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Der erste Tag des Indigenen Treffens in Vicam

La Jornada vom 13.10.2007
Hermann Bellinghausen
übersetzt von Dana

 

Vícam, Sonora: "Das Treffen findet statt", trotz Manöver der Mächtigen um es zu verhindern
Indigenas denunzieren den Raub und die Verachtung, die ihre Völker erleiden
Delegierte aus den US, Kanada, Mexiko, Mittel- und Südamerika, treffen sich um sich untereinander zu einigen

Vícam, Sonora, 12. Oktober. In den Worten von Señor Félix Serdán, das Treffen der Indigenen Völker von Amerika ist "wunderschön". Seine Freude erstrahlt förmlich aus seinem geschrumpften Körper. Er ist der älteste hier, und auch der kleinste. Deshalb gilt der alte jaramilistische Kämpfer, der seit 1994 ein Zapatista ist, bei diesem kontinentalen Treffen von überwiegend jungen Delegierten aus dem Norden, Mitte und Süden Amerikas auch als der größte − in allen Bedeutungen des Wortes − und hält einen Ehrenplatz unter den 1500 Teilnehmern.

Ihm gegenüber steht die philosophische Schwere von Señor Juan Chávez, der mit geduldiger ausgedehnter Rede im Schatten eines Schuppens nahe der Eisenbahnlinie, die Desinformation, die Lügen und die Drohungen der Regierungen und der Medien beklagt, die versuchten die heutige Veranstaltung in Vicam zu verzerrt darzustellen. Aber wie in einer Verschachtelung von Paradoxen, die sich gegenseitig enthalten, erklärt der Repräsentant der Purépecha mit Zufriedenheit: "das Treffen findet statt". Das heißt, die heimtückischen Lügen und die Spaltungen unter den Indigenas, die von der Macht erwartungsgemäß provoziert wurden, haben es nicht geschafft die Verwirklichung dieser internationalen Konklave zu verhindern. Er gibt zu, dass es Augenblicke gab, in denen das Nationale Indigene Kongress befürchtet hatte den Austragungsort ändern zu müssen. Sie waren auf diese Möglichkeit vorbereitet.

"Wir werden lernen zu leben"

Juli Sandoval, einem alter Triqui-Anführer im Exil in Baja California und ehemaliger politischer Häftling, sind Paradoxe ebenso wenig fremd. Ausholend erzählt er von der schmerzhaften Lage seines Volkes, dem Rosenkranz feiger Morde, in den sich seine Brüder in den fernen Sierras von Oaxaca verfangen haben, die im Verlauf der Triqui Diaspora nach D.F., dem Tal von San Quintin, den Feldern von Sonora und der Vereinigten Staaten strömen. Und mit Tränen des Schmerzes ruft er voller Überzeugung: "aber es gibt eine Lösung. Wir werden miteinander sprechen und uns verstehen. Wir Triquis werden lernen zu leben".

Diese drei Männer, die nicht erst gestern geboren wurden, bezeichnen die Koordinaten der indigenen Kämpfe für die Verteidigung ihrer Würde, ihrer Rechte und Freiheiten, ihren Jahrhunderte langen Widerstand, der am Horizont bereits schon das Morgengrauen eines anderen, besseren Lebens für die Völker des Landes und des Kontinents erblickt.

Am ganzen gestrigen Nachmittag, boten Delegierte aus Kanada eloquente Darstellungen ihrer gedemütigten und ausgeraubten Völker dar. An diesem Morgen waren die Repräsentanten aus den Vereinigten Staaten dran, und am Nachmittag sind die Vertreter aus Mittel- und Südamerika an der Reihe. Verschiedene Geschichten, die sich doch so gleichen, sind gekommen um sich im Tal des Yaqui Flusses zu treffen, und das Überleben und die Entschlossenheit zu vereinen, keinen einzigen Schlüssel ihrer Zukunft mehr zu verlieren.

Am vorhergehenden Día de la Raza (Tag der indigenen Rasse) gingen die Geschichten und Zeugnisse der eingeborenen Völker weiter. Der Schmerz der Lakota und Omaha, die von ihren Siedlungsgründen in Dakota nach Nebraska vertrieben worden sind, wurde in der Stimme junger Frauen vermittelt, die hinter sich einen Banner mit dem Gesicht von Leonard Peltier aufgezogen hatten. Der indigene Anführer befindet sich bereits schon seit 30 Jahren im Gefängnis, weniger für den Mord den er nicht begangen hat, als dafür eine Hoffnung für sein Volk darzustellen. In ihm sind alle politischen Gefangenen der Vereinigten Staaten verkörpert.

Geschichten, die gemeinsam gehen möchten um sich zu einer neuen, erstaunlichen Schöpfung zusammenzuschließen: die Vereinigung aller, in dem Jahrhunderte alten Wunderwerk ihres Überlebens, das bis heute ihre größte Erfindung ist. Der Widerstand kann ein Schmerz sein aber auch ein Kunstwerk, jenseits der verweigerten Gerechtigkeit, der Enteignung von Flüssen, Seen und heilige Stätten durch Bergbau- oder Stromkonzerne (wie Pacific, Gas and Electric), im Rahmen des "Energiekolonialismus", der von Estella de la Mañana angeprangert wird, eine junge Achinawi, die der Regierung der Vereinigten Staaten vorwirft, die heiligen Seen ihres Volkes in Touristenzentren zu verwandeln.

Die Reservatflecken, die in Kasinos für die Weißen verwandelt wurden, hatten auch in Mexiko so herausragende Befürworter und Stammkunden, wie die Ex-Funktionärin der Fox-Regierung Xóchitl Gálvez, die Leiterin der Nationalkommission für die Entwicklung der Indigenen Völker (CNI) gewesen ist, und somit eine "Ingenieurin" der Kooptierung und Spaltung der indigenen Völker von Chiapas bis Sonora und Coahuila.

Ohne sie direkt beim Namen zu nennen, erklärte Juan Chávez, dass die CDI vom Nationalen Indigenistischen Institut die Rolle eines " langfristig größeren Übels" für die indigenen Völker des Landes geerbt hat. Korruption, Spaltung, Schwächung, Bildungsverlust, desintegrierende "Integration". Clive, ein Repräsentant der Diné, das zahlreichste indigene Volk der Vereinigten Staaten, mit einem bunten Maiskolben in den Händen, war mit dem Hopi Repräsentanten einer Meinung, die indigenen "Regierungen" abzuerkennen, die vom Staat kreiert wurden um Spaltungen zu schaffen und den "legalen" Verkauf ihrer Gebiete zu erwirken. Er erklärte ebenfalls "Wir erkennen die Regierung der Vereinigten Staaten nicht an".

Inwiefern unterscheiden sich diese Erfahrungen von denen der Yoreme in Sonora; der Tzotziles in Chiapas oder der Triquis und Mixteken in Oaxaca? Am gleichen Tag veröffentlichte die Tageszeitung El Imparcial de Hermosillo große Photos von Gouverneur Eduardo Bours und den prächtigen Pferden auf seiner gewaltigen Ranch, auf der er neulich von seiner Stute Ángela abgeworfen wurde und sich fünf Rippen gebrochen hat. Der Gouverneur ließ sich auch mit seinem Team von Pferdetreibern ablichten, um sich nicht nachsagen zu lassen, er würde sich nicht mit dem arbeitenden Volk abgeben.

In diesem Szenario erhalten die traurig-optimistischen Worte von Juan Chávez und Julio Sandoval einen fast komischen Sinn. "Das was uns Triquis fehlt ist der Mut uns zu bessern, und gegenseitig zu lieben, und uns zu einigen. Wenn Gott mich am Leben lässt, werde ich von jetzt an daran arbeiten", sagte Sandoval zwischen einem Lächeln und Tränen der Zufriedenheit.

 Quelle:  
  https://www.jornada.com.mx/2007/10/13/index.php?section=politica&article=005n1pol 
 

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