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Viva Zapata!

Vor 85 Jahren wurde Emiliano Zapata ermordet

junge welt vom 10.04.2004
Gerd Bedszent

  Unter den Kugeln eines Mordkommandos starb am 10. April 1919 ein Mann, der schon zu Lebzeiten eine Legende war: Emiliano Zapata, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der mexikanischen Revolution von 1910 bis 1921.

Die von 1876 bis 1911 andauernde Diktatur des Generals Porfirio Diaz begünstigte ausländische Kapitalgesellschaften und Teile der einheimischen Bourgeoisie auf Kosten der bäuerlichen Landbevölkerung und des entstehenden Proletariats. Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts Korruption und Vetternwirtschaft innerhalb der herrschenden Clique zu ernsten Hindernissen für die Entwicklung Mexikos wurden, regte sich sowohl unter dem liberalen Bürgertum als auch unter den Arbeitern und Bauern Widerstand. Als Führer der liberalen Opposition setzte sich der Großgrundbesitzer Francisco Madero durch. Der Diktator reagierte auf die gewohnte Art: Verhaftung bürgerlicher Politiker, Massenerschießungen streikender Arbeiter. Nach ersten lokalen Aufständen eröffnete Madero von den USA aus den bewaffneten Kampf. Erfolgreich wurde er jedoch erst, als sich zunehmend bäuerliche Rebellen an die Seite der Liberalen stellten.

Bei Ausbruch der mexikanischen Revolution war Emiliano Zapata in seinem Heimatort Anenecuilco im Bundesstaat Morelos gewählter Vorsitzender des Dorfrates. Unter seiner Führung fand die erste Besetzung von den Großgrundbesitzern geraubten Landes statt − eine Aktion, die sehr schnell Schule machte. Zapata wurde in den Verteidigungsausschuß von benachbarten Gemeinden gewählt und begann, die Bauern zu bewaffnen. Da Madero im Artikel drei seines »Planes von San Luis Potosi« eine Rückgabe geraubten Landes angekündigt hatte, nahm Zapata Verbindung mit den Truppen der Liberalen auf. Im Februar 1911 brach dann in ganz Morelos der Aufstand los.

Bedrängt von Maderos Truppen und revoltierenden Bauern, gab Porfirio Diaz im Mai 1911 auf und ging ins Exil. Die Militärführung als wesentlichste Stütze des Regimes blieb jedoch unbehelligt. Als Präsident erklärte Madero sehr bald, daß es mit einer Umsetzung des »Artikel drei von San Luis Potosi« wohl nichts werden würde. Die aufständischen Bauern, die den wesentlichsten Beitrag zum Sturz des Diktators geleistet hatten, sollten leer ausgehen.

Ungeachtet dessen gingen in Morelos die Zapatistas unverzüglich daran, das geraubte Land den Eigentümern zurückzugeben. Der Konflikt mit den Liberalen, die darin einen Angriff auf das geheiligte Privateigentum erblickten, blieb nicht aus. Nach Verhandlungen versprach Madero schließlich, sich der Sache der Bauern anzunehmen. Zapata gab noch einmal nach und demobilisierte seine Truppen. Aber als kurz darauf im Auftrag der Großgrundbesitzer der exporfiristische General Huerta in Morelos einrückte, war der Bruch zwischen Madero und Zapata unausweichlich. Der Bürgerkrieg flammte erneut auf, und binnen kurzem kontrollierte die Bauernarmee wieder ganz Morelos. Im November 1911 verabschiedeten die Vorsteher der aufständischen Dörfer den »Plan von Ayala«. Dort forderten sie die vollständige Umsetzung des »Planes von San Luis Potosi«, die Enteignung von einem Drittel des Landes der Großgrundbesitzer zugunsten landloser Bauern sowie die Verstaatlichung des Besitzes aller Gegner dieses Planes.

Am 19. Februar 1912 putschte General Huerta und ließ Madero erschießen. Die Liberalen und die aufständischen Bauern fanden sich gegen eine drohende Restauration der Diktatur nun wieder zusammen. Morelos blieb in der Hand Zapatas, in Nordmexiko operierte die »Division Norte« unter dem Bauernführer Pancho Villa. Huerta − ein persönlicher Freund des deutschen Kaisers Wilhelm II − ging als »der Schlächter« in die Geschichte Mexikos ein. Die Opfer seiner blutigen Strafexpeditionen zählten an die Hunderttausende. Dennoch erlitten die Bundestruppen eine Niederlage nach der anderen. Am 15.07.1914 flüchtete Huerta schließlich ins Ausland.

Nach diesem blutigen Intermezzo standen sich nun wieder das liberale Bürgertum und die Heere der aufständischen Bauern gegenüber. Die Liberalen unter Carranza verweigerten sich noch immer den Forderungen der bäuerlichen Aufständischen. Doch diese waren nun stark genug, ihren Interessen nachdrücklich Gehör zu verschaffen. Am 24.11.1914 zog das Heer Zapatas kampflos in Mexiko-Stadt ein.

An diesem Scheitelpunkt zeigte sich die historische Begrenztheit der zapatistischen Bewegung. Der von den Aufständischen gebildete Konvent erschöpfte sich in fruchtlosen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern Zapatas und Villas. Die Zapatistas verstanden sich als Interessenvertreter ihrer Dorfgemeinschaften. Deren wichtigste Forderung war die Rückumwandlung kapitalistischen Agrarbesitzes in Eigentum bäuerlicher Kommunen − zur Arbeiterbewegung gab es kaum Berührungspunkte. Die Liberalen profitierten von dieser Beschränktheit der Bauernbewegung, sammelten Truppen und sicherten sich die Unterstützung der Arbeiterschaft.

Die Niederlage der Bauernheere war folgerichtig. Nachdem Zapata es im August 1915 zunächst unterließ, seinem Rivalen Pancho Villa zu Hilfe zu eilen, wurde dieser von Carranzas Truppen mehrmals geschlagen. Die »Division Norte« löste sich auf. Auf sich allein gestellt, war Zapatas Bauernheer dem Gegner nicht gewachsen. Die Aufständischen wurden von der neuen Regierung Carranza zunächst in Morelos isoliert. Wie unter Huerta begannen die Militärs dann einen blutigen Vernichtungskrieg. Die ständigen Kämpfe dezimierten die Reihen der Zapatistas. Zu spät versuchte Zapata im März 1918 mit seinem »Manifest an die Fabrikarbeiter«, die soziale Basis der Bewegung zu verbreitern.

Emiliano Zapata wurde jedoch nicht militärisch besiegt, sondern fiel einem Verrat zum Opfer. Er hatte mehreren Führern der Regierungstruppen angeboten, auf die Seite der Bauern überzuwechseln. Einer von ihnen − Oberst Guajardo − ging scheinbar darauf ein. Von ihm wurde Zapata in eine Falle gelockt und erschossen.

Mit dem Tode Zapatas war die mexikanische Revolution nicht beendet. Unterstützt von dem Bauernheer unter Zapatas Nachfolger Gildardo Magaña, revoltierte General Obregòn im März 1920 gegen Carranza. Obregón wurde am 1. Juni 1920 erster nachrevolutionärer Präsident Mexikos. Ehemalige Zapatistas erklommen Ministersessel. Von den Forderungen der revolutionären Bauernbewegung wurde freilich nur Rudimente in der mexikanischen Verfassung verankert − als wichtigstes die Unveräußerlichkeit bäuerlichen Gemeinbesitzes.

ähnlich Bolivar in Venezuela, Sandino in Nicaragua und José Marti auf Kuba wurde Emiliano Zapata bald zum nationalen Mythos. Schon im Jahre 1931 wurde sein Name in die Mauer des Kongreßgebäudes in Mexiko-Stadt eingraviert. Als in den neunziger Jahren der neoliberale Durchmarsch auch in Mexiko Orgien feierte und 1994 im äußersten Süden des Landes

eine Gruppe bewaffneter Indios unverhofft ans Licht der Weltöffentlichkeit trat, war es kein Wunder, daß sie dies unter den Namen »Zapatistische Armee zur Nationalen Befreiung« tat ...

 Quelle:  
  http://www.jungewelt.de/2004/04-10/031.php 
 

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