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Die EZLN in Queretaro
Marcos’ Rede erweckt das Gewissen der Opposition in Queretaro
La Jornada vom 02.03.2007 |
Hermann Bellinghausen |
übersetzt von Dana |
Querétaro, Querétaro.
1. März.
Subcomandante Marcos antwortete an diesem Nachmittag mit einer satirisch-politischen Rede ausführlich auf die wiederholten Drohungen einer Hinrichtung, die von dem Gouverneur von Queretaro, Ignacio Loyola Vera, in den letzten Tagen geäussert worden waren.
Als die zapatistische Karavane nach einem wechselvollen Tag Queretaro erreichte, fanden sie eine Menschenmasse vor, die unverzagt sechs Stunden lang auf dem Zentralplaza auf sie gewartet hatte.
Die EZLN Delegierten wurden von der Zivilgesellschaft von Queretaro und Ñahñu Indigenas empfangen. Am Anfang der Präsentation der Zapatisten sagte Comandante Tacho: "Wir wussten dass all dies eines Tages geschehen würde, aber wir wussten nicht zu welcher Jahreszeit und wie es geschehen würde. Jetzt ist diese Zeit gekommen."
Nach dem ersten Applaus fuhr Comandate Tacho auf die mexikanische Vielfalt anspielend fort: "Die Vielfalt der Farben die wir sind, hat ihren Platz unter allen Farben. Wir sehen uns gegenseitig an, und jede Farbe ist genauso wichtig."
Auf den Widerstand anspielend dem die Zapatisten bei ihrer Reise durch mehrere Staaten der Republik begegnet waren sagte Comandate Tacho: "Die Leute fangen an viel Lärm für die die regieren zu machen. Sie konnten sich nicht einmal selbst in all dem Lärm hören den sie machten." Das letztere galt den neusten Beispielen von PAN Propaganda in den Gebieten von Queretaro.
Nach stürmischen Vivas auf die EZLN und auf Tacho, lieferte Subcomandante Marcos eine feurige Rede, die mit wechselvollem Rhythmus und Ton, in diese Stadt, die in dem ultramontansten und inquisitionsähnlichsten Traum all jener zu schlummern scheint, die dabei sind die neue politische Landkarte Mexikos einzuzeichnen, neue Gefühle der Opposition entfachte.
Durito und der Scharfrichter
Die mehrere tausend Menschen, die sechs Stunden auf dem Zentralplaza gewartet hatten um die Zapatisten zu hören, verbargen ihre Begeisterung nicht als Comandante Tacho am Schluss der Veranstaltung verkündete: "Und was glaubt ihr wer als nächster drankommt?"
Eine Energie der Opposition baut sich hier auf, wie sie die Zapatisten in keinem anderen Staat hervorgeweckt haben. Bisher hatten sie sich nicht − jedenfalls nicht viel − zu den Staatsregierungen geäussert. Aber in Queretaro erweckte Subcomandante Marcos’ Ansprache eine anti-Loyola Welle von solcher Stärke, dass der PAN-Führer jetzt einen neuen Spitznamen hat: "Firuláis."
"Ich werde versuchen nicht zu lange zu machen, weil sie uns bald holen kommen werden um uns im Cerro de las Campanas hinzurichten." fing Marcos an. "Und dehalb fangen wir damit an, dem selbsternannten Gouverneuren von Queretaro eine Geschichtsstunde zu geben, vollkommen gratis."
Ein Sprechchorus unterbrach ihn: "Duro, duro, duro," und Marcos fuhr fort: "Ignacio ’Firuláis’ Loyola. Vor langer Zeit, während der Jahre der Französischen Intervention, befand sich das mexikanische Volk inmitten einer Offensive gegen Kaiser Maximillian von Habsburg. Der Kaiser war gezwungen Mexiko Stadt aufzugeben, und suchte Zuflucht in die Stadt von Queretaro. Die Regierung von Queretaro befand sich damals, wie heute, in den Händen einer reaktionären Person."
"Die Juárez Armee griff das Plaza an und begann die Belagerung von Queretaro, an einem Tag wie heute, am 1. März, aber in 1887. Am 15. März übergab Maximillian sein Schwert, und wurde in dem Cerro de las Campanas am
19. Juli 1867 um 7.15 Uhr Vormittags hingerichtet."
Im veränderten Tonfall fuhr der Subcomandante fort:
"Wenn ’Firuláis’ Loyola die Geschichte des Staates den er zu regieren behauptet kennen würde, hätte er erkannt dass es eine konservative Regierung wie die seine war, die von einer patriotischen Armee wie die unsere, besiegt wurde. Diejenigen die am Ende im Cerro de las Campanas hingerichtet wurden waren Konservative. Und wenn wir die nationale Geschichte aufgreifen wollen, werden wir das richtig tun und angemessen handeln."
"Wir sind zutiefst dankbar für die Publicityarbeit für diesen Marsch, die ’Firuláis’ Loyola, in seiner Arroganz und Dummheit geleistet hat." In einer ungewöhnlich satirischen Rede, die die Zuhörer in Bann schlug, hielt Marcos nichts zurück:
"Der intolerante Gouverneur von Queretaro hat etwas erreicht woran wir noch nicht einmal im Traum gedacht hatten: dass wir nach Queretaro kommen würden. Wir sind so dankbar, dass wir ihm ein Geschenk mitgebracht haben... ein Knochen,". Geringschätzig liess er ein Stück Papier fallen auf dem ein Knochen gezeichnet war und vom Wind aufgegriffen wurde.
"Wir weden das hierlassen, weil sie uns jetzt hinrichten werden, und wir werden nicht in der Lage sein es persönlich abzuliefern. Wir hören, dass er nicht willens ist das Erschiessungskommando selbst zu leiten, aus Angst, dass sie ihn anstelle von uns erschiessen werden."
Rufe von "Ihr seid nicht allein" gewährten ihm eine Pause.
Um von Stiefel zu sprechen
Der Rebellenführer berichtete vor der vollen Plaza, dass in Tephé in der Nacht zuvor von einem Versicherungsvertreter besucht worden waren.
"Obwohl die Versicherungspolice auch ’von Idioten angeordnete Hinrichtungen’ deckte, mussten wir um einen Bankkredit ersuchen. Und zusätzlich dazu, dass sie uns hinrichten wollen, wollen sie uns jetzt auch noch unsere Stiefel wegnehmen. Die Leute von der Bank sagen nämlich dass sie die Art Stiefel die wir verwenden nicht mögen. Sie ziehen eine andere Art von Stiefel vor (*) "Egal, wenn sie keine Zeit haben uns heute hinzurichten, können sie das in ein paar Tagen nochmal versuchen, weil sie wissen dass die Mitglieder des Kongresses vorhaben mit der zapatistischen Delegation in ein Dialog zu treten, in der Wiege unserer gegenwärtigen Verfassung."
Und er wiederholte wie es alle Sprecher der Delegation auf allen Wegen und Plazas tun:
"Das wird uns nicht aufhalten. Auch wenn sie uns unter noch mehr Überwachung stellen, wir werden mit dem Bundeskongress in einen Dialog treten um die Anerkennung der indigenen Rechte und Kultur zu erreichen."
Vor Kameras und Mikrophone, im sehr mexikanischen Stil, nahm er von der Gelegenheit wahr noch nicht hingerichtet worden zu sein "um unseren zapatistischen Brüdern, Sergio Jerónimo Sánchez and Anselmo Pérez Robles, die im Gefängnis von Queretaro eingesperrt sind zu sagen, dass sie nicht traurig sein müssen, sie werden bald freikommen, und ihr Platz im Gefängnis wird bald von dem eingenommen werden, der zur Zeit diesen Staat regiert. Wir sind auch gekommen um euch etwas zu sagen, das uns die Zivilgesellschaft von Queretaro gelehrt hat: ihr seid nicht allein."
Der Ton der Rede rief Erstaunen und Begeisterung hervor:
"Unsere Forderung ist nicht länger nur die unsere. Hunderte von Tausende von Mexikaner die wir in den letzten Tagen getroffen haben machten sie zu der ihren, und es ist sicher, dass die Millionen die wir nocht auf unsere Reise in die Landeshauptstadt sie zu der ihren machen werden."
Und schon wieder wechselte er den Rhythmus:
"Nun, das heisst, wenn die Hinrichtung unserer Gesundheit nicht ein wenig schadet, oder sie uns die Reifen unserer Buse nicht zerstechen."
Zwischen Winken zu den Barzonistas, spielte Marcos auf Traktoren, Pflüge und Gouverneure an und sagte:
"Die Menschen von Queretaro haben von den Zapatisten nichts zu befürchten. Wir sind gekommen um sie in Frieden zu rufen, aber zu rufen um mit uns für die konstitutionelle Anerkennung der indigenen Rechte und Kultur zu kämpfen."
Rufe von "E-zeta-ele-ene" veranlassten ihn paradoxerweise einen neuen Wechsel in Ton und Rhythmus einzulegen: "Hoffentlich werden ich gerade erst sauer, aber vertraut mir, wir haben noch nicht einmal richtig angefangen."
Augenbinde verboten
"Wir waren so friedlich in der Selva Lacandona, die Einsamkeit geniessend die uns von 60.000 Soldaten gewährt wird, die unsere nationale Sicherheit mit solchen Arbeiten sichern wie Haareschneiden und die Häuser von Tojolabal und zapatistische Indigenas in Guadalupe Tepeyac als Bordelle zu benutzen, während sie weiterhin in Exil verbleiben."
Laut Subcomandante Marcos hatten die Zapatisten bereits die schnellste und sicherste Route gefunden, "aber nachdem wir die Landkarten sehr sorgfältig überprüften kamen wir zu dem Schluss, dass die schnellste und sicherste Route die ist, die durch die Herzen der Menschen führt."
Marcos zitierte Jacinto Canek, "ein grosser, weiser Mann und Maya Häuptling," der lehrte dass "zusätzlich zu Wissen, Emotionen − das heisst Gefühle − auch ein Mittel um zu der Wahrheit der Dinge durchzudringen sind. Es ist auch ein Weg für den anderen diese Wahrheit zu lernen. Das letztere hat Canek nicht gesagt, das sage ich, aber achtet nicht zu sehr auf mich, so bin ich immer vor meiner Hinrichtung. Es ist mir schon mal passiert."
Dann, fast an Pascal erinnernd fügte er hinzu:
"Manchmal kann man mit dem Herzen wissen und nicht mit dem Verstand. Es gibt Zeiten wenn Wissen nur durch das Herz möglich ist. Na gut, das haben unsere indigene Vorfahren auch nicht gesagt, aber ich wünschte mir sie hätten das gesagt."
Er dankte der Menschenmenge von Queretaro, die ihm zujubelten und ihre Unterstützung für die zapatistischen Forderungen ausdrückten. Und fügte noch ein Postskriptum hinzu:
"Jetzt da sie uns hinrichten werden, möchten wir nicht dass sie uns die Augen verbinden. Seit dem 1. Januar 1994 ist das Verbinden von irgendjemandens Augen in diesem Land verboten."
Im Anschluss und wegen des Unfalls dass an diesem Morgen stattgefunden hatte, verkündete Marcos dass die zapatistische Delegation die Nacht hier verbringen würde. Die Leute riefen: "Willkommen".
In dieser Nacht wurde die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung im Kloster von La Balbanera, ausserhalbs des Querétaro Konvents empfangen, Unter dem entschlossenen Schutz einer besorgten Zivilgesellschaft, ein unzugänglicher Ort. Währenddessen schliefen die Mitglieder der Karavane, die die Rebellen zu Tausende begleiteten, im Corregidora Stadion.
(* Vicente Fox handelt mit Stiefel)
Quelle: | |||
https://www.jornada.com.mx/ | |||
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