Offener Brief 2. Jahrestag Ayotzinapa
Mexiko-Koordination vom 23.09.2016 | |
Offener Brief der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko
an die Bundesregierung und die Mitglieder des deutschen Bundestages
Stuttgart/Berlin, 23. September 2016
Anlässlich des 2. Jahrestages des gewaltsamen Verschwindenlassens von 43 Studenten in Iguala, im Bundesstaat Guerrero, Mexiko, fordern wir die deutsche Bundesregierung und die Mitglieder des deutschen Bundestages auf, sich gegenüber der mexikanischen Regierung dafür einzusetzen, dass
- der Aufenthalt der 43 Studenten von Ayotzinapa ermittelt, die Umstände der Tat aufgeklärt und die Täter nach rechtsstaatlichen Maßstäben zur Rechenschaft gezogen werden.
- die mexikanische Regierung die Einrichtung des Folgemechanismus im Fall Ayotzinapa aktiv unterstützt und den von den Angehörigen akzeptierten Experten der Zugang zu allen von ihnen benötigten Quellen offensteht.
- die mexikanische Regierung die Empfehlungen zu dem konkreten Fall und in Hinblick auf die strukturellen Defizite im Justizsystem umsetzt.
- das zu verabschiedende Gesetz gegen das Verschwindenlassen internationalen Standards entspricht und die Vorschläge der Angehörigen berücksichtigt.
- die Diffamierungskampagnen gegen Menschenrechtsverteidiger*innen und internationale Expert*innen eingestellt, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Hintergrund:
Am 26. September 2014 verschwanden in Iguala, im südlichen Bundesstaat Guerrero, 43 Lehramtsstudenten des indigenen Lehrerseminars in Ayotzinapa. Sie sind zum Symbol geworden für das Verbrechen des Verschwindenlassens, das in Mexiko im Zusammenwirken von organisierter Kriminalität und staatlichen Behörden seit Jahren in tausenden von Fällen begangen wird.
Anstatt diese schwerwiegenden Fälle aufzuklären, sind die Ermittlungen geprägt von Verzögerungen und dem Vertuschen der staatlichen Beteiligung. Im Fall Ayotzinapa hatte die mexikanische Regierung zugestimmt, ein internationales Gremium, entsandt von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAMRK), zu den strafrechtlichen Ermittlungen hinzuzuiehen: Die internationale Expertenkommission GIEI (Grupo Interdisciplinario de Expertos Independientes) stellte in ihrem zweiten Bericht vom 24. April diesen Jahres nicht nur zahlreiche Ermittlungsfehler fest, sondern wies auf die gravierenden strukturellen Defizite im mexikanischen Jusitzsystem hin. Sie gab eine Reihe von Empfehlungen ab, die auf strukturelle Verbesserungen abzielen. Mittlerweile wurde zwischen der mexikanischen Regierung und der IAMRK die Einrichtung eines Folgemechanismus für die Umsetzung der Empfehlungen der GIEI vereinbart.
Der Verbleib der 43 Studenten ist bis heute ungeklärt. Empfehlungen der internationalen Expertenkommission sowie internationaler Gremien wurden nur insofern umgesetzt, als dass mitterlweile der Entwurf eines Gesetzes gegen das Verschwindenlassen vorliegt. Das Gesetz muss internationalen Standards entsprechen und zügig verabschiedet und implementiert werden.
Zu beobachten ist, dass die mexikanische Regierung anstatt sich der Bekämpfung struktureller Defizite zu widmen, dazu übergegangen ist, diejenigen anzugreifen, die sich für Aufklärung und Reformen einsetzen: Seit 2015 läuft eine Diffamierungskampagne gegen national und international engagierte Einzelpersonen und Gremien, die sich für die Aufklärung im Fall Ayotzinapa einsetzen.
Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko /
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