Protestaktion gegen den Besuch des honduranischen »Putsch-Kardinals« Maradiaga
Cafe Libertad (DE) vom 18.11.2010
 

Liebe Freund_innen und solidarische Menschen des Widerstandes gegen den Putsch in Honduras,

für den 3. Dezember hat die Katholische Akademie Hamburg den »Putsch-Kardinal« Rodriguez Mardiaga zum Thema »Globalisierung der Solidarität« eingeladen. Wir meinen, dass der Kardinal keine Berechtigung hat, zu diesem Thema zu sprechen und haben aus diesem Grund ein Protestschreiben verfasst. Dieses kann hier gleich online unterzeichnet und an die Verantwortlichen der Katholischen Akademie Hamburg verschickt werden.

Danke für die Beteiligung an dieser Protestaktion!

Cafe Libertad Kollektiv eG, Zapapres e.V., Honduras Koordination Hamburg

»Nicht nachvollziehbar«
Christliche Initiative Romero kritisiert Einladung an Oscar Rodríguez Maradiaga

Münster, 13. Januar 2010. Mit Unverständnis hat die Christliche Initiative Romero (CIR) auf die Einladung des honduranischen Kardinals Oscar Rodríguez Maradiaga durch das Bistum Münster reagiert. Die in Münster ansässige entwicklungspolitische Organisation kritisiert Rodríguez’ rechtfertigende Haltung zum Militärputsch, mit dem am 28. Juni vergangenen Jahres der rechtmäßige Präsident Honduras’, Manuel Zelaya, aus seinem Amt und seinem Land entfernt wurde. »Vor dem Hintergrund, dass Oscar Rodríguez Maradiaga als Erzbischof von Tegucigalpa durch sein Verhalten die illegitime Aktion der Putschisten gestützt hat, ist seine Einladung nach Münster nicht nachvollziehbar«, stellt Thomas Krämer-Broscheit als Geschäftsführer der Christlichen Initiative Romero fest. »Auch finden wir es nicht verständlich, dass im Rahmen von Rodríguez’ Besuch im Bistum durch die Gastgeber offenbar keinerlei kritische Nachfrage zu seiner Positionierung zum Militärputsch erfolgt ist.«

Der 67-jährige Rodríguez, der Vorsitzender der honduranischen Bischofskonferenz sowie von Caritas International ist, war am Wochenende unter anderem Ehrengast beim Neujahrsempfang des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster.

Ihre Kritik an der Einladung hat die CIR in einem Brief an den Bischof des Bistums, Dr. Felix Genn, formuliert. Man habe den Vorsitzenden der honduranischen Bischofskonferenz in den vergangenen Jahren als streitbaren Verteidiger der Armen kennen und schätzen gelernt, als kirchlichen Würdenträger, der in seinem Denken und Handeln nah bei den Menschen und ihren Nöten ist, stellt die Christliche Initiative Romero in ihrem Schreiben an Dr. Genn fest. Rodríguez’ Einsatz gegen die Durchsetzung der Marktlogik in allen gesellschaftlichen Bereichen finde die volle Unterstützung der Organisation, ebenso seine Forderung nach einer »Globalisierung der Solidarität«.

Nicht konform gehe man aber mit Rodríguez’ Haltung zum Putsch. Der Kardinal hatte seinerzeit den gestürzten Präsidenten Zelaya aufgefordert, nicht nach Honduras zurückzukehren, und später unter anderem in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärt, es sei »absurd«, den Staatsstreich als Militärputsch zu sehen. Die Haltung Oscar Rodríguez Maradiagas zum Putsch in Honduras sehe man als äußerst problematisch an, so die CIR in ihrem Brief an den münsterschen Bischof.

Die Christliche Initiative Romero verweist in ihrem Brief an Dr. Felix Genn darauf, dass die internationale Staatengemeinschaft seinerzeit den Militärputsch in Honduras mit deutlichen Worten verurteilt habe, sowie auf Berichte über Menschenrechtsverletzungen im Zuge des Staatsstreiches. »Das deutsche Auswärtige Amt stellt in einer Einschätzung zu Honduras fest, dass sich infolge des Sturzes die katholische Kirche unter der Führung von Kardinal Rodríguez sehr deutlich auf die Seite der neuen Machthaber gestellt und damit ihre in staatspolitischen Fragen neutrale Position aufgegeben habe«, erklärt CIR-Geschäftsführer Thomas Krämer-Broscheit hierzu. Sein Fazit: »Die Einladung an Rodríguez ist eine äußerst unglückliche Angelegenheit gewesen. Das hätte in unseren Augen sensibler gehandhabt werden müssen.«

Briefmuster

Betreff: Sagen Sie die Veranstaltung mit Kardinal Maradiaga ab!

Mit Bestürzung habe ich vernommen, dass Sie für den 3. Dezember Kardinal Rodriguez Maradiaga zu einer Veranstaltung mit dem Titel »Für eine Globalisierung der Solidarität« eingeladen haben.

Kardinal Rodriguez Maradiaga hat sich in Honduras vor allem dadurch hervorgetan, dass er zu den unzähligen Menschenrechtsverletzungen im Zuge des Putsches nicht nur geschwiegen hat, sondern die Repression sogar rechtfertigte. Der Kardinal warnte den mit Militärgewalt abgesetzten Präsidenten Zelaya vor einer Rückkehr nach Honduras, obwohl dessen Rückkehr von der internationalen Gemeinschaft gefordert und unterstützt wurde. Laut dem honduranischen Befreiungstheologen Pater Fausto Milla »bezeichnet das Volk den Kardinal als Putschisten«. Erwähnenswert ist auch, dass der Kardinal seine Anfeindungen gegen Zelaya verstärkte, nachdem ihm dieser seine monatliche Staatszuwendung von 5.300 US-Dollar gestrichen hat, die der Kardinal seit 2001 bezog.

Die Welle von Einschüchterung und Gewalt in Honduras hält an. Opfer der Repression sind Menschenrechtsverteidiger_innen, Mitglieder der Widerstandsbewegung gegen den Staatsstreich, Journalist_innen, Richter_innen und Rechtsanwält_innen, die sich gegen den Putsch ausgesprochen haben. Aber auch Aktivist_innen, die seit vielen Jahren als Vertreter_innen insbesondere von Frauen- und Homosexuellenrechten bekannt sind, wurden misshandelt und ermordet. Während des Micheletti-Regimes wurden bis zu 5.000 Menschenrechtsverletzungen angezeigt, aber nur wenige von den Staatsanwaltschaften angenommen.

Außerhalb von Honduras hervorgetan hat sich der Kardinal auch durch antisemitische Äußerungen: Im Mai 2002 beklagte sich Kardinal Maradiaga in einem Interview mit der italienischen katholischen Zeitschrift darüber, dass angesichts der laufenden Kontroversen bezüglich des sexuellen Missbrauchs durch katholische Priester, Juden die Medien beeinflussten, um die Aufmerksamkeit von der israelisch-palästinensischen Krise abzulenken. Daraufhin wurde er vom Nationaldirektor der Anti-Defamation League kritisiert, Verschwörungstheorien zu verbreiten.

Bereits mehrfach musste der Kardinal erfahren, dass er kein gern gesehener Gast ist. Im Oktober 2010 erklärten ihn Abgeordnete bei dessen Besuch im Europa-Parlament zur unerwünschten Person. Auch das Auswärtige Amt schreibt, dass der Kardinal von Tegucigalpa mit seiner uneingeschränkten Unterstützung des Staatsstreiches gegen Präsident Zelaya viel Sympathie verloren habe. Stattdessen wäre es im Sinne der Menschenrechte und der Solidarität angebrachter, den Befreiungstheologen Fausto Milla - Mitglied der internationalen Wahrheitskommission zur Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen nach dem Staatsputsch - einzuladen.

Milla wurde 1982 vorübergehend des Landes verwiesen aufgrund seines Versuchs, das von salvadorianischen und honduranischen Armeeeinheiten begangene Massaker an 300 Flüchtlingen am Rio Sumpul öffentlich zu machen. Kardinal Rodriguez Mardiaga billigte damals die Ausweisung. Ich fordere Sie auf, Stellung zu beziehen und die Veranstaltung mit Kardinal Maradiaga abzusagen.

Mit freundlichen Grüßen

Übersetzung


 

Quelle: http://www.cafe-libertad.de/

 

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