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Irakkonflikt: Druck auf Mexiko und Chile wächst
Poonal vom 11.03.2003 |
Von Gerold Schmidt |
(Mexiko-Stadt, 4. März 2003, npl).- Ein Gespenst geht um in Mexiko: die entscheidende neunte Stimme im UN-Sicherheitsrat. Kommt es zur Abstimmung über den zweiten Resolutionsvorschlag der USA im Irakkonflikt, so wird Mexiko nach Einschätzung vieler politischer Beobachter dem seit Wochen ausgeübten Druck des mächtigen Nachbarn im Norden nicht standhalten.
Entgegen seiner traditionellen Außenpolitik und dem Willen einer Bevölkerungsmehrheit könnte das Land für den zweiten Golfkrieg stimmen. Dem am Montag vergangener Woche (3.3.) gemachten Versuch in der mexikanischen UNO-Residenz, mit den übrigen nicht ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates sowie Kanada einen dritten Weg für die Lösung der Irakkrise zu finden, werden wenig Chancen gegeben.
Die Rechnung, die letztlich auch der US-freundlichen mexikanischen Regierung von Präsident Vicente Fox Angst macht, ist relativ einfach. Mit den USA, Großbritannien, Spanien und Bulgarien sind vier Ja-Stimmen sicher. Allgemein wird davon ausgegangen, dass auch die offiziell noch unentschiedenen Länder Pakistan, Angola, Kamerun und Guinea am Ende für die Resolution votieren werden. Eine Zustimmung aus Russland, China, Frankreich, Syrien und Deutschland ist dagegen so gut wie ausgeschlossen. Das Zünglein an der Waage würden also die lateinamerikanischen Länder Chile und Mexiko spielen, die bisher Neutralität betont haben.
In beiden Fällen sind die USA wichtigster Handelspartner, in beiden Fällen wendet Washington verschiedene Überzeugungskünste an, um sich der neunten Stimme zu versichern. Dabei sind die Einflussmöglichkeiten auf das Nachbarland Mexiko ungleich größer.
Der in den Medien mit teilweise beißendem Spott kommentierte überraschende Kurzbesuch des "neuen US-Vasallen" und spanischen Ministerpräsidenten Jose Aznar bei Vicente Fox am 20. Februar galt noch als indirekter Überzeugungsversuch. Kurz danach stellte US-Botschafter Tony Garza einen Zusammenhang zwischen dem von mexikanischer Seite gewünschten Migrationsabkommen und der "Solidarität" Mexikos her.
Präsident Fox − wie auch sein chilenischer Kollege Ricardo Lagos − erfuhr einen weiteren Tag später die Ehre eines persönlichen Telefonanrufes von seinem "Freund" George W. Bush, der seine Vorstellungen noch einmal erläuterte. Am Montag vergangener Woche organisierte Daimler-Chrysler Mexiko im Rahmen einer Vorstandssitzung ein Zusammentreffen von Vater Bush und Fox. Präsident Bush betonte am Dienstag noch einmal, fehlende Unterstützung Mexikos würde ihn enttäuschen. Für diesen Fall schloss er "Repressionen größeren Ausmaßes" aus, ohne näher auf Repressionen geringeren Ausmaßes einzugehen.
Steter Tropfen höhlt den Stein. Seit Ende Februar ist die Wortwahl der mexikanischen Regierung gegenüber dem Irak verschärft worden. Ausdrücke wie "friedliche Lösung" und "Multilateralismus" sind seltener geworden. Angeblich hat der mexikanische UNO-Botschafter Adolfo Aguilar Zinser bereits Direktiven über die Kursänderung erhalten. Ein Bericht der britischen Zeitung "The Observer" über die von Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice autorisierte Spionage gegen Zinser und andere UNO-Botschafter aus "unentschlossenen" Ländern wird von der mexikanischen Regierung nicht kommentiert, jeglicher Druck vom Nachbarn im Norden dementiert. Angesichts der zur Jahresmitte anstehenden Parlamentswahlen und der Stimmung in der Bevölkerung gegen eine Kriegsbefürwortung kann Präsident Fox nicht daran gelegen sein, bedingungslose Ergebenheit gegenüber den USA zu zeigen. Andererseits bedürfte es erheblichen Rückgrats, sich in der UNO der Stimme zu enthalten, wenn das die Resolutionsannahme verhindert. George W. Bush würde das kaum verzeihen und Mexikos Außenhandel hängt zu 90 Prozent von den USA ab. Insgeheim kann das Land nur auf ein Veto mindestens eines der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates hoffen. Dann könnte die Regierung mit einer Enthaltung ihr Gesicht wahren.
Quelle: poonal
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