Korruptionsskandal in der PRD

Poonal vom 09.03.2004
Von Wolf-Dieter Vogel

 

(Mexiko-Stadt, 7. März 2004, poonal).- Erst traf es den Stadtkämmerer Gustavo Ponce, dann den Fraktionschef René Bejarano. Wer wird der Nächste sein? Diese Frage stellen sich derzeit mit großer Furcht die Politiker der in Mexiko-Stadt regierenden linksgemäßigten Partei der Demokratischen Revolution (PRD). Denn in den letzten Tagen sind zwei Videobänder aufgetaucht, die hohe Funktionäre der Partei in Verruf bringen.

Eine am vergangenen Mittwoch im privaten Fernsehsender Televisa veröffentlichte Aufnahme zeigt den PRD-Mann Bejarano, wie er von dem Unternehmer Carlos Ahumada 45.000 US-Dollar entgegennimmt. Das Schmiergeld sollte höchstwahrscheinlich weitere Ermittlungen gegen den Baulöwen verhindern. Ahumada soll unter anderem 31 Millionen Peso (rund 2,5 Millionen Euro) öffentliche Gelder für Bauvorhaben kassiert haben, ohne dass auch nur ein Stein auf den anderen gesetzt wurde.

Auf einem weiteren am Dienstag letzter Woche ebenfalls bei Televisa publizierten Video ist Finanzchef Ponce zu sehen, während er in einem Edelcasino in Las Vegas Tausende von Dollars verspielt. ähnlich hohe Summen hatte der Stadtkämmerer regelmäßig an Trinkgeld in der Spielerstadt liegen lassen. Nun prüft die Staatsanwaltschaft, ob das Geld direkt aus den Kassen der Stadtverwaltung stammte.

Trotz der geringen Summen, die im Spiel sind, sorgen die Veröffentlichungen für großen Wirbel. Schließlich hatte der Bürgermeister von Mexiko-Stadt Andrés Manuel López Obrador immer die Redlichkeit seiner Verwaltung hervorgehoben. Vor allem aber gilt der Politiker als aussichtsreichster Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2006. 75 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung würden ihm ihre Stimme geben, versprachen Umfragen noch vor einer Woche. Durch die Videos ist die Zahl nun um ein Viertel gesunken.

Deshalb habe die auf Bundesebene regierende konservative Partei der Nationalen Aktion (PAN) von Staatschef Vicente Fox die Geschichte inszeniert, schimpft der PRD-Bürgermeister. Von Seiten der PAN sei viel Geld geflossen, eigens um die Videos zu erstellen. Auch der staatliche Geheimdienst (Cisen) sei eingespannt worden, monierte er. Was werde erst geschehen, wenn man auf diese Weise die Popularität von López Obrador nicht mindern könne, sekundierte der PRD-Innenminister von Mexiko-Stadt Marcelo Ebrard. Er legte nahe, dass die Gegner von López Obrador bis zum Mittel des Mordes greifen könnten, um die Präsidentschaft des PRD-Mannes zu verhindern. Schließlich sei auch im Wahlkampf 1994 der aussichtsreichste Kandidat von Unbekannten ermordet worden.

Die Konservativen wollten lediglich von den eigenen Machenschaften ablenken, kritisieren PRD-Politiker die PAN. So etwa von den Untersuchungen gegen die von Foxens Frau Marta Sahagún geführten Stiftung "Vamos Mexiko". Der Wohltätigkeitsverein soll unrechtmäßig Gelder aus dem Präsidialamt bekommen haben und wird mit Geldwäsche in Verbindung gebracht. Auch die Grünen (PVEM), die Staatschef Fox im Jahr 2000 mit ins Amt gehievt hatten, sorgten Ende Februar durch einen Video für Schlagzeilen. Dort war der PVEM-Vorsitzende und Senator Jorge González zu sehen, wie er mit einem kanadischen Tourismusunternehmer über die Zahlungen von zwei Millionen Dollar Schmiergeld für eine Baugenehmigung im Karibikparadies Cancún verhandelt hatte.

Die PRD-Spitze kündigte nun an, sie werde die Korrupten aus den eigenen Reihen ausschließen. López Obrador selbst weißt jedoch jeden Verdacht von sich, obwohl der Fraktionssprecher Bejarano als rechte Hand des Bürgermeisters galt. "Es besteht kein Video, dass mich mit irgendeiner illegalen Aktivität verbindet," sagte der PRD-Politiker am Wochenende. Der PAN-Abgeordnete Frederico Döring, der für die Veröffentlichung der Videos gesorgt hatte, ließ indes wissen, man habe noch mehr Bänder in petto.


Quelle: poonal
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