Neues spannendes Bildungsprojekt: Andere Welten vor der Haustür

Zwischenzeit Münster e.V. vom 13.09.2018

 

Der Bildungsverein Zwischenzeit e.V. (Münster) bietet ab sofort ein neues Bildungsprojekt an:

Andere Welten vor der Haustür



Ökologisch-solidarische Projekte in Deutschland und Europa im Kontext globaler Entwicklung

Mit unserem aktuellen Projekt stellen wir basisorientierte und kollektiv arbeitende Initiativen vor, die durch ihre Alltagspraxis zu mehr sozialer Gerechtigkeit und mehr Umweltschutz beitragen und bereits beachtenswerte Etappenerfolge erreicht haben. Die ausgewählten Initiativen nehmen das Motto »global denken - lokal handeln« ernst und haben ihre Projekte aus Kritik an der globalen Ungleichheit und Naturzerstörung gestartet. Ihre Zielsetzung ist, mit einer global orientierten Vision zu einer Verbesserung sozialer, politischer und ökologischer Probleme beizutragen - sowohl im regionalen als auch im weltweiten Kontext, in ländlichen wie in städtischen Zusammenhängen.

Unsere Themenbereiche



1.) Kaffee für eine bessere Welt: (solidarischer Bio-Kaffee-Handel mit basisdemokratisch organisierten kleinbäuerlich-indigenen Kooperativen der Zapatistas in Chiapas/Mexiko)

2.) Solidarische Landwirtschaft: (regionale, saisonale und partizipative Produktion und Vertrieb von Bio-Obst und -Gemüse)

3.) Bekleidung: (bio & fair: umweltschonende und gerecht entlohnte Bekleidungsproduktion und -vermarktung)

4.) Alternativer Vertrieb: (Handel mit ökologisch-solidarischen regionalen und globalen Produkten in der Bretagne/Nordfrankreich)

5.) Ernährung: (klimafreundliche und ethische Lebensmittelherstellung und -vermarktung am Beispiel veganer Nahrungsmittel)

6.) Seifen und Reinigungsmittel: (genossenschaftliche Produktion ökologischer Erzeugnisse in einer Fabrik in Selbstverwaltung in Griechenland)

7.) Solidarisches Wohnen: (gemeinschaftlich-ökologische Wohnprojekte)

8.) Anderes Wirtschaften: ("Philosophien" der solidarischen Ökonomie)

Ziele & Veranstaltungsformate



Wir wollen mit unserem Gesamtprojekt die Ideen, Ideale und die konkrete alltägliche Praxis der Initiativen durch Video-Dokumentationen, eine Broschüre, eine Ausstellung, öffentliche Veranstaltungen und Workshops bekannter machen. Wir möchten die Menschen motivieren, zu reflektieren und selbst aktiv zu werden, um zu mehr Demokratie, mehr Umweltschutz, mehr Respekt für die Menschenrechte, mehr Geschlechtergerechtigkeit und zu einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Ziel ist die Förderung gemeinschaftlichen Denkens: statt einer Ellenbogenmentalität wird kooperatives Analysieren, Denken und Handeln vermittelt.

Unsere Workshops werden von zwei kompetenten Teamer*innen geleitet und umfassen in der Regel 90 Minuten. Nach dem gemeinsamen Anschauen der Filmdokumentation (20-30 Minuten) und weiterer Materialien gestaltet das Team gruppendynamisch und partizipativ eine weitergehende Reflexion des jeweiligen Themas.

Unsere Filmveranstaltungen, die auch gut für Abendveranstaltungen geeignet sind, sind für ca. 90 Minuten inkl. Frage- und Diskussionsrunde konzipiert.

=> Hinweis: Die Workshops sind für Schulen und Organisationen der Jugend- und Erwachsenenbildung bis Ende November 2018 kostenlos.

Wir freuen uns über Ihr & Euer Interesse und organisieren gerne gemeinsam eine Veranstaltung!

Für das Zwischenzeit-Projektteam,

Luz Kerkeling

=> Direkt zur Projektseite: Dort können die fertigen Filmdokumentationen bereits angeschaut werden.
http://www.zwischenzeit-muenster.de/andere-welten.html

=> Download des Projektflyers:
http://www.zwischenzeit-muenster.de/flyer-andere-welten-vor-der-haustuer.pdf

Unsere Projektseite wird immer weiter mit Materialien angereichert, es lohnt sich, immer wieder einmal hereinzuschauen.


Kontakt & Infos:

Zwischenzeit e.V.
Breul 43
48143 Münster
film (AT) zwischenzeit-muenster PUNKT de  
www.zwischenzeit-muenster.de


Vorstellung der Themen



1.) Solidarische Landwirtschaft

Biologisch-gemeinschaftliche Lebensmittelproduktion vor unserer Haustür

Die solidarische Landwirtschaft, im Englischen »community supported agriculture« - kurz CSA - genannt, strebt eine ökologische und gemeinschaftsorientierte Produktion von Lebensmitteln an. Bei der solidarischen Landwirtschaft geht es um ein völlig neues, ein gemeinschaftliches Verhältnis zwischen den Menschen, die Lebensmittel produzieren und den Menschen, die diese Lebensmittel konsumieren.

Das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft erklärt das Prinzip so: »In der Solidarischen Landwirtschaft tragen mehrere private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen Ernteertrag erhalten. Durch den persönlichen Bezug zueinander erfahren sowohl die Erzeugerinnen und Erzeuger als auch die Konsumentinnen und Konsumenten die vielfältigen Vorteile einer nicht-industriellen, marktunabhängigen Landwirtschaft.«

Die Produkte werden regional und saisonal zur Verfügung gestellt. Alles wird gemeinschaftlich und solidarisch finanziert. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen werden vermieden. Auf Pflanzengifte wird verzichtet. Die Mitglieder helfen bei den meisten Projekten ebenfalls einige Tage pro Jahr bei der Aussaat, Pflege, Ernte oder der Verteilung der Produkte mit. Dadurch lernen sie einiges über den Gemüseanbau. Sie erfahren zudem, wie viel Aufwand hinter dem fertigen Produkt steckt. Die »klassische« kapitalistische Marktlogik wird so umgangen. Es geht nicht um Gewinnmaximierung, sondern um stabile Projekte, die auch solidarisch und gemeinschaftlich bleiben, wenn die Ernte einmal nicht gut ausfällt. Dies ermöglicht vielen Bäuerinnen und Bauern eine deutlich höhere Sicherheit für ihren Betrieb als im normalen Wettkampf auf dem Markt. Die Bewegung erfreut sich in vielen Teilen der Welt, auch in Europa und Deutschland, stark wachsender Beliebtheit.

(Dauer der Filmdokumentation: 31 Minuten)

Surftipp: Wo finde ich die nächste solidarische Landwirtschaft?

Netzwerk Solidarische Landwirtschaft // www.solidarische-landwirtschaft.org

Kontakt zu den Protagonist*innen unserer Filmdokumentation:

Entrup 119 (Münster) // www.entrup119.de

GartenCoop (Freiburg) // www.gartencoop.org


2.) Korrekte Klamotten

Bekleidung aus biologisch-solidarischer Herstellung

Die globale Bekleidungsindustrie ist von vielen sozialen und ökologischen Problemen geprägt. An der Tagesordnung sind sklaverei-ähnliche Arbeitsbedingungen, extrem niedrige Löhne, Menschenrechtsverletzungen, sexuelle Übergriffe, Gewerkschaftsverbots sowie unsichere Betriebsgebäude. Ein Näherin aus einer Billiglohnfabrik in El Salvador, die anonym bleiben möchte, berichtet über die Missstände: »Eines der größten Probleme ist die Misshandlung und die Belästigung der Arbeiterinnen durch die Aufseher - sowohl Mobbing als auch sexuelle Belästigung. Der Lohn liegt bei 208,80 US-Dollar und er reicht nicht aus, weil er nicht einmal die Ausgaben für den Grundwarenkorb deckt.«

Dazu kommen gravierende Umweltbelastungen durch den starken Einsatz von Chemikalien sowie ein enormer Energieeinsatz durch die langen Transportwege der Kleidungsstücke. So hat eine Jeans, die fertig bei uns im Verkaufsregal liegt, eine Reise um die ganze Welt hinter sich. Dies ergibt sich durch die in unterschiedlichen Ländern verteilten Produktionsschritte vom Baumwollanbau bis zur endgültigen Fertigstellung des Kleidungsstücks.

Neben den Unternehmen sind wir als Konsument*innen für die menschenunwürdigen und ökologisch problematischen Bedingungen in der Bekleidungsindustrie verantwortlich. Doch es gibt Möglichkeiten, durch ein bewussteres Konsumverhalten zu deutlichen sozialen und ökologischen Verbesserungen beizutragen: Immer mehr kleine engagierte Unternehmen bieten in Zusammenarbeit mit organisierten Arbeiter*innen und Gewerkschafter*innen fair und umweltschonend hergestellte Kleidung an.

Schwerpunkt der Dokumentation sind daher auch kreative Projekte, die sich für eine umweltschonende und gerecht entlohnte Bekleidungsproduktion und -vermarktung engagieren. Die Mitarbeiter*innen der engagierten Betriebe gruene wiese aus Münster (Nordrhein-Westfalen) sowie Zündstoff aus Freiburg berichten in der Dokumentation ausführlich, wie sie bereits seit Jahren erfolgreich eine gerechtere und ökologischere Vermarktung durchführen.

Simone von gruene wiese erläutert, wie es zur Gründung ihres Betriebes kam: »Ich habe Politikwissenschaft und Soziologie studiert und bin dadurch zum Thema faire Mode gekommen, weil ich mich bei meiner Magisterarbeit mit den Produktionsbedingungen in der Bekleidungsindustrie beschäftigt habe. Mir war vorher klar, dass das alles wahrscheinlich nicht super laufen wird, weil ich das aus dem Bereich Kaffee und Schokolade schon kannte. So genau, wie ich das dann mitbekommen habe, so hatte ich mir das tatsächlich vorher auch nicht vor Augen geführt und deshalb habe ich mir gedacht, es muss doch eine Alternative dazu geben. Dann habe ich angefangen, nach Bekleidungsfirmen zu suchen, die das anders machen. Dadurch bin ich auf die Idee gekommen, selber so einen Laden zu gründen und das habe ich dann 2008 zusammen mit Lars gemacht.«

In Freiburg bei Zündstoff erfahren wir von einer engagierten Schülerin, warum sie faire Mode kauft: »Ich finde es wichtig, dass das, was man kauft, einerseits wirklich Qualität hat, aber auch fair ist, also, dass man halt weiß, dass man Freude an dem Kleidungsstück haben kann, ohne dass jemand anders dafür leiden musste. Und dann finde ich es auch nicht schlimm, wenn die Sachen etwas teurer sind«.

Nach den umfangreichen Recherchen des Filmteams wird deutlich, dass es immer mehr Menschen gibt, denen es nicht mehr gleichgültig ist, welche Kleidung sie erwerben und tragen. Die Bewegung für fair und ökologisch produzierte Textilien wächst weiter.

(Dauer der Filmdokumentation: 30 Minuten)

Kontakt zu den Protagonist*innen unserer Filmdokumentation:

gruene wiese (Münster): https://gruenewiese-shop.de/

Zündstoff (Freiburg): https://www.zuendstoff-clothing.de/


3.) Kaffee für eine bessere Welt



Solidarisch-ökologischer Handel mit Kooperativen aus Mexiko und Kolumbien

Die soziale Bewegung der Zapatistas in Chiapas/Mexiko engagiert sich seit Jahrzehnten erfolgreich gegen Ausbeutung, Diskriminierung und Naturzerstörung. Die Bewegung hat seit Beginn ihrer Rebellion für »Land und Freiheit« 1994 beachtliche Strukturen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Rechtsprechung, Wirtschaft, Medien und Selbstverwaltung aufgebaut. Bis 1994 lebten die Menschen in sklaverei-ähnlichen Verhältnissen und wurden u.a. von den Großgrundbesitzern der Kaffee-Fincas extrem ausgebeutet und unterdrückt.

Seit 1994 bauen sie als Genossenschaften in Selbstverwaltung Kaffee an. Dieser ökologisch-solidarisch produzierte Kaffee für eine »rebellische Würde« wird von der Genossenschaft Kaffeekollektiv Aroma Zapatista eG in Hamburg importiert, verarbeitet und vertrieben. So ist es gelungen, eine solidarische Handelsbeziehung aufzubauen, die weit über die Standards des fairen Handels hinausgeht.

Das Kaffeekollektiv Aroma Zapatista eG ist als selbstverwalteter Kollektivbetrieb organisiert. Die zentralen Punkte der Arbeit sind zum einen der solidarische Handel mit Kaffee der zapatistischen Bewegung in Mexiko sowie der Bewegung CRIC in Kolumbien. Zum anderen geht es um eine kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Arbeits- und Wirtschaftsstrukturen, sowie die praktische Umsetzung von Alternativen in einem selbstverwalteten und basisdemokratischem Betrieb, in dem ein gleichberechtigter und respektvoller Umgang zum Alltag gehört.

Die kollektive Rösterei La Gota Negra veredelt den zapatistischen Rohkaffee gemeinschaftlich zu einem hochwertigen und belebenden Getränk. Aroma Zapatistas und La Gota Negra arbeiten seit mehreren Jahren erfolgreich als selbstverwaltete Kollektive nach dem Konsensprinzip - alle haben die gleichen Rechte und Pflichten; Chefs oder Chefinnen gibt es nicht.

In unserer Dokumentation berichten Angehörige der zapatistischen Bewegung sowie der beiden hamburger Kollektive über ihre Erfahrungen, ihre Alltagspraxis, ihre Ziele und ihre Zukunftspläne.

(Dauer der Filmdokumentation: 26 Minuten)

Surftipp: Wo gibt es Infos zu der Bewegung der Zapatistas und zu Mexiko?

Chiapas98 // www.chiapas.eu


Kontakt zu den Protagonist*innen unserer Filmdokumentation:

Kaffeekollektiv Aroma Zapatista eG // www.aroma-zapatista.de

Kollektive Kaffeerösterei La Gota Negra // www.la-gota-negra.de


4.) Terra Libra



Alternativer globaler und regionaler Handel in der Bretagne (Frankreich)

Der Betrieb Terra Libra organisiert in der Bretagne, Nordfrankreich, ein ökologisches und solidarisches Netzwerk und vertreibt fair gehandelte und ökologisch hergestellte Lebensmittel und Getränke aus Frankreich und vielen weiteren Ländern der Welt.

An regionalen Produkten werden Öle, mehrere Mehlsorten, Gebäck, Müslis, Pasta, Reis, Säfte, Apfelsäfte, Limonaden, Tees, Biere und Weine vertrieben. Das kleine engagierte Unternehmen steht in direktem Kontakt mit den kleinen Produzent*innen der Region. Bei den Auslieferungstouren zu den Kund*innen, darunter Privatpersonen, Geschäfte, Restaurants, Läden, Einkaufsgemeinschaften u.a., werden nach Möglichkeit gleichzeitig Waren von den Kleinproduzent*innen in der Region abgeholt.

Thomas hat den Betrieb gegründet, um gegen Missstände aktiv zu werden: »Wir denken, dass das Wirtschaftsmodell, das heute existiert, viele Menschen an den Rand drängt, die Produzent*innen in Ländern des Südens sind, darunter Produzent*innen von Kaffee oder Kakao. Aber auch Produzent*innen hier in Frankreich haben es nicht leicht. Es ist schwierig für sie, von ihrer Produktion zu leben, obwohl es eine sehr anstrengende Arbeit ist. Dieses Modell ist nicht gerecht. Also versuchen wir, es zu verändern. Die Industrie macht immer weiter mit dem Modell, mehr und mehr zu produzieren - zu möglichst günstigen Kosten, doch die Löhne der Produzent*innen bleiben niedrig«.

Mitarbeiter Fred beschreibt die Philosophie des Vertriebsunternehmens wie folgt: »Terra Libra bedeutet, bei einer Alternative für einen gesellschaftlichen Wandel mitzuwirken, um den Konsument*innen die Möglichkeit zu bieten, anders einzukaufen und ihnen bewusst zu machen, was sie wirklich konsumieren und wofür sie ihr Geld ausgeben. Dabei sollen sie auch über die Produzent*innen Bescheid wissen, die Bauern und Bäuerinnen. Das alles mit einer Wertschätzung gegenüber denjenigen, die produzieren, und dem, was sie konsumieren«.

Neben regionalen Produkten importiert der Betrieb auch biologisch-solidarisch produzierten Kaffee von der zapatistischen Bewegung in Chiapas, Mexiko, sowie ökologisch-genossenschaftlich hergestellten Rohrzucker von der Landlosenbewegung MST aus Brasilien. Beide Bewegungen setzen sich gegen Ausbeutung und Unterdrückung ein und konnten über 1.000 neue Dörfer gründen, in denen sie deutliche Verbesserungen für die Lebensumstände ihrer sozialen Basis aufbauen konnten, vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Landwirtschaft sowie basisdemokratische Selbstverwaltung.

Durch seine Geschäftspraxis trägt das Unternehmen Terra Libra nachhaltig zu Umweltschutz, besseren Arbeitsbedingungen und mehr sozialer Gerechtigkeit für die Menschen bei. Honoriert wird dieses Engagement von immer mehr Kund*innen in Nordfrankreich.

(Dauer der Dokumentation: 31 Minuten)

Kontakt zu den Protagonist*innen unserer Filmdokumentation: (französisch): www.terralibra.fr

 

Quelle: http://www.zwischenzeit-muenster.de/


 

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