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Sechste Erklärung aus der Selva Lacandona (Teil I & II)

EZLN vom 29.06.2005
übersetzt von Dana und Katja (B.A.S.T.A.)

  ZAPATISTISCHE ARMEE DER NATIONALEN BEFREIUNG

Dies ist unser einfaches Wort, das danach sucht; die Herzen der Menschen zu berühren, die, wie wir, bescheiden und einfach sind, aber auch, wie wir, würdig und rebellisch. Dies ist unser einfaches Wort, um darüber zu berichten, was unser Schritt gewesen ist und wo wir uns nun befinden, um zu erklären, wie wir die Welt und unser Land sehen, um zu sagen, was wir zu tun beabsichtigen und wie wir es zu tun beabsichtigen, und um andere Menschen dazu einzuladen, mit uns gemeinsam in etwas sehr Großem zu gehen, das sich Mexiko nennt, und etwas noch viel Größerem, das sich Welt nennt. Dies ist unser einfaches Wort, um allen Herzen, die aufrichtig und edel sind, zu erzählen, was wir uns in Mexiko und auf der Welt wünschen. Dies ist unser einfaches Wort, denn es ist unsere Idee, alle anzusprechen, die so sind wie wir, und uns mit ihnen zu vereinen, wo auch immer sie leben und kämpfen.

I − VON DEM WAS WIR SIND

Wir sind die Zapatistas der EZLN, obwohl man uns heute auch "Neozapatistas" nennt. Nun gut, wir Zapatistas der EZLN haben uns im Januar 1994 in Waffen erhoben, da wir genug hatten von so viel Schlechtem, das von den Mächtigen ausging, die uns nur erniedrigten, uns beraubten, uns einsperrten und uns töteten, und niemand tat oder sagte etwas. Deshalb sagten wir "Ya Basta! − Es reicht!", das heißt, dass wir nicht länger zulassen würden, dass sie uns verachteten und schlechter behandelten als Tiere. Und dann sagten wir auch, dass wir Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit für alle Mexikaner wollten, obwohl wir selbst uns auf die indigenen Völker konzentrieren würden. Denn es ist so, dass wir von der EZLN fast ausschließlich Indígenas aus Chiapas sind, aber wir wollten nicht nur für unser eigenes Wohl kämpfen oder nur für das Wohl der Indígenas von Chiapas, oder nur für die indigenen Völker von Mexiko, sondern wir wollten mit allen gemeinsam kämpfen, die bescheidene und einfache Menschen wie wir sind, und die sich in großer Not befinden und unter der Ausbeutung und dem Raub der Reichen und ihren schlechten Regierungen leiden, hier in unserem Land Mexiko und in anderen Ländern der Welt.

Und so handelt unsere kleine Geschichte davon, dass wir die Ausbeutung der Reichen satt hatten und uns deshalb organisierten, um uns zu verteidigen und für Gerechtigkeit zu kämpfen. Am Anfang waren wir nicht viele, nur ein paar, die hin und her gingen, um mit den anderen Menschen, die wie wir sind, zu sprechen und ihnen zuzuhören. Dies taten wir viele Jahre lang, und wir taten es im Geheimen, das heißt, ohne Aufsehen zu erregen. Das heißt, wir vereinigten unsere Kräfte im Stillen. So verbrachten wir 10 Jahre, und schon bald wuchsen wir und wurden viele Tausende. Dann bereiteten wir uns gut vor mit der Politik und den Waffen, und plötzlich, als die Reichen das Neue Jahr feierten, überraschten wie sie in ihre Städten, die wir einfach einnahmen, und sagten allen, dass wir hier sind, dass sie uns zur Kenntnis nehmen müssen. Die Reichen waren ganz schön erschrocken und schickten uns ihre großen Armeen, um uns zu vernichten, wie sie es immer machen, wenn die Ausgebeuteten rebellieren, sie schicken ihre Armee, um alle zu vernichten. Aber sie konnten uns nicht vernichten, weil wir uns vor dem Krieg sehr gut vorbereitet hatten und in unseren Bergen stark geworden waren. Und so liefen die Soldaten herum, suchten uns und schossen ihre Bomben und Kugeln auf uns, und sie planten bereits, alle Indígenas umzubringen, weil sie nicht wussten, wer Zapatista war und wer nicht. Und wir rannten und kämpften, kämpften und rannten, wie es schon unsere Vorfahren getan hatten. Ohne uns zu ergeben, ohne nachzugeben, ohne besiegt zu werden.

Und dann gingen die Menschen in den Städten auf die Straße und begannen mit ihren Rufen, dass der Krieg aufhören sollte. Und dann stoppten wir unseren Krieg und hörten diesen Brüdern und Schwestern aus der Stadt zu, die uns sagten, wir sollten versuchen, eine Einigung zu erzielen, das heißt eine Vereinbarung mit den schlechten Regierungen, um das Problem ohne Töten zu lösen. Und wir hörten auf die Menschen, denn diese Menschen sind, wie wir sagen, "das Volk", das heißt, das mexikanische Volk. Also legten wir das Feuer beiseite und ergriffen das Wort.

Und schließlich sagten die Regierungen, dass sie sich gut benehmen würden, dass sie zu einem Dialog und zu Vereinbarungen bereit seien und diese erfüllen würden. Und wir sagten, dass das gut wäre, aber dass es auch gut wäre, diese Menschen kennenzulernen, die auf die Straße gegangen waren, um den Krieg zu beenden. Deshalb sprachen wir, während wir mit den schlechten Regierungen Dialog führten, auch mit diesen Menschen, und wir sahen, dass die meisten von ihnen bescheidene und einfache Menschen waren wie wir, und dass wir beide gut verstanden, warum wir kämpften, das heißt, sie und wir. Und diese Menschen nannten wir "Zivilgesellschaft", weil die Mehrheit von ihnen keiner politischen Partei angehörte, sondern ganz normale Menschen waren, wie wir, einfache und bescheidene Menschen.

Aber es stellte sich heraus, dass die schlechten Regierungen kein gutes Abkommen wollten, sondern dass es nur eine Täuschung von ihnen war zu sagen, dass wir reden und eine Vereinbarung treffen sollten, und dass sie inzwischen ihre Angriffe vorbereiteten, um uns ein für allemal auszuschalten. Und so griffen sie uns mehrmals an, aber sie besiegten uns nicht, denn wir leisteten Widerstand und viele Menschen auf der ganzen Welt mobilisierten sich. Und so dachten sich die schlechten Regierungen, dass es ein Problem ist, dass viele Menschen aufmerksam sind und schauen, was mit der EZLN geschieht, und so machten sie den Plan, so zu tun, als würde nichts geschehen. Und in der Zwischenzeit umzingelten sie uns, belagerten uns und hofften, dass uns die Menschen vergessen würden, da unsere Berge sehr zurückgezogen sind und das Land der Zapatistas weit weg liegt. Und immer wieder versuchten die schlechten Regierungen, uns zu täuschen oder uns anzugreifen, wie im Februar 1995, als sie uns eine große Menge Soldaten schickten, aber sie besiegten uns nicht. Denn wir waren, heißt es, nicht allein, viele Menschen unterstützten uns, und wir leisteten gut Widerstand.

Und so mussten die schlechten Regierungen mit der EZLN Vereinbarungen schließen, und diese Vereinbarungen heißen "Vereinbarungen von San Andrés", denn San Andrés heißt der Ort, wo diese Vereinbarungen unterzeichnet wurden. Und in diesen Gesprächen waren es nicht wir allein, die mit denen von der schlechten Regierung sprachen, sondern wir luden viele Menschen und Organisationen dazu ein, die für die Indiovölker Mexikos kämpften und kämpfen, und alle sprachen ihr Wort, und alle gemeinsam vereinbarten wir, was wir den schlechten Regierungen sagen würden. So war dieser Dialog, es waren nicht nur die Zapatistas auf der einen Seite und die schlechten Regierungen auf der anderen, sondern auf der Seite der Zapatistas waren auch die Indiovölker Mexikos und ihre Unterstützer. Und so sagten die schlechten Regierungen in diesen Vereinbarungen, dass sie die Rechte der Indiovölker Mexikos anerkennen und ihre Kultur respektieren würden, und dass sie all das als Gesetz in der Verfassung verankern würden. Aber nachdem sie die Vereinbarung schon unterzeichnet hatten, taten die schlechten Regierungen so, als hätten sie sie vergessen, und es vergingen viele Jahre, ohne dass diese Vereinbarungen erfüllt wurden. Im Gegenteil, die Regierung griff die Indígenas an, um zu erwirken, dass sie in ihrem Kampf zurückgehen würden, wie am 22. Dezember 1997, als Zedillo den Mord an 45 Männern, Frauen, alten Leuten und Kindern im Dorf ACTEAL in Chiapas beauftragte. Dieses schlimme Verbrechen kann nicht leicht vergessen werden und zeigt, wie die schlechten Regierungen in ihrem Herzen nicht zögern, diejenigen, die sich gegen die Ungerechtigkeiten auflehnen, anzugreifen und zu töten. Und während all das geschah, versuchten wir Zapatistas, die Erfüllung der Vereinbarungen von San Andrés zu erreichen, und leisteten in den Bergen des mexikanischen Südostens Widerstand.

Und dann begannen wir, mit anderen Indiovölkern Mexikos und ihren Organisationen zu sprechen, und wir vereinbarten mit ihnen, dass wir gemeinsam für die gleiche Sache kämpfen wollten, nämlich für die Anerkennung der Rechte und Kultur der Indígenas. Dabei unterstützten uns auch viele Menschen aus der ganzen Welt und hochrespektierte Personen, deren Wort groß ist, weil sie große Intellektuelle, Künstler und Wissenschaftler Mexikos und der ganzen Welt sind. Wir führten auch internationale Treffen durch, das heißt wir trafen mit Menschen aus Amerika und aus Asien und aus Europa und aus Afrika und aus Ozeanien, um mit ihnen zu sprechen, und wir lernten ihre Kämpfe und ihre Art kennen, und wir nannten das "intergalaktische" Treffen, um witzig zu sein und weil wir auch die von anderen Planeten eingeladen hatten, aber wie es scheint, ist von denen niemand gekommen, und wenn doch, dann haben sie das nicht klar gesagt.

Aber wie auch immer, die schlechten Regierungen hielten sich nicht an ihr Wort, und so machten wir einen Plan, um mit den vielen Mexikanern zu sprechen, die uns unterstützten. Und so unternahmen wir zunächst 1997 eine Reise nach Mexiko Stadt, die hieß "Der Marsch der 1111", denn es nahmen jeweils ein Compañero oder eine Compañera aus jedem zapatistischen Dorf daran teil, aber die Regierung beachtete uns nicht. Und dann, 1999, führten wir eine Befragung im ganzen Land durch, die zeigte, dass die Mehrheit der Menschen mit den Forderungen der Indiovölker einverstanden ist, aber die schlechten Regierungen beachteten uns wieder nicht. Und schließlich führten wir 2001 den so genannten "Marsch für die indigene Würde" durch, der von Millionen Menschen aus Mexiko und anderen Ländern unterstützt wurde und dorthin führte, wo die Abgeordneten und Senatoren sitzen, also zum Kongress, um die Anerkennung der mexikanischen Indígenas zu fordern.

Aber es zeigte sich, dass die Politiker der Partei PRI, der Partei PAN und der Partei PRD sich untereinander absprachen und die Rechte und die Kultur der Indígenas einfach nicht anerkannten. Das war im April 2001, wo die Politiker deutlich zeigten, dass sie keinerlei Anstand haben und unverschämte Leute sind, die nur daran denken, wie sie ihre Reichtümer vergrößern können, wie schlechte Regierende, die sie sind. Das darf man nicht vergessen, denn Sie werden schon sehen, dass sie jetzt wieder sagen werden, dass sie die indigenen Rechte anerkennen werden, aber es ist eine Lüge von ihnen, die sie verbreiten, damit wir unsere Stimme für sie abgeben, aber sie hatten ihre Chance und haben sie nicht genutzt.

Und da sahen wir also, dass Dialog und Verhandlung mit den schlechten Regierungen Mexikos umsonst gewesen waren. Das heißt, dass es nichts bringt, mit den Politikern zu sprechen, denn weder ihr Herz noch ihr Wort ist ehrlich, sondern sie sind verquer und verbreiten Lügen, wie dass sie sich an Vereinbarungen halten würden, aber das tun sie nicht. Das heißt, dass die Politiker der PRI, der PAN und der PRD an dem Tag, als sie ein Gesetz beschlossen, das nichts taugt, gleichzeitig den Dialog töteten und deutlich sagten, dass es ihnen egal ist, was sie vereinbaren und unterzeichnen, denn ihr Wort ist nichts wert. Also beendeten wir den Kontakt mit den föderativen Gewalten, denn uns wurde klar, dass der Dialog und die Verhandlung wegen diesen politischen Parteien gescheitert waren. Wir sahen, dass ihnen das Blut, der Tod, das Leid, die Mobilisierungen, die Befragungen, die Anstrengungen, die nationalen und internationalen Erklärungen, die Treffen, die Vereinbarungen, die Unterzeichnungen, die Verpflichtungen egal waren. Damit verschloss die politische Klasse nicht nur wieder einmal den indigenen Völkern die Tür, sondern versetzte auch einer friedlichen Lösung des Konflikts auf Basis von Verhandlungen und Dialog den Todesstoß. Jetzt kann man ihnen nicht mehr glauben, dass sie irgendein Abkommen mit irgendjemandem einhalten. Achten Sie darauf, damit Sie aus unserer Erfahrung lernen können.

Also betrachteten wir all das und dachten in unseren Herzen darüber nach, was wir tun könnten.

Und als erstes sahen wir, dass unser Herz nicht mehr war wie früher, als wir den Kampf begannen, sondern dass es gewachsen war, denn wir hatten das Herz vieler guter Menschen berührt. Und wir sahen auch, dass unser Herz verletzter, also verwundeter war. Und es war nicht verwundeter, weil uns die schlechten Regierungen hereingelegt hatten, sondern weil wir, als wir die Herzen Anderer berührten, auch ihre Schmerzen berührten. Es war, als würden wir uns in einem Spiegel sehen.

II.- WO WIR JETZT SIND

Also dachten wir Zapatistas, dass es nicht genug sein, den Dialog mit der Regierung abzubrechen, sondern dass der Kampf fortgesetzt werden müsse trotz jener faulen Parasiten, die die Politiker sind. Die EZLN beschloss also, allein und von ihrer Seite, die (entsprechend "unilaterale", weil nur einseitige) Erfüllung der Vereinbarungen von San Andrés über die Rechte und Kultur der Indígenas. Vier Jahre lang, seit Mitte 2001 bis Mitte 2005, haben wir uns dieser Aufgabe gewidmet, und auch anderen Aufgaben, die wir Ihnen nennen möchten.

Nun, also begannen wir, die rebellischen autonomen Zapatista-Bezirke aufzubauen. So organisierten sich die Völker, um zu regieren und sich selbst zu regieren, und um stärker zu werden. So ist die autonome Regierung nicht etwa eine Erfindung der EZLN, sondern sie ist aus mehreren Jahrhunderten indigenen Widerstands und aus der zapatistischen Erfahrung selbst gewachsen und ist wie eine Selbstregierung der Gemeinden. Das heißt, es kommt keiner von draußen und regiert, sondern die Völker entscheiden selbst unter sich, wer regiert und wie regiert wird, und wenn der Regierende nicht gehorcht, wird er abgesetzt. Das heißt, wenn der, der regiert, dem Volk nicht gehorcht, wird er als Autorität abgesetzt und jemand anders übernimmt.

Aber dann sahen wir, dass die autonomen Bezirke nicht alle die gleichen Bedingungen hatten, sondern das ein Teil weiter war und mehr Unterstützung von der Zivilgesellschaft bekam, während andere mehr vergessen wurden. Es musste also etwas organisiert werden, um das anzugleichen. Und wir sahen auch, dass sich der für das Politisch-Militärische der EZLN zuständige Teil in die Entscheidungen einmischte, die eigentlich Aufgabe der demokratischen Autoritäten waren, die "zivil" genannt werden. Hier ist das Problem, dass der politisch-militärische Teil der EZLN nicht demokratisch ist, denn es ist eine Armee, und wir sahen, dass es nicht gut ist, dass an der Spitze das Militärische steht und unten das Demokratische, denn das Demokratische darf nicht militärisch entschieden werden, sondern umgekehrt: oben sollte das Demokratische politisch regieren und unten das Militärische gehorchen. Oder vielleicht noch besser, dass es kein unten gibt, sondern alles auf einer Ebene ist, ohne Militär, deswegen sind die Zapatistas Soldaten, damit es keine Soldaten mehr gibt. Gut, aber um dieses Problem zu lösen, begannen wir, das Politisch-Militärische von den autonomen und demokratischen Organisationsformen der zapatistischen Gemeinden zu trennen. Und so wurden Aktionen und Entscheidungen, die zuvor Aufgabe der EZLN gewesen waren, nach und nach auf demokratisch gewählte Verteter der Völker übertragen. Das ist natürlich leicht gesagt, aber in der Praxis schwer umzusetzen, denn es dauert viele Jahre, erst die Kriegsvorbereitung und dann der Krieg selbst, und man gewöhnt sich an das Politisch-Militärische. Aber wie auch immer, wir haben es umgesetzt, weil so unsere Art ist, das, was wir sagen, tun wir auch, denn wenn nicht, warum sollten wir es dann sagen, wenn wir es dann nicht tun.

Und so entstanden die Juntas der Guten Regierung im August 2003, und mit ihnen ging der Prozess des Selbst-Lernens und der Ausübung des Prinzips des "gehorchend Regierens" weiter.

Seitdem und bis Mitte 2005 gab die Führung der EZLN keine Anordnungen mehr in zivilen Angelegenheiten, aber sie begleitete und unterstützte die demokratisch von den Völkern gewählten Vertreter und achtete außerdem darauf, dass die Völker und die nationale und internationale Zivilgesellschaft immer gut darüber informiert wurden, welche Unterstützungen ankamen und was damit geschah. Und so ging die Aufgabe der Beaufsichtigung der Guten Regierung auf die zapatistischen Unterstützungsbasen über, mit zeitlich begrenzter Übernahme von Verantwortung, so dass alle Männer und Frauen lernen, diese Aufgabe zu übernehmen. Denn wir denken, dass ein Volk, das seine Regierung nicht beaufsichtigt, zur Sklaverei verdammt ist, und wir kämpfen dafür, frei zu sein und nicht dafür, aller sechs Jahre den Sklavenhalter zu wechseln.

Die EZLN hat in diesen 4 Jahren auch die Unterstützungen und die Kontakte in Mexiko und in die ganze Welt an die Juntas der Guten Regierung und die Autonomen Bezirke übergeben, die in diesen Jahren des Krieges und Widerstandes erreicht wurden. Außerdem baute die EZLN in dieser Zeit eine wirtschaftliche und politische Unterstützung auf, die es den zapatistischen Gemeinden ermöglicht, mit weniger Schwierigkeiten in der Schaffung ihrer Autonomie und der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen voranzukommen. Das ist nicht viel, aber immerhin viel mehr, als es vor dem Aufstand im Januar 1994 gab. Wenn Sie sich eine der Studien, die die Regierungen durchführen, anschauen, werden Sie sehen, dass die einzigen indigenen Gemeinden, deren Lebensbedingungen sich verbessert haben, was Gesundheitsversorgung, Bildung, Wohnsituation betrifft, diejenigen sind, die sich auf zapatistischem Gebiet befinden, das heißt, wie wir sagen, wo unsere Völker sind. Und all das war möglich durch das Vorangehen der zapatistischen Dörfer und die sehr große Unterstützung, die von guten und edlen Menschen kam, die wir "Zivilgesellschaften" nennen, und von ihren Organisationen auf der ganzen Welt. Als wenn all diese Menschen das "eine andere Welt ist möglich" wahr gemacht hätten, aber mit Taten und nicht nur mit bloßen Worten.

Und so haben die Völker gute Fortschritte gemacht. Jetzt sind es mehr Compañeros und Compañeras, die lernen, Regierung zu sein. Außerdem, wenn auch nach und nach, nehmen immer mehr Frauen an der Arbeit teil, aber es fehlt noch manchmal an Respekt gegenüber den Compañeras und der Bereitschaft, sie in die Aufgaben des Kampfes einzubeziehen. Und dann hat sich mit den Juntas der Guten Regierung auch die Koordinierung der Autonomen Bezirke untereinander und die Lösung von Problemen mit anderen Organisationen und mit den offiziellen Behörden verbessert. Und auch die Projekte in den Gemeinden haben sich verbessert, Projekte und Unterstützungen, die von der Zivilgesellschaft der ganzen Welt kommen, werden gerechter verteilt: Gesundheitsversorgung und Bildung haben sich verbessert, obwohl es noch lange nicht ideal ist, ebenso was Wohnsituation und Ernährung betrifft, und in einigen Gebieten hat sich das Landproblem entschärft, da die wiedergewonnenen Ländereien und Fincas aufgeteilt wurden, aber es gibt immer noch Gebiete, denen es an Land zum Anbauen mangelt. Und es hat sich auch die Unterstützung der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft verbessert, denn vorher ging jeder dahin, wo er gerade hinwollte, aber jetzt schicken die Juntas der Guten Regierung die Leute dahin, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Und aus demselben Grund lernen immer mehr Compañeros und Compañeras überall, mit den Menschen aus anderen Teilen Mexikos und der Welt umzugehen, sie lernen, zu respektieren und Respekt einzufordern, sie lernen, dass es viele Welten gibt und alle ihren Platz, ihre Zeit und ihre Art haben, und dass so gegenseitiger Respekt unter allen Menschen herrschen muss.

Nun, wir, die Zapatistas der EZLN, widmen uns derzeit unserer größten Kraft, nämlich den Völkern, die uns unterstützen. Und ein wenig hat sich die Situation schon verbessert, das heißt, es gibt niemanden, der sagt, die zapatistische Organisation und der zapatistische Kampf seien umsonst gewesen, sondern dass, auch wenn sie uns alle umbringen, unser Kampf doch etwas genützt hat.

Aber nicht nur die zapatistischen Völker sind gewachsen, sondern auch die EZLN. Denn in dieser Zeit wurde unsere gesamte Organisation von neuen Generationen erneuert. Oder anders ausgedrückt, sie gaben ihr neue Kraft. Die Comandantes und Comandantas, die zu Beginn des Aufstandes 1994 im Erwachsenenalter waren, haben heute die Weisheit, die sie in 12 Jahren des Krieges und des Dialoges mit Tausenden Menschen und Frauen auf der ganzen Welt gewonnen haben. Die Mitglieder des CCRI, der zapatistischen politisch-organisatorischen Leitung, beraten und orientieren nun die Neuen, die unserem Kampf beigetreten sind, und die, die leitende Positionen übernehmen werden. Seit geraumer Zeit haben die "Komitees" (wie wir sie nennen) eine neue Generation von Comandantes und Comandantas vorbereitet, die nach einer Zeit der Ausbildung und der Probe beginnen, die organisatorischen Aufgaben der Befehlsgewalt kennenzulernen und auszuführen. Und unsere aufständischen Männer und Frauen, die Männer und Frauen der Milizen, die lokalen und regionalen Verantwortlichen und die Unterstützungsbasen, die zu Beginn des Aufstandes Jugendliche waren, sind heute reife Männer und Frauen, Kampfveteranen und Respektpersonen in ihren Einheiten und Gemeinden. Und die, die in jenem Januar 1994 Kinder waren, sind nun Jugendliche, die im Widerstand gewachsen sind und in der würdigen Rebellion von den Erwachsenen in diesen 12 Jahren des Krieges erzogen wurden. Diese Jugendlichen haben eine politische, technische und kulturelle Bildung erfahren, die wir, die wir die zapatistische Bewegung ins Leben riefen, nicht hatten. Diese Jugend bereichert heute mehr und mehr unsere Truppen und besetzt auch immer mehr Führungspositionen der Organisation. Und, nun, wir alle haben die Täuschungen der mexikanischen Politklasse und die Zerstörungen, die ihre Aktionen in unserem Land hervorrufen, gesehen. Und wir haben die großen Ungerechtigkeiten und Verbrechen gesehen, die die neoliberale Globalisierung auf der ganzen Welt verübt. Aber dazu sagen wir Ihnen später etwas.

So hat die EZLN in den 12 Jahren des Krieges, der militärischen, politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Angriffe, der Belagerung, der Feindseligkeiten, der Verfolgung, Widerstand geleistet, und sie haben uns nicht besiegt, wir haben uns weder verkauft noch ergeben, und wir haben Fortschritte gemacht. Viele Compañeros aus vielen Orten haben sich dem Kampf angeschlossen, so dass wir, anstatt nach so vielen Jahren schwächer zu werden, stärker werden. Sicher gibt es Probleme, die gelöst werden können, indem das Politisch-Militärische vom Zivilen-Demokratischen besser getrennt wird. Aber es gibt Ziele, die wichtigsten, wie unsere Forderungen, für die wir kämpfen, die nicht völlig erreicht worden sind.

Nach unserem Ermessen und dem, was wir in unserem Herzen sehen, sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir nicht weiterkommen können, und an dem wir außerdem alles verlieren könnten, was wir haben, wenn wir so bleiben, wie wir sind und nichts mehr tun, um weiter fortzuschreiten. Das heißt, dass der Moment gekommen ist, wieder alles zu riskieren und einen gefährlichen Schritt zu wagen, der es aber wert ist. Denn vielleicht können wir vereint mit anderen sozialen Sektoren, die unter den gleichen Entbehrungen wie wir leiden, das erreichen, was wir brauchen und was wir wert sind. Ein neuer Schritt nach vorn im indigenen Kampf ist nur möglich, wenn sich der Indígena zusammenschließt mit den Arbeitern, Bauern, Studenten, Lehrern, Angestellten ... also mit den Arbeitern aus Stadt und Land.

(Fortsetzung folgt ...)

Aus den Bergen des mexikanischen Südostens.

Das Geheime Revolutionäre Indigene Komitee − Generalkommandantur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung. Mexiko, im sechsten Monat des Jahres 2005.


 Quelle:  
  http://enlacezapatista.ezln.org.mx/ 
 

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