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Wahlniederlage der PRI in Chiapas

Bessere Bedingungen für eine Friedenslösung?

Zapapres-Import vom 23.08.2000

  Mit 53% hat der Kandidat der breiten Oppositionsallianz Pablo Salazar die Gouverneurswahlen am 20. August in Chiapas gegen den Kandidaten der ehemaligen Staatspartei PRI, der 44% auf sich vereinigen konnte, gewonnen.

Nach dem epochalen Wahlsieg des rechten Oppositionskandidaten Vicente Fox bei den mexikanischen Präsidentschaftswahlen war der Wahlausgang in Chiapas für viele internationale Medien keine bedeutende Neuigkeit mehr. Mexiko gilt nun, nachdem die Macht der Revolutionären Institutionellen Partei (PRI) gebrochen zu sein scheint, als ein Land, in dem demokratische Verhältnisse herrschen.

Auch in Chiapas, wo die schlechte Zentralregierung eines der Haupthindernisse für eine Friedenslösung mit den aufständischen Zapatistas darstellte, stehen nun die Zeichen auf Entspannung aber es gibt auch widersprüchliche Einschätzungen.

Trotz Mord, Urnenfälschung, Stimmenkauf und Auszählungsbetrug am Wahltag konnte die PRI in Chiapas ihre Niederlage nicht aufhalten. Nur eine Beseitigung des Wahlsiegers Salazar wird den Regierungsantritt der Oppositionsallianz im Dezember noch verhindern können. In dieser Situation ist zu befürchten, daß sich die Position der Verlierer verhärtet und stärker auf die paramilitärische Karte gesetzt wird, um die zukünftigen Regierungen in Bund und Land davon abzuhalten, auf die Forderungen der zapatistischen Gegenseite einzugehen.

Die paramilitärischen Organisation Paz y Justicia fährt dabei eine interessante Strategie: Bereits im Juni hat sich als autonom gegenüber der Regierung erklärt − wohl mit dem Ziel, eine Gleichbehandlung einzufordern, falls es im Zuge von Verhandlungen mit der EZLN zu Zugeständnissen an die autonomen Gemeinden kommt. Gleichzeitig forciert sie die Angriffe auf prozapatistische Siedlungen, wie z.B. am 3. August, als die Paramilitärs mit Handgranaten und Gewehrsalven 60 Familien aus Paraíso im Landkreis Yajalón vertrieben, deren Haustiere ermordeten und Häuser und Besitz verbrannten.

Pablo Salazar hat, wenn er die Regierung übernimmt, ein Minenfeld vor sich. Zwar ist es ihm gelungen, am 20. August die Stimmen gegen die PRI auf sich zu vereinigen, doch sein Wahlbündnis besteht aus 8 untereinander zerstrittenen und in sich gespaltenen Parteien. So hängt sein Regierungserfolg vor allem von seinem eigenen Charisma und Geschick sowie der Kooperation der Verwaltung, die noch vollständig von der ehemaligen Staatspartei PRI beherrscht wird, ab. Auch die Mehrheit der Gemeindebürgermeister, im Parlament von Chiapas, der chiapanekischen Abgeordneten im Bundesparlament und Senat stellt weiterhin die PRI.

Die in den Konfliktzonen massiv stationierten Armee-, Bundes- und Migrationspolizei- Einheiten unterstehen nicht seiner Regierung sondern dem Befehl der Bundesregierung und verfolgen z.T. auch eigene Interessen, z.B. im Drogenhandel. Werden sich Sicherheitskräfte und Armee wirklich aus den Konfliktzonen zurückzuziehen, wenn ihre Interessen gefährdet sind, oder sogar gegen ihre Mitkämpfer bei den paramilitärischen Verbänden vorgehen, wenn Sie den Befehl dazu erhalten?

Die Ursachen der Konflikte in Chiapas sind zu komplex und zu alt, als daß sie innerhalb einer Legislaturperiode von sechs Jahren und gar mit plakativen Versprechen, wie sie der zukünftige Präsident Fox macht, gelöst werden könnten. Die Basis der zapatistischen Befreiungsbewegung und viele andere Beobachter haben Zweifel an die in Salazar gesteckten Erwartungen; schließlich setzte er sich erst letztes Jahr aus der PRI ab und versucht sich seither als Alternative zum System zu profilieren. Im Jahr 1994, als der zapatistische Aufstand begann, war er noch in der chiapanekischen Exekutive tätig und hatte später einen Senatorenposten inne. Die Medien sehen die EZLN bereits als Verlierer im aktuellen Prozeß, wenn sie nicht die ihr nachgesagte unnachgiebige Haltung aufgibt. Intellektuelle prophezeien dem EZLN-Subkommandanten Marcos bereits, er würde früher oder später von den indigenen Gemeinden verstoßen werden, weil er diesen nichts mehr nütze. Die EZLN hüllt sich seit ihrem Kommuniqué zur Präsidentschaftswahl, durch die sie keine Veränderung für Mexiko sieht, in Schweigen und wird deshalb erneut kritisiert. Vergessen scheinen die langen Phasen der internen Beratungen bei der EZLN in ihren Dörfern, auf die für die mexikanische Gesellschaft überraschende bedeutsame Mobilisierungen wie z.B. landesweite Umfragen über den Friedensprozeß oder breite Kongresse mit internationaler Beteiligung folgten.

Salazar hat die Chance erhalten, von oben Veränderungen in Chiapas zu initiieren. Doch diese Veränderungen werden an der Blockade der alten Kräfte um PRI, Verwaltungsapparat und Paramilitärs scheitern, wenn die zapatistische und andere soziale Bewegungen nicht eine eigenständige Antwort auf die sich in Chiapas und ganz Mexiko erneuernden Machtverhältnisse finden.

gh / ZAPAPRES, Hamburg, 23.08.2000


Quelle: Zapapres
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