Mexiko: Journalisten als Freiwild

junge welt vom 18.05.2017

 

Erneut haben »Unbekannte« im Westen von Mexiko Journalisten beseitigt. Am Montag wurde Reporter Javier Valdez, Korrespondent der überregionalen Zeitung La Jornada und freier Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP), in Culiacán erschossen. Er hatte vor allem über das organisierte Verbrechen in der Heimat des vor kurzem an die USA ausgelieferten Drogenbosses Joaquín »El Chapo« Guzmán berichtet. Am selben Tag eröffneten Angreifer im Bundesstaat Jalisco das Feuer auf das Auto von Jonathan Rodríguez Córdova und töteten den jungen Journalisten. Seine Mutter Sonia Córdova, die stellvertretende Geschäftsführerin der Wochenzeitung El Costeño de Autlán, wurde schwer verletzt.

Er sei erschüttert über die Tat, sagte Staatsanwalt Juan José Ríos über den Mord an Valdez. Dieser sei sein Freund gewesen. Valdez’ Kollegen von der Wochenzeitung Ríodoce, die er mit gegründet hatte, und seine Familie würden unter Personenschutz gestellt, sagte Ríos. Der Reporter habe zuletzt um seine Sicherheit gefürchtet, teilte das in den USA ansässige »Komitee zum Schutz von Journalisten« (CPJ) mit. Die Organisation forderte eine rasche Untersuchung des Verbrechens. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

»Die Regierung verurteilt die Gewalttaten gegen Journalisten«, sagte Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong. Er kündigte Maßnahmen zum Schutz von Medienvertretern an. »Wir werden uns dieser Situation annehmen, die der Berufsgruppe und der ganzen Gesellschaft schadet.« Angesichts der jüngsten Welle der Gewalt gegen Journalisten forderte auch die Europäische Union (EU) rasche und transparente Ermittlungen. »Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden«, sagte ein Sprecher am Dienstag in Brüssel.

So traurig die Fälle sind, sie markieren auch eine erschreckende Kontinuität. Die Vereinigten Staaten von Mexiko gelten weltweit als eine der gefährlichsten Regionen für Medienberichterstatter. In diesem Jahr wurden in dem G-20-Mitgliedsland bereits sechs Journalisten getötet. Erst vor sechs Wochen war Miroslava Breach, Korrespondentin von La Jornada im Bundesstaat Chihuahua, erschossen worden.

In vielen Regionen herrscht für Medienmacher ein Klima der Angst. Aus Furcht vor derartigen Übergriffen üben immer mehr Zeitungen Selbstzensur und berichten nicht mehr über das organisierte Verbrechen. In der Rangliste der Nichtregierungsorganisation »Reporter ohne Grenzen« (ROG) zum Thema Pressefreiheit liegt Mexiko auf Platz 147 von 180 untersuchten Ländern. Nach Angaben des Journalistenverbands »Artículo 19« gab es im vergangenen Jahr 426 Angriffe auf die Presse in Mexiko.

Die Gewalttaten gegen Journalisten in Mexiko bleiben zudem meist ungesühnt. Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit Anfang Mai kritisierte das CPJ, dass die Hintermänner fast nie verurteilt würden. »In Mexiko — einem der gefährlichsten Länder für Journalisten weltweit — erlaubt es die weitverbreitete Straflosigkeit kriminellen Gruppen, korrupten Beamten und Drogenkartellen, ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen«, hieß es in dem Bericht.

(dpa/jW)

 

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/310939.mexiko-journalisten-als-freiwild.html


 

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