe widmen. Nicht nur der ehemalige mexikanische Vizewirtschaftsminister und heutige Consulter Luis de la Calle meint, bei einem Stillstand in Puebla sei ein Konsens bis Jahresende kaum mehr zu erwarten. Damit wäre auch die gesamtamerikanische Freihandelszone zum 1. Januar 2005 endgültig gestorben.

Eine Entwicklung, die die zahlreichen kontinentweiten Gegner von ALCA sehr begrüßen würden. Sie sehen in dem Projekt nach wie vor eine wirtschaftliche Variante des Hegemonialstrebens der USA. Auf dem Dritten Kontinentaltreffen für den Kampf gegen ALCA in Havanna — das sozialistische Kuba ist auf Druck der USA seit den Sechzigerjahren von der OAS suspendiert und auch bei ALCA außen vor — vereinbarten mehr als 1.000 Delegierte aus 32 Ländern in der vergangenen Woche einen Aktionsplan gegen die von Washington auf dem Kontinent initiierten Freihandelsabkommen, für die NAFTA und jüngst CAFTA (das Abkommen USA-Mittelamerika) weitere Beispiele sind. Ohne sich in allen Punkten in der Strategie einig zu sein, sollen "die Widersprüche innerhalb der Verhandlungen ausgenutzt werden, um ALCA auf nationaler und kontinentweiter Eben aufzuhalten".


Quelle: poonal
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