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Big Mac? Nicht für die Maquiladora-ArbeiterInnen

Zapapres-Import vom 05.12.1995
übersetzt von gh/ZAPAPRES

  Sam Dillon, N.Y. Times News Service, LatinoLink Enterprises Inc., 5 Dez. 1995
(Übersetzung/Bearbeitung: gh / ZAPAPRES, Dezember 1995)


Manchmal macht Ana Serratos ihre Pause vor dem McDonald-Restaurant in Ciudad Juarez, aber sie widersteht der Versuchung, rein zu gehen. Für Fast Food reichen ihre Mittel nicht. Ein Big Mac, ein _ Liter Cola und Pommes kosten 3,05 Dollar − ein ganzer Tageslohn für Frau Serratos. 35 Cent pro Stunde verdient sie durch das Einwickeln elektrischer Kabelbündel in einem Fertigungsbetrieb in Ciudad Juarez. "Was Menschen in Eurem Land in einer Stunde verdienen, dafür müssen wir einen ganzen Tag schuften", erzählt die 32 jährige Frau Serratos einem us-amerikanischen Besucher während eines Familientreffens in einem Vorort voller schmutziger Straßen.

"Diese Kompanien aus den Vereinigten Staaten und Japan zahlen den Leuten nicht, was sie sollten. Sie kommen, um uns mit Arbeit zu töten!" Dann macht sie eine Pause, überlegt. "Aber wir müssen anerkennen, daß sie wichtig für Ciudad Juarez sind."

In den letzten 25 Jahren haben über 310 meist ausländische Fertigungsbetriebe, genannt Maquiladoras, hier in Ciudad Juarez aufgrund der billigen Arbeitskräfte und spezieller Steuererleichterungen angefangen. Sie sind zum bestimmenden Faktor des Lebens in dieser staubigen Stadt jenseits des Rio Grande bei El Paso geworden.

We Frau Serratos arbeiten auch sechs ihrer Familienangehörigen in den Maquiladoras und tun es tausenden anderer Familien gleich, die auch im täglichen Rhythmus zu den Fertigungsbetrieben gehen, wo mehr als 150.000 der 1,2 Mio. BewohnerInnen angestellt sind.

Die Stadt wächst schnell und der 40-jährige Bürgermeister, Ramon Galindo, von der wirtschaftsnahen (und erzkonservativen, d. Übs.) Partei der Nationalen Aktion, erklärt, er hoffe noch mehr Maquiladorabetriebe nach Ciudad Juarez zu locken. Aber während eines Interviews in seinem Amtsbüro stellt er auch fest, ein kritisches Problem für die Stadt sie die Tatsache, daß die Mehrheit der Steuerzahlenden lediglich den Mindestlohns in Höhe von 18 Dollar oder etwas mehr verdiene. "Wir schaffen eine enorme Menge an elendig armen Menschen", erklärt er.

Der mexikanische Mindestlohn, der von Region zu Region variiert, wird am 4. Dezember um zehn Prozent heraufgesetzt; dadurch beträgt der neue Mindestverdienst rund 20 Dollar wöchentlich. Diese Anhebung erfolgt, nachdem die mexikanischen Löhne letztes Jahr um 30 Prozent abgewertet wurden. Weil die Bürger von Ciudad Juarez wenig zu geben haben und die Maquiladoras es erfordern, wenig zu vergeben, erzielt die Stadt − so Galindo − nur magere Steuereinnahmen. Um noch eins drauf zu geben, kassiert die mexikanische Bundesregierung 90% der Mindeststeuern, die die Maquiladora-Betriebe nach Mexiko-Stadt abführen.

"Unser Problem ist, wo das ganze Geld hin geht, was eigentlich für staatliche Dienstleistungen für all diese Menschen da sein sollte", sagt Galindo.

Der gesamte städtische Haushalt betrug 1995 laut Auskunft von Jesus Abrego López, Direktor für ökonomische Entwicklung von Ciudad Juarez, gerade mal 37 Millionen Dollar.

Die Stadt ist mit einem weiteren riesigen Problem konfrontiert: Die Arbeitersiedlungen, in denen die meisten bereits ihr Trinkwasser mit Kannen von Tanklastern holen müssen, wachsen in die Wüste hinein und das Wasser geht noch mehr zurück.

"Wir benötigen riesige Investitionen, um immer tieferer Brunnen auszuheben, aber die Stadt hat kein Geld", erklärt Vicente Jaime, Herausgeber der Tageszeitung Norte.

Entlang der schlaglochreichen Autobahn zum Flughafen von Ciudad Juarez reparieren fünf junge Männer, alles Maquiladora-Arbeiter, ein Auto. Ihre Löhne variieren nach ihren Angaben von 68 Cent pro Stunde, die Gerardo Hernández für das Lochen von Gehäusen für Elektromotoren erhält, bis zu 1,06 Dollar pro Stunde, die Ivan Villanueva als Wartungsmechaniker in einem Betrieb für Sitzbezüge bekommt. Es sind gute Jobs, meinen sie; und was Ciudad Juarez attraktiv macht, ist, daß es mehr als genug Arbeit gibt.

"Wenn du die Arbeit nicht magst, kannst du über die Straße gehen und eine andere bekommen", meint Ruben Herníndez, der Bruder von Gerardo.

Der 26-jährige Cesar de la Rosa, Vorarbeiter in einer Reparaturbetrieb für Hausgeräte, zählt die Vorteile der Beschäftigung im Maquiladora-Sektor auf: Arbeiter sind berechtigt, im mexikanischen Sozialversicherungssystem Mitglied zu werden. Dies bedeutet niedrige Arzneimittelkosten.

Daß schwangere Frauen ohne weiteres vor die Tür gesetzt werden, erwähnt de la Rosa nicht. Stattdessen lobt er die erschwinglichen Hausbaukredite, die eine andere Regierungsbehörde vergibt. De la Rosa bekommt fünf Urlaubstage im Jahr, in denen der volle Wochenlohn von 37 Dollar bezahlt wird.

Zwei Meilen entfernt, in einem anderen Arbeiterviertel, lauschen sieben Verwandte von Frau Serrato in der Ecke eines engen Wohnzimmers, wie Ana über das Leben in den Maquiladoras erzählt. Der Geruch von Würsten und Chili strömt aus der Küche und Anas Bruder Jorge, 24, bewegt sich von Glas zu Glas, um Bier nachzuschenken. Er verrät ein forsches Auftreten, als er erwähnt, daß er als Staplerfahrer in einem Betrieb namens Productos Electronicos Diversificados ein gutes Stück mehr als die Bandarbeiter erhält, nämlich 53 Cent pro Stunde.

Ein Gast fragt, ob es Gewerkschaften in Ciudad Juarez gibt, und Jorge sieht verblüfft aus. "Was ist eine Gewerkschaft?" fragt er zurück.

Aus der Sofaecke kommt ihm sein Schwager Ramon López zur Hilfe: "Das ist eine Situation, wenn du Probleme bei der Arbeit hast, und Leute versuchen, dir beim Boss zu helfen." Nach einigem Schweigen bekannt Jorge, daß er nie davon gehört habe.

Ana beschreibt ihren täglichen Weg zur Arbeit, ein zwei-stündiger Kampf in altersschwachen Bussen inklusive Umsteigen; Aufstehen um vier Uhr früh und Ankunft zuhause um sieben Uhr abends. Ihre ältere Schwester bemerkt spöttisch: "Sieh nur, wie du leiden mußt für die paar wenige Pfennige."


Quelle: Zapapres
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