Die neue ila (Nr. 445, Mai 2021) zum Thema »Baile Funk«
Liebe Freund*innen, Kolleg*innen und Lateinamerika-Interessierte,
diesen Monat gibt’s was auf die Ohren! Die neue ila ist da, Nr. 445 (Mai 2021) − endlich mal wieder ein Musik-Schwerpunkt, und zwar zum Thema »Baile Funk«! Außerdem: Peru − überraschendes Wahlergebnis; Nicaragua − Ortega und Murillo vor der Wiederwahl; Uruguay − Zum Tod von David Cámpora u.v.m.
Aus dem Editorial der ila 445:
»Nichts liegt im Moment ferner, als über euphorische Tanzpartys nachzudenken, auf denen sich Tausende von Menschen dröhnenden Bässen hingeben, wo sie schwitzen, sich aneinander reiben, in waghalsigen Choreographien zu überbieten versuchen, flirten, sich berauschen und den Alltag ausschalten. Allein die Vorstellung davon ist nach über einem Jahr Pandemie Eskapismus pur. Aber wir haben die Challenge angenommen, einen Schwerpunkt über DIE brasilianische Partykultur schlechthin zu erstellen: Baile Funk. Oder einfach nur Funk, wie der Stil in seiner Heimat genannt wird. Oder Funk Carioca, denn ursprünglich ist die Musik und mit ihr eine ganze Kultur — Ästhetik, Mode, Tanzschritte — in den 1980er Jahren in Rio de Janeiro entstanden. Gut 40 Jahre später ist Funk eine feste Größe in Brasilien, kulturindustrielle Akteure rund um das Genre generieren hohe Umsätze. Wer hätte gedacht, dass dieser Sound, im Elend der Peripherie entstanden und anfangs ganz ohne Musikindustrie im Rücken, einmal so weit käme?
Heute werden in ganz Brasilien Funk-Songs produziert, der Sound ist allgegenwärtig: am Strand, in Werbespots, im Fernsehen, Radio und Internet. Gerade YouTube hat dem Genre einen wahnsinnigen Popularitäts- und Innovationsschub verliehen. Mittlerweile gibt es Funk-Tracks mit über einer Milliarde Klicks.
»Als ich Baile Funk das erste Mal hörte, klang das für mich wie ein lustiger, basslastiger Samba-Remix alter Kraftwerk-Tracks«, erinnert sich der Berliner DJ und Producer Daniel Haaksman. Der Sound haute ihn dermaßen aus den Schuhen, dass er nach Brasilien reiste, um dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Das Ergebnis seiner Entdeckungstour, der erste internationale Sampler mit Baile-Funk-Tracks, trug entscheidend dazu bei, Baile Funk außerhalb Brasiliens bekannt zu machen. Gut, dass Haaksman damals nicht verstand, worum es in den meisten Songs ging. Im Nachhinein gibt er eine Menge »kulturelle Missverständnisse« zu, die jedoch produktiv genutzt worden seien.
Anlass für Vorbehalte gegenüber Funk gibt es zuhauf. Viele Songtexte spiegeln unverblümt die harte — und auch klischeebehaftete — Realität in der Favela wider. (...) Wer genauer hinschaut und hinhört, sieht jedoch die Brüche, die Ironie und die Doppeldeutigkeiten, derer sich viele Funkeirxs bedienen. Und mittlerweile auch ganz schön viele stolz präsentierte Körper, die nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprechen.
Lange Jahre wurde auf Funk herabgesehen. Im zutiefst rassistischen und klassistischen Brasilien konnte eine Kultur, die aus der Favela kommt und überwiegend von Schwarzen produziert und konsumiert wird, nicht ernstgenommen, geschweige denn gewürdigt werden. Medien verhöhnten Funk-Sängerinnen als »stillos«, MCs und DJs sind mit Drogengangs in einen Sack gesteckt worden, mit der Folge, dass einige von ihnen sogar im Gefängnis landeten. (...) Dazu sagt MC Carol, eine der Stars des Genres: »Das größte Verbrechen, das Funk begeht, ist es, Schwarzen zu Reichtum zu verhelfen. Drogen sind doch sowieso überall, bei Rock in Rio, auf dem Lollapalooza Festival, in Nachtclubs.«
(...)
Im Jahr 2021 hat die Pandemie Brasilien fest im Griff und auch die Kulturschaffenden dort in die Knie gezwungen. Wer nicht zu den ganz Großen gehört, befindet sich im Standby-Modus und träumt von den nächsten großen Funk-Partys in der Zukunft. Wir gucken uns bis dahin die Funk-Netflix-Serie »Sintonia« an, ziehen uns Tausende von Funk-Videoclips auf KondZilla rein, dem größten Musikchannel Lateinamerikas, und teilen mit den Musikverrückten dieser Welt unseren ila-Schwerpunkt zu Baile Funk. Und auch wem die Musik wenig sagt, der/die erfährt in dieser ila vieles über die brasilianische Gesellschaft und über eine künstlerische Ausdrucksform, die in den Favelas von Rio geboren wurde und mittlerweile quer durch alle Klassen, Generationen und Länder dröhnt.«
Der Schwerpunkt der ila 445 hat einen Umfang von 32 Seiten (das gesamte Heft 54 Seiten) und kann zum Preis von 6,00 Euro bei der ila (Heerstraße 205, 53111 Bonn, Tel 0228-658613, E-Mail vertrieb (AT) ila-bonn PUNKT de , Internet: www.ila-web.de) bestellt werden.
Wir haben auch neue Aboprämien, guckt hier: http://www.ila-web.de/abo/prämien
[i] Hinweis: Chiapas98 ist ein ehrenamtliches, nicht-kommerzielles Projekt. Sollten Sie nachweislich die Urheberrechte an einem der von uns verwandten Bilder haben und nicht damit einverstanden sein, dass es hier erscheint, kontaktieren Sie uns bitte, wir entfernen es dann umgehend.
 | Mastodon: | |  |
| Keine News verpassen? Folgen Sie uns auf Mastodon. | |
 | |  |
| |
|