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Zweites Encuentro zwischen Zapatisten und den Völkern der Welt begann
NarcoNews vom 22.07.2007 |
Von Murielle Coppin und Juan Trujillo |
übersetzt von Dana |
− | Das Zweite Encuentro zwischen den Zapatisten und den Völkern der Welt hat begonnen |
− | Autonomie, die Bewegung von Oaxaca und das nächste Indigene Treffen sind die Themen eines farbenfrohen Anfangs. |
− | Sonderbericht für das Narco News Bulletin |
Oventik, Chiapas, 20. & 21. Juli: Am Freitag Abend wurde in diesem autonomen Caracol das Zweite Treffen zwischen den Zapatisten und den Völkern der Welt eröffnet. Nach der vorhergehenden Konferenz, "Die Verteidigung von Land und Territorium vor der kapitalistischen Plünderung," am 19. Juli, in San Cristobal de las Casas, mit Ehrengästen wie der brasilianischen Bewegung der Landlosen (MST), der koreanischen Landarbeiterbewegung, der Landarbeiterbewegung von Madagaskar, der Landarbeiterbewegung der Vereinigten Staaten und aus Europa, Asien, Afrika und Amerika; bringt dieses Ereignis ein weiteres Mal Beobachter, Sympathisanten, Angehörige der Anderen Kampagne und Anhänger der Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald aus mehr als 80 Ländern zusammen. Eröffnet wurde es mit einer Diskussion zu Themen über Autonomie (die im Rahmen des ersten Encuentros ausführlich behandelt wurde), übe die Volksbewegung von Oaxaca und über das nächste Indigene Encuentro, das im kommenden Oktober auf dem Stammesgebiet der Yaqui stattfinden wird.
Am Freitag morgen und nachmittags, vor der Eröffnung, beteiligten sich zahlreiche Unterstützungsbasen und Personen der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft an den Gesprächstischen rund um das Thema gesundheitliche Versorgung und Schulbildung, die nun im Rahmen des Autonomieprozesses (seit der Geburt der fünf Caracoles in 2003) de facto implementiert werden.
Am ersten Tisch, zum Thema gesundheitliche Versorgung, hoben Gesundheitspromotoren die Anstrengungen hervor die zur Verbesserung der Infrastruktur erforderlich sind, und Mitglieder der indigenen Gemeinden in Rebellion unterstrichen die Wichtigkeit einer autonomen und würdigen gesundheitlichen Versorgung, unter Wiedererlangung althergebrachten Wissens, das die Harmonie zur Mutter Erde impliziert.
Das autonome Gesundheitssystem wird heute von Gesundheitspromotoren geführt, darunter einige, die hoch qualifiziert sind, mit einer Klinik (mit Operationsraum), zahlreichen Mikrokliniken, mehreren Gesundheitszentren, einem Labyrinth von klinischen Analysen und einer Optikerwerkstatt zur Herstellung von Linsen. Zusätzlich widmet dieses System besondere Aufmerksamkeit der Gesundheit der Frauen. Was die reproduktiven und sexuellen Rechte angeht, sind die Promotoren dazu qualifiziert sowohl Männer als auch Frauen zu beraten und zu bilden, da es "oftmals die Männer sind, die die Frauen daran hindern ihre Gesundheit zu erhalten".
Diese positiven Programme sind ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Gesundheitskomitee, den Gesundheitspromotoren und der Bevölkerung. Im Gegensatz zur "schlechten Regierung", wo nur die ärzte zählen, verstehen die ärzte und Krankenhausmitarbeiter, die Juntas der Guten Regierung und ihre Gesundheitspromotoren, dass es viele Faktoren gibt, die berücksichtigt werden müssen: Hygiene, das Trinkwassersystem, Ernährung, Aufklärung, Vorsorge. Während der Arzt nur die Krankheiten selbst behandelt, widmet sich der Gesundheitspromotor dem Kranken, der Person, unter Achtung seiner Kultur.
Der Gesprächstisch zum Thema Zapatistische Schulbildung, ragte durch die klare Präsentation der Promotoren hervor. Sie stellten die Bemühungen zur Unterbringung vertriebener Schülern aus San Pedro Polhó und anderen Dörfern dar, als Beispiel für die Beharrlichkeit bei der Schaffung der "Anderen Schulbildung". Das autonome Schulbildungsprojekt des Zapatistischen Systems für Autonome Schulbildung schließt westliche Formen der Benotung aus, welche die "Furcht und Konkurrenz zwischen Studenten fördern". Stattdessen "sollen die Kindern lernen ohne Furcht zu leben, da Furcht die Antithese von Demokratie ist."
In der Praxis folgt diese soziale Bemühung den Abkommen von San Andrés (die von der Bundesregierung und der EZLN in 1996 unterzeichnet wurden). Ihr Ziel ist es "einen Ausgleich in der Schulbildung der Schüler zu schaffen", wie dies in der Schule "Primero de Enero" der Fall ist, in der 180 Schüler drei Jahre auf Sekundarebene lernen. Die indigene Weltsicht ist nach Aussage der Promotoren ein inhärenter Teil dieser Bemühung, die danach strebt, "die Liebe zur Menschheit, Demokratie und Bildung für die Freiheit" zu fördern.
Der Schlüssel hierzu liegt dem Bildungspromotor Amos zufolge darin "die Trennung zwischen körperlicher und geistiger Tätigkeit zu vermeiden", um somit in der Lage zu sein die kommunale und dialogorientierte Form der Selbstbildung des indigenen Alltags mit der Kultur und Geschichte der indigenen Völker von Mexiko zu verbinden.
Eröffnung: Symbole, Nacht und Tanz
Vor einem zahlreichen, farbenfrohen Publikum, oblag die formelle Eröffnung den Autoritäten der autonomen Bezirke, den Unterstützungsbasen und dem Geheimen Revolutionären Indigenen Komitees − Generalkommandantur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung. Nach dem Singen der mexikanischen Nationalhymne galt das erste Willkommen den Compañer@s Repräsentanten der verschiedenen sozialen Bewegungen, die an der Veranstaltung teilnahmen.
Zwei Geleitzüge von Männern und Frauen der zapatistischen Unterstützungsbasis trugen die mexikanische Flagge sowie die rot- schwarze zapatistische Fahne. Subcomandante Marcos als Zeremonienmeister unterstrich, nicht ohne humorvolle Bemerkungen, die Heterogenität der Veranstaltung.
Die Mitglieder der Junta der Guten Regierung von Los Altos erklärten, dass dieser Kampf, der nun mit nationalen und internationalen Compañer@s geteilt werde "sowohl der Ihre als auch der unsere ist". Comandante Hortencia erläuterte, dass dies "ein würdiger Winkel unseres Landes ist, in dem wir indigenen Völker dem Neoliberalismus Widerstand leisten"; deshalb "heißen wir alle ehrlichen Personen willkommen, in der Überzeugung, dass unser Pfad, der Pfad der Einheit ist". Diese Erfahrungen des Widerstands, so Hortencia weiter, waren dazu bestimmt "eine bessere Welt für die ganze Menschheit" zu errichten.
Oberstleutnant Moises erklärte in seiner Ansprache die Dynamik der Arbeit, und bestätigte, dass "unser Kampf weitergeht und weitergehen wird, bis wir den Sieg erringen," und erklärte um 22:24 östlicher Zeit das Encuentro formell für eröffnet.
Wenige Momente nach Anstimmen der zapatistischen Hymne, tanzten alle Anwesenden die Cumbia im Rhythmus der Musikband.
Die Andere Regierung, Autonomie und Frauen
Am Samstagmorgen erklärten Mitglieder der Junta der Guten Regierung (JBG) an diesem Gesprächstisch die Arbeitsweise der Anwendung der autonomen Politik. Sie erläuterten die Regel, dass jeder Gemeinderat der autonomen Bezirke die Verantwortung trägt, für eine dreijährige Rotation ein Mitglied zu entsenden, um einen Posten in der JBG zu besetzen.
Die EZLN Comandantes Domingo und Isaías und der Bezirkspräsident erläuterten den Prozess der indigenen Autonomie im Rebellengebiet, der das Recht auf Autonomie wieder einfordert, die vor mehr als 500 Jahren von den Eroberern vernichtet wurde, "die ihre Formen von Regierung und Gesetzen aufzwangen".
Zum Thema der indigenen Rechte und Kultur erinnerten sie an die neuere Geschichte der "Sabotierung" der indigenen Autonomie durch die schlechte Regierung, die sich weigert die Verträge von San Andrés einzuhalten.
Wie sie erklärten, basiert diese Autonomie gegenwärtig auf den besagten Abkommen beruht, die (der Konvention 169 − PCL) der Internationalen Arbeiterorganisation offiziell entsprechen, obwohl die Regierung dies nicht erlaubt. Die autonome Regierung und die an ihr beteiligten Frauen, sind verpflichtet zu regieren, sich zu beteiligen und ihre Gemeinderäte zu verteidigen.
Zu guter letzt, und mit festen Zeitlimits bei der Präsentierung, versuchten die zapatistischen Indigenas auf das Thema der Rechtssprechung innerhalb der autonomen Bezirke, aus der Sicht der Sitten und Gebräuche und des Dialogs zwischen den Beteiligten näher ins Detail zu gehen.
Dringendes Kommunique aus Oaxaca
In einem anderen Workshop, gab eine Repräsentantin der Stimmen von Oaxaca für den Aufbau von Autonomie und Freiheit (VOCAL) bekannt, dass unter den Personen, die im Rahmen der Repression vom 16. Juli in Oaxaca gegen Mitglieder der sozialen Bewegung, die versuchten die Feier der offiziellen Guelaguetza Fiesta zu boykottieren, auch Silvia Gabriela Hernández, Maria Guadalupe, Silvaja Ortíz, zusammen mit David Venegas Reyes verhaftet worden sind. "Zu den Personen, die unrechtmäßig im Gefängnis festgehalten werden, kommen drei weitere VOCAL Compañeros hinzu, die von der Regierung von Oaxaca verschleppt wurden", so das Kommunique weiter. "Unsere Compañeros berichten, dass sie misshandelt, begrapscht und mit Vergewaltigung bedroht wurden. Wir glauben, dass diese Aggressionen sich bei ihrer Überstellung in das Tlacolula Gefängnis sich wiederholt haben . . . Wir haben darüber Informationen erhalten, dass der Staat eine Operation vorbereitet hat, um alle Jugendbewegungen in Oaxaca zu unterdrücken". Sie fuhr fort, "wir benötigen die Unterstützung und die Solidarität aller, angesichts der letzten Ereignisse und dem was als nächstes passieren könnte".
Die Abschlusszeremonie des Treffens
Zum Abschluss des runden Tisches zum Thema Autonomie versammelten sich Tausende von Menschen unter der Mittagssonne und den wenigen schattigen Plätzen, um den Worten von Subcomandante Marcos zuzuhören- Aus dem Südosten Mexikos bat er alle, sich den Menschen des Nordosten Mexikos und Oaxacas zuzuwenden.
Bestrebt eine Stimme der Stimmlosen zu sein, informaierte er die Anwesenden über die Lage der Indigenas im Nordosten des Landes, wo er nicht nur die indigenen Völker dieser Gebiete getroffen hat, sondern auch andere Menschen, aus anderen Regionen des Landes. So traf (die Sechste Kommission der EZLN) auf ihrer Reise im Tal von San Quintin, Menschen aus Oaxaca, die auf Plantagen schufteten, lebten, starben und kämpften, was an die Zeiten von Porfirio Diaz und die Haciendas der Spaniern während der Kolonialzeit erinnerte. Er verglich den Eifer der Migranten aus Oaxaca ihre Identität durch Sprache, Kleidung und Gebräuchen zu bewahren, mit dem starken Widerstand ihrer Verwandten, die kämpfen, um Gouverneur Ulises Ruiz zu stürzen.
Marcos verwies auf die ständige Spaltung der Menschen, die durch äußere Kräfte herbeigeführt werden. Die Kiliwas und Cucapás zum Beispiel, wurden von ihren Ländern vertrieben, und viele waren gezwungen auf den zahlreichen Plantagen vor Ort zu arbeiten. Die Papagos von Sonora sind von ihren Brüdern durch "die Todeslinie" abgeschnitten, die als Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten gezogen ist. Während einige ihrer heiligen Stätten sich auf der amerikanischen Seite befinden, wurde ihr Stammesgebiet auf der mexikanischen Seite in eine Giftmüllablage verwandelt. Viele indigene Völker wurden ihres Landes enteignet, das ein fundamentales Element ihres Daseins ist. Während dessen kämpfen die Pimas gegen mächtige Drogenschmuggler, um ihre Gebiete zu erhalten, und die Seris kämpfen gegen die drohende Verwandlung der Insel Tiburon, das Herz der Seris, in ein Touristenzentrum.
Die Yaquis sind ein weiteres Volk, das bereits sein ganzes Leben damit zubringt, gegen den Verlust seines Landes Widerstand leisten. Sie, oder genauer gesagt, die Compañeros von Bikam, sind es auch, die das nächste Treffen der Indigenen Völker von Amerika, vom 10.-14. Oktober organisieren werden. Durch einen Brief, der von Delegado Zero verlesen wurde, luden sie alle Anwesenden ein: "Alle guten Menschen aus allen Winkeln der Welt sind willkommen." Subcomandante Marcos rief alle Compañeros der Anderen Kampagne auf, "den Blick und das Gehör ihrer Herzen dem Tal der Yaqui zuzuwenden." Er rief auch zur finanziellen Unterstützung auf (über ein Bankkonto auf der Webseite der EZLN), da die Yaqui im Kapitalismus arm sind, und ihnen das Nötigste fehlt. Deshalb treffen wir uns, hören einander zu, tanzen und singen wir − so wie heute Abend − die Freude unserer Rebellion.
Marcos bat auch, nicht aus den Augen zu verlieren, dass Oaxaca von Armeestreitkräfte und der Bundespolizei belagert wird, die versuchen jeden Protest gegen die gefälschte Guelagetza von Ulises Ruiz zu unterdrücken, und die Bevölkerung von Oaxaca daran zu hindern ihre eigene, wahre Festlichkeit zu feiern.
Die Nacht folgte rasch, und damit die Abschlusszeremonie der Aktivitäten dieses Caracols, die von der EZLN Kommandantur und der Junta der Guten Regierung ausgeführt wurde, die sich von allen eingeladenen Gästen der internationalen Organisationen herzlich verabschiedeten.
Quelle: | |||
http://www.narconews.com/Issue46/article2743.html | |||
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