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Reform des Arbeitsrecht darf nicht zum Blankoscheck für Unternehmer werden

Zapapres-Import vom 10.05.2003

  (jk/ zapapres, 10.05.03) Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte Mexicos organisierten die unabhängigen Gewerkschaften zusammen mit den wichtigsten oppositionellen Campesino-Organisationen die zentrale Demonstration in Mexico- Stadt am 1. Mai , dem internationalen «Tag der Arbeit".

Auslöser für dieses Aktionsbündnis zwischen der UNT, der Nationalen Union der Arbeiter, der SME, der Gewerkschaft der Beschäftigten der (noch staatlichen) Elektrizitätswerke, der Mexikanischen Gewerkschaftsfront und der Bewegung «El Campo no aguanta más", der Agrarbereich erduldet nichts mehr, unter anderen Organisationen, ist die Initiative der Regierung, die Arbeitsgesetzgebung zu «reformieren" − mit anderen Worten: kompatibel zu machen mit den Anforderungen der Modernisierung und Globalisierung.

Für die oppositionellen städtischen und ländlichen ArbeitnehmerInnenorganisationen beinhaltet diese geplante Reform jedoch einen massiven Angriff auf die noch in der Verfassung und der Arbeitsgesetzgebung verankerten sozialen und Arbeitsrechte. «Ungeachtet der offiziellen Diskurse von Regierungs- und Unternehmervertretern − erklärte der Gewerkschaftsführer der SME − handelt es sich bei der Gesetzesinitiative der Regierung um einen Angriff auf historische Rechte der Beschäftigten".

Heute müssen die lohnabhängig Beschäftigten erneut einen «heftigen und beharrlichen Kampf gegen den `capitalismo salvaje´, den ungezähmten Kapitalismus führen, der allein die Profitinteressen mit allen Mitteln durchsetzen will".

Die Spaltung der mexikanischen ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung, die sich seit dem Ausbruch der Verschuldungskrise Anfang der 80er Jahre, aber auch mit der Wahlniederlage der Staatspartei PRI im Jahre 2000 vertieft hat, wird auch in der Haltung zur geplanten Reform des Arbeitsrechtes deutlich.

Während die Vertreter des «offiziellen" Gewerkschaftsspektrums, das sich heute als «neue" Gewerkschaftsbewegung autoproklamiert, in «Los Pinos", dem Wohn- und Amtssitz des mexikanischen Präsidenten der Regierung unter Vicente Fox ihre Unterstützung für die Durchsetzung der Reform des «Ley Federal de Trabajo" zusicherten, demonstrierten Zehntausende auf dem Zócalo, vor dem Regierungspalast gegen diese Gesetzesreform.

Die «Allianz" zwischen den offiziellen Gewerkschaftsstrukturen, die früher einen Teil der Staatspartei bildeten, mit der aktuellen Regierung ist symptomatisch für viele weitere Interessensidentitäten und Übereinstimmungen in wichtigen ideologischen Positionen zwischen der früheren und jetzigen Regierungspartei.

In einer gemeinsamen Gesetzesinitiative hatten im vergangenen Dezember die Fraktionsvorstände der PRI und PAN die so heftig umstrittenen Reformvorschläge des Arbeitsministers im Parlament eingebracht, eine Reform, die eigentlich noch unter Salinas de Gortari Anfang der 90er Jahre Gesetzesrealität werden sollte. Trotz faktischer Mehrheit der PRI und PAN im Parlament konnte die Reform wegen der innerparteilichen Opposition in der PRI in den vergangenen Monaten noch nicht verabschiedet werden.

Analog zur gegenwärtigen Debatte in der Bundesrepublik um die Reform des Sozialstaates steht auch in Mexico im Mittelpunkt der Auseinandersetzung die Frage: Wer soll die Lasten der Reform tragen? Aber auch die Frage: Was bedeutet soziale Gerechtigkeit? Und wie kann sie erreicht werden?

Die wichtigsten Vertreter der Opposition zu diesem Gesetz bestreiten in keiner Weise die Notwendigkeit einer Reform des Arbeitsrechtes, dessen Grundzüge Anfang des letzten Jahrhunderts auf der Grundlage des Artikels 123 der mexikanischen nachrevolutionären Verfassung entwickelt worden war.

Ihre Kritik konzentriert sich auf die herrschende Logik der Unterordnung der Politik unter die tatsächlichen oder vermeintlichen Erfordernisse der Makroökonomie. «Basta ya! Es reicht, dass die vorgeschlagene Reform isoliert von der Debatte um die Reform des Staates und der Notwendigkeit einer radikalen änderung der aktuellen Wirtschafts- und Sozialpolitik diskutiert wird", erklärte der Sprecher der Beschäftigten der UNAM, der Nationalen Autonomen Universität Mexicos.

Von den sozialen Kräfteverhältnissen m Druck, aber auch von den zukünftigen Mehrheitsverhältnissen nach der Parlamentswahl im Sommer dieses Jahres wird es abhängen, ob die Initiative des Arbeitsministers Carlos Abascal Carranza so wie geplant Gesetzeswirklichkeit werden wird.

«Sollte diese offizielle Reforminitiative nicht verändert und unsere Forderungen nicht aufgegriffen werden, dann werden wir das Land lahm legen und mit allen Mitteln diese Reform verhindern", lautet die Herausforderung der Vertreter des Aktionsbündnisses an die Regierung.


Quelle: Zapapres
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