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Aus der Geschichte der mexikanischen Revlution

News vom 12.12.2004
Albert Norden

  Ein zum Teil etwas merkwürdige Sicht auf Huerta, aber einige interessante geschichtliche Details.
Peter.

Interventionskriege der USA in Mittelamerika. Beispiel Mexiko

Durch die Ereignisse des Ersten Weltkrieges wurden die unverhüllten Interventionsschlachten überschattet, die in Mexiko derselbe Präsident Wilson unternahm, der zur gleichen Zeit auf dem alten Kontinent als Partisan der Demokratie auftrat. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts stand Mexiko im Zeichen eines stürmischen Konkurrenzkampfes zwischen den USA und England, wobei England mehr und mehr ins Hintertreffen geriet. Man schätzte 1911 die britischen Kapitalinvestitionen in Mexiko auf 321 Millionen Dollar, diejenigen der USA aber auf über eine Milliarde. Es handelte sich vor allem um Anlagen in Erdölfeldern. Galt doch in den Jahren unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg Mexiko als das Land mit der zweitgrößten Erdölförderung. Da der mexikanische Präsident Diaz offensichtlich den britischen Interessen nicht abgeneigt gegenüberstand, zettelte Rockefeller Standard Oil 1911 eine Revolution an, die Madero zur Macht brachte. Vor dem USA-Senatsausschuß für Auswärtige Angelegenheiten wurden die Beweise für die Einmischung der Standard Oil erbracht, die Summen und die Kuriere, die das Geld an Madero überbrachten, genau bezeichnet. Nach zwei Jahren aber gelang den britischen Ölinteressenten ein Gegenschlag: ihr Favorit Huerta setzte 1913 Madero ab und sich selbst ein. Die amerikanische Regierung unter ihrem seit kurzem amtierenden Präsidenten Wilson verweigerte als einzige Regierung Huerta die Anerkennung. Natürlich wurde dabei kein Wort von Öl, um so mehr aber von Moral, Sittlichkeit und Zivilisation gesprochen.

Am 26. Oktober 1913 heißt es in einem Instruktionstelegramm des Staatssekretärs des äußeren an die Botschafter der USA, »daß die

Regierung der Vereinigten Staaten nun zu Mitteln greifen müsse, die zur Herbeiführung dieses Erfolges (Entfernung Huertas von der Regierung Mexikos − A.N.) erforderlich erschienen«. Wenige Tage später finden in Washington Verhandlungen zwischen einem Abgesandten der englischen Regierung, Sir William Tyrell, und Präsident Wilson statt. Es geht um ein kleines Tauschgeschäft: Wenn die USA gewisse für England abträgliche Zölle abschaffen, würde England den USA freie Hand in Mexiko lassen. Die Unterhaltung schließt folgendermaßen:

Tyrell: »Wenn ich nach England zurückkehre, wird man mich nach Ihrer Politik gegenüber Mexiko fragen. Können Sie mir darüber Aufschluß geben?«

Wilson: »Ich will die südamerikanischen Republiken lehren, sich brave Leute zu wählen.«

Der Mann, der diese Worte sprach, proklamierte das Selbstbestimmungsrecht der Nationen...

Nachdem Wilson von seinem Gesprächspartner herausbekommen hat, daß London sich nicht an Huerta klammern werde, läßt er durch seinen Staatssekretär am 24. November 1913 die Diplomaten der USA telegrafisch benachrichtigen:

»Wenn General Huerta sich nicht zurückzieht, fällt den Vereinigten Staaten die Aufgabe zu, die weniger friedlichen Mittel in Anwendung zu bringen, um ihn fortzuschaffen.«

Nun folgte Schlag auf Schlag: Errichtung der Finanzblockade, so daß Huerta nirgends eine Anleihe bekam; offene Unterstützung und Waffenbelieferung der gegen Huerta in Nordmexiko ausgebrochenen Bewegung und schließlich die ungetarnte militärische Intervention.

Wie die letztere vorbereitet und begründet wurde, ist höchst interessant und ein Schulbeispiel für die gegenwärtige amerikanische Politik der Einmischung in fremde Länder. Im April 1914 waren im mexikanischen Hafen Tampico, wo Kriegsschiffe der USA lagen, einige an Land gegangene amerikanische Matrosen festgenommen, nach wenigen Stunden aber sofort wieder freigelassen worden. Zu allem Überfluß hatte Huerta sich schriftlich entschuldigt, den verantwortlichen Offizier verhaften und bestrafen lassen usw. Das hinderte Präsident Wilson nicht, am 20. April eine feierliche Tagung der beiden Parlamente der USA, Senat und Repräsentantenhaus, zusammenzuberufen und die Abgeordneten über angeblich neue Zwischenfälle, die nicht einmal diesen Namen verdienten, irrezuführen, um eine nationalistische Kriegsstimmung zu erzeugen. Es handelte sich dabei um einen Wortstreit in Veracruz zwischen zwei Briefträgern − der eine Mexikaner, der andere Amerikaner −, der mit der Bestrafung des Mexikaners endete, und um die Verzögerung der Absendung eines amerikanischen Kabels aus der Stadt Mexiko um einige Stunden. Aus diesen zwei Bagatellen machte Wilson wider besseres Wissen eine Haupt- und Staatsaktion. Er legte eine Entschließung vor, die die »Anwendung der Waffengewalt der Vereinigten Staaten« forderte und billigte.

Während sich die Abgeordneten noch in patriotischen Reden gegen Mexiko ergingen, schuf Wilson vollendete Tatsachen. Auf die Meldung hin, daß ein deutscher Dampfer mit Waffen für Huerta sich Veracruz nähere, befahl der Präsident am 21. April die Besetzung des Hafens. Dabei bildete Huerta immerhin die tatsächliche Regierung Mexikos, und die USA selbst hatten schon Monate vorher die Waffensperre aufgehoben,wobei sie allerdings nur die Gegner Huertas bewaffneten. In der Tat wurden jetzt ohne Kriegserklärung feindliche Handlungen eröffnet, Veracruz von den Marinetruppen der USA besetzt und ein Massaker unter der Bevölkerung angerichtet. So der wichtigsten strategischen und finanziellen Basis beraubt, mußte Huerta bald seinen von den USA geförderten inneren Gegnern weichen. Diese waren − das wurde 1919 bei der Untersuchung des zuständigen Senatsausschusses der USA bestätigt, mit Geldern der Standard Oil überschüttet worden.

Allerdings, einmal zur Macht gekommen, erwies sich Carranza, auf den die USA im Kampf gegen Huerta gesetzt hatten, keineswegs als das gefügige Instrument Wallstreets. Er hatte die Stirn, die Erdschätze Mexikos, also auch das Petroleum, als Nationaleigentum zu erklären. Angesichts dieser Anmaßung, daß ein Volk Herr der Bodenschätze seines eigenen Landes sein will, bemächtigte sich der Regierung der Ölleute in Washington ein solcher Zorn, daß sie erstens gleich eine neue Gegenrevolution zu organisieren trachteten und zweitens 1919 auf der Versailler Friedenskonferenz beantragten, Mexiko nicht in den neu errichteten Völkerbund aufzunehmen. Wem fallen da nicht sofort die zeitgenössischen Intrigen der USA gegen die Aufnahme der südosteuropäischen Volksdemokratien und Volkschinas in die Organisation der Vereinten Nationen ein? Später stellte sich heraus, daß Venezuela noch weit ergiebigere Ölquellen besitzt als Mexiko, so daß die Interventionslust der USA gedämpft wurde, wozu allerdings die Entschlossenheit des mexikanischen Volkes zur Wahrung seiner Souveränität ganz entscheidend beitrug.

* Aus: Albert Norden: So werden Kriege gemacht! Über Hintergründe und Technik der Aggression. Dietz Verlag Berlin, 1950, S. 9−11

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