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Ein Tag ohne Migrant*innen. Keine Schule, keine Arbeit, kein Konsum

Poonal vom 23.02.2025
Rocío Moreno
übersetzt von Deborah Schmiedel

  Protestmarsch in Chicago
Protestmarsch in Chicago Foto: Charles Edward Miller via wikimedia CC BY-SA 2.0


(Los Angeles, 6. Februar 2025, desinformémonos).- Mit bewegenden und kraftvollen Mobilisierungen haben Migrant*innen gezeigt, dass sie mit den Massenabschiebungen von Hunderttausenden von Eingewanderten nicht einverstanden sind. Unterstützt wurden sie von etlichen Sympathisant*innen, die sich den unterschiedlichen Aktionen in verschiedenen Bundesstaaten und Städten der Vereinigten Staaten angeschlossen haben. Mit diesen öffentlichen Auftritten wollen sie zeigen, dass sie mit den Äußerungen von Präsident Trump nicht einverstanden sind. Aber wir wollen auch nicht dem, was die Regierung zu tun versucht, Raum geben, sondern die Stärke und die Macht der Menschen hervorheben, die auf die Straße gegangen sind, um darauf aufmerksam machen. Am Sonntag, dem 2. Februar, blockierten die Demonstrant*innen die Autobahn 110 im Herzen der Innenstadt von Los Angeles, Kalifornien und kritisierten mit einer Protestkundgebung die Abschiebepolitik des US-amerikanischen Präsidenten.

Ihr wisst ja, wie wir Mexikaner*innen sind, ihr habt uns schließlich eingeladen!



Ich kann mir keine angemessenere Art von Marsch vorstellen als die, die ich an diesem Wochenende gesehen habe. Eine wilde Mischung verschiedener Musikstile: Rock, Rap, Corridos, Mariachi, Cumbia, Ska und vieles mehr, und alles ziemlich laut. Die Menschen tanzten, hatten Spaß und feierten die fröhliche Rebellion. Wenn wir sehen, wie wir gegenseitig ausrasten und randalieren, tröstet mich das Wissen, dass es noch tiefe Fasern in uns gibt, an die die Mächtigen einfach nicht herankommen, und so weiß ich, dass wir stark sind. Wie es sich für ein Fest der Menschen des Volkes gehört, gab es auch viel zu essen. Dutzende Essenswagen boten Maiskolben, Eis, Churros, Süßigkeiten, Obst Tamales, Kaffee, Hotdogs, natürlich mit Gemüse, Chili, gerösteten Zwiebeln und Sauce und vieles andere an, und dieses »etcetera« steht für eine wirklich lange Liste weiterer Dinge. Was mir sehr typisch für unsere mexikanische Identität erschien, war, dass die Menschen, die verkauft haben, mitdemonstriert und gleichzeitig gearbeitet haben, außerdem die enorme Zahl von Kindern. Es mag normal erscheinen, dass Kinder ihre Eltern begleiten, bloß waren diese nicht nur Kinder, sondern auch Migrant*innen. In unserer Gemeinschaft existiert nicht die Vorstellung vom »perfekten Moment«: Dinge wie Gemeinschaft, Musik, Essen, Tanz gehören zur Politik von unten und werden einfach gelebt.

Ein befreiender Demo-Slogan und ein Protestlied



Bei den Märschen und Kundgebungen in Los Angeles und in Hunderten von Städten in verschiedenen Bundesstaaten dominierten nicht nur Musik und Tanz, sondern auch Schalk, Spott, Hohn und der Witze, der unser Volk kennzeichnet. Wer sich selbst Mexikaner*in ist, suche sich am besten eine*n, um diesen Slogan zu lesen, es gibt uns überall auf diesem Planeten: ¡Chinga tu Migra! (»Wir scheißen auf eure Grenzkontrollposten«) ist einer meiner Lieblingssätze, und Sie werden feststellen, dass der mexikanische Klang und das Lachen in der Stimme ihm einen besonders befreienden Klang verleiht. Eine verrückte Mariachi-Band intonierte auf die Melodie des bekannten Stücks »Sacaremos a ese buey de la barranca« (Wir holen den Ochsen aus der Schlucht) ein der »Trompete« (Trump) gewidmetes Proteststück mit dem Text: »Raus mit dem Kerl aus dem Weißen Haus, raus aus dem Weißen Haus, ach herrje, armer Kerl. Jetzt kennt ihr eine befreiende Phrase und ein Protestlied. So sind die Aktionen der Politik von unten, so ist das Leben selbst. Alle tragen eigene Sorgen mit sich, aber niemand hört auf zu gehen und das Leben zu feiern. Unser Kampf besteht auch darin, uns nicht die Freude am Tanzen, an der Musik auf den Straßen nehmen zu lassen, in den Parks, auf der Autobahn, in den Gassen, wo immer wir wollen, oder wo immer wir zufällig sind; und dass wir nie vergessen, wer wir sind; und dass wir uns unser Lachen über die Macht und die Mächtigen und über uns selbst erhalten.

Nach einem hektischen, lauten und faszinierenden Wochenende fand die Aktion statt: Ein Tag ohne Migrant*innen. Mit einigen Tagen Vorlauf und über soziale Netzwerke und Mundpropaganda (weil wir keine Massenmedien haben) wurde ein Aufruf zur Teilnahme an den landesweiten Aktionen am Montag, dem 3. Februar, gemacht, der unter dem Motto »Ein Tag ohne Einwanderer, keine Schule, keine Arbeit, kein Konsum« stand. Zwar hat es in der Vergangenheit bereits ähnliche Initiativen gegeben, doch nun ist es erneut notwendig zu bekräftigen, dass es ohne die Arbeit der Einwanderer unmöglich ist, dieses Land zu erhalten. Mehrere Bundesstaaten und Hunderte von Städten haben sich an dieser Initiative beteiligt. Das meiste Aufsehen erregten die Mobilisierungen in der Stadt Los Angeles: Hier findet sich die höchste Konzentration von Migrant*innen, außerdem haben hier die historischen Mobilisierungen für eine gerechte Einwanderungspolitik stattgefunden. In verschiedenen Staaten im ganzen Land, darunter Chicago, Kansas, Kalifornien, Washington, New York, Texas fanden Mobilisierungen statt. In der Kleinstadt, in der ich derzeit lebe, waren die Schulen leer, und am Nachmittag demonstrierten die Menschen und sperrten einige der Hauptstraßen der Stadt. Auch einige lokale Unternehmen schlossen ihre Geschäfte, um sich den Forderungen der Migrant*innen anzuschließen. Für mich, die ich erst seit zwei Jahren in diesem Land lebe, war es eine sehr bewegende Aktion.

Ihr seid nicht allein!



Als Frau mit Migrationshintergrund in diesem Land kann ich sagen, dass die Unterstützung deutlich sichtbar war, und mehr noch: Ich habe sie gespürt. Viele junge Leute und sogar Kinder trugen Transparente, auf denen Stand, dass sie als Kinder von Migrant*innen in Vertretung ihrer Eltern hier seien. Ich persönlich hatte zum ersten Mal das Gefühl, zu diesem Land zu gehören. »Wir sind hier und wir bleiben hier, ohne Papiere, ohne Angst!«

Wenn ihr wisst, wie wir sind, warum behandelt ihr uns so mies?



Die Mobilisierungen werden weitergehen, es ist unmöglich, sie zu stoppen. Die große Herausforderung ist wie immer, wie wir die Organisierung aufrechterhalten und wie wir uns mit anderen Gruppen vernetzen, die genau wie wir gegen alle Faschisten kämpfen. Es ist sehr schwer und ungerecht, dass wir nicht nur gegen den Strom schwimmen, sondern auch noch etwas aufbauen müssen. Es reicht nicht, auf die Straße zu gehen und zu zeigen, dass wir mit der faschistischen Politik der jetzigen Regierung nicht einverstanden sind, sondern brauchen die Sicherheit, dass das Leben, unsere Kultur, unsere Gemeinschaften weiter existieren.

P.S. Es hat mich überrascht, dass über die Latinxs nur geschrieben wurde, dass sie für Trump gestimmt haben, und über die Spaltung innerhalb der Community. Ich sage nicht, dass das nicht stimmt, aber worauf es ankommt, ist unsere Wut und Verzweiflung und die vielen Möglichkeiten, die wir haben, um uns angesichts dieser faschistischen Angriffe zu organisieren.

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