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Zeugnis eines Bauernaktivisten aus Chiapas

San Cristóbal las Casas, 28.7.95

Zapapres-Import vom 28.07.1995
übersetzt von gh/ZAPAPRES

  (Interview/Übersetzung gh/ZAPAPRES, Juli 1995)

Ich heiße Francisco Javier García Ocampo. Im Jahr 1980 schloß ich mich der Bauernorganisation Emiliano Zapata − Nationale Koordination Plan von Ayala (OCEZCNPA) an. Ich möchte erzählen, wie sich die ganze Bauernbewegung entwickelt hat, wie unsere Organisation enstanden ist und trotz großer Hindernisse seit Mitte der 80er Jahre immer stärker wurde.

Bis zum Jahr 1988, als unser Vorsitzende Arturo Albórez Velasco im Auftrag des Staates ermordet wurde, spaltete sich die ganze Organisation, sowohl OCEZ als auch CNPA auf bundesweiter Ebene. Es entstanden drei Organisationen: OCEZ-süd, OCEZ-nord und zentral, und OCEZ-Grenze.

Arturo Albórez gehörte in den Jahren 1978 und 79 zu den Gründern der OCEZ in Chiapas. Anfang der 80er Jahre dachten wir bereits daran, uns offiziell anerkennen zu lassen. Arturo war ein sehr kampferfahrener Genosse und hatte am Polytechnischen Institut Architektur studiert. Er übte diesen Beruf jedoch nicht aus, sondern widmete sich ganz dem Kampf der Landbevölkerung. Er kam nach seinem Studium in der Hauptstadt in seine Heimat Chiapas zurück und entschloß sich, um seinen eigenen Lebensunterhalt zu sichern, als Lehrer in technischen-landwirtschaftlichen Oberschulen zu arbeiten. Von da aus begann er, die Menschen zu organisieren. Dann schossen die Viehzüchter auf ihn, oft wurde er verletzt, mußte die Schule und den Ort verlassen und suchte eine anderen Arbeitsplatz in einer andere Region.

In jener Zeit riefen wir zum ersten bundesweiten Kongress von OCEZ-CNPA in Mexiko auf. Damals war Estanislao Zapata "Junior", Sohn unseres Revolutionshelden, Präsident der CNPA. Wir dachte alle, daß er als Sohn Emiliano Zapatas den Kampf seines Vaters fortsetzen und die wirtschaftliche, politische, soziale, kulturelle und religiöse Krise in Chiapas und ganz Mexiko angehen würde. Zum dem Kongress, der im Jahr 1986 stattfand, luden wir Compañeros der indianischen und bäuerlichen Bevölkerung aus El Salvador, Honduras, Guatemala und Nicaragua ein, um uns mit ihnen über die Erfahrungen unserer unterschiedlichen Bewegungen auszutauschen. Dieser erste Kongress fand in Morelos, Heimat Emilianos Zapatas statt. Im Haus Zapatas, das heute ein Museum ist, begann der Kongress um 9 Uhr. Um 11:30 kam (der damalige Präsident Mexikos) Miguel de la Madrid auf den Kongress (!); dies schuf ein Klima der Verwirrung, Spannung, Unzufriedenheit, Zurückweisung, Wut und des Protests. Gemeinsam mit anderen Compañeros, die später ermordet wurden, wie Gumaro Amado aus Puebla und Arturo Albórez Velasco beschwerten wir uns, daß man uns nicht über die Teilnahme jenes Herren auf dem Kongress informiert hatte. In diesem Moment traten wir an Zapata Junior heran und teilten ihm mit, der Kongreß habe einstimmig beschlossen, sich sofort aufzulösen. Wenn er rechtzeitig über die Teilnahme de la Madrids informiert worden wäre, wäre keiner damit einverstanden gewesen. Folglich würde dein Vater Zapata, wenn er auferstehen würde, nicht nur denjenigen an deiner Seite an die Wand stellen, sondern auch dich. In diesem Moment übernahmen wir die historischen Revolutionsgemälde und die Standarte der Revolution Zapatas, weil der "Junior" die Ideale seines Vater verraten hatte, und wir diesen Verrat nicht billigten. Gleichzeitig erkannten wir ihm die Präsidentschaft unserer Organisation ab. Durch die spontane Beendigung des Kongresses entstand ein großes Durcheinander und wir empfahlen den Teilnehmern, den Ort zu verlassen. Nach der allen Herrschenden eigenen Devise "Teile und Siege" gelang es de la Madrid, die Organisation in eine demokratische CNPA und eine CNPA "Vorhut" zu spalten. Dies führte auch zur Spaltung in Chiapas in unsere OCEZ-süd und eine OCEZ-Grenze.

Wir riefen dann zu einer Kräftekonzentration der indianischen und mestizischen Campesinos von unserer Organisation und von anderen radikalen und von allen politischen Parteien unabhängigen Organisationen, mit denen wir befreundet waren, auf. Es kamen Leute aus den neun ethnischen Gruppen, Chol, Tzeltal, Tzotzil, Tojolabal, Totic, Mam und Mocho sowie Quiches und Cakchiqueles aus der Grenzegion Siete Sierra. (..) Um 11 Uhr begannen wir mit einem Volkswagen die wichtigsten Straßen der Hauptstadt (von Chiapas) abzufahren. Um 16 Uhr sollte die Demonstration mit einer Versammlung und einer Mahnwache auf dem Regierungsplatz beginnen, auf denen gegen Menschenrechtsverletzungen, die Vergewaltigung indianischer Frauen und die gewaltsame Räumung von Campesinos von ihrem eigenen Land, die von mächtigen Landbesitzern mit Geld durchgesetzt wurde, obwohl die Campesinos über eine Bescheid des Präsidenten über das Landbesitzrecht verfügten. Die Demonstration fand im März 1986 statt. Um 16 Uhr begann die Versammlung und Mahnwache aus indianischen und mestizischen Männern und Frauen. Gegen 17 Uhr nachmittags vermißte ich Arturo und es bildete sich eine Gruppe, um ihn zu suchen, die ihn jedoch nicht fand. Daraufhin wollte ich mir ein paar Säfte kaufen gehen und ihn suchen. Beim Bezahlen der Säfte erschienen drei mit Maschinenpistolen bewaffneten Individuen, die mir befahlen, in ein schwarzes Fahrzeug ohne Nummernschild einzusteigen. Sie knebelten mich, fesselten meine Hände hinter dem Rücken, verbanden meine Augen und brachten mich an einen unbekannten Ort. Sie schlugen mich immer wieder, tauchten mich mehrfach in ein Wasserloch und beschuldigten mich Verbrechen, die ich nie begangen hatte. Das Verbrechen, was sich begangen habe, ist es, Leute zu organisieren.

Danach steckten sie mich in das Gefängnis "Cerro Hueco" in der Hauptstadt des Bundesstaates und dort fand ich Arturo. In den ersten sieben Monaten Gefängnis schrieben wir viel, arbeiteten, machten eine Wandzeitung und schichten auch Communiqués an alle unabhängigen Bauernorganisationen. Nach sieben Monaten begannen wir in dem Gefängnis mit einem Hungerstreik, der zwei Monate dauerte. Einige Compañeros, Bauern und auch Landlehrer, die am Hungerstreik teilnahmen, mußten wegen ihres schlechten Gesundheitszustand in ein Hospital eingewiesen werden. Dennoch erreichten wir durch den Hungerstreik, daß 14 Bauern und vier Landlehrer freigelassen wurden. Arturo und ich konnten das Gefängnis noch nicht verlassen, ich kam nach 11 Monaten frei. Danach besuchte ich Arturo im Gefängnis und ein paar Tage, bevor sich seine Gefängniszeit jährte, gab es die Nachricht, daß er unmittelbar freigelassen werden würde. Ich ging zu Arturo, teilte ihm die Entscheidung der Behörden mit, und tatsächlich wurde er am nächsten Tag freigelassen. Am Gefängnistor wollten ihn einige Polizisten in einem Fahrzeug wegzubringen. Wir ließen dies nicht zu, weil wir andere Absichten befürchteten. Trotzdem folgten sie unserem Taxi, in dem wir wegfuhren, und als wir an Arturos Haus, wo er ein kleines Schreibwarengeschäft hatte, ankamen, sah ich zwei graue Fahrzeuge mir zivil-gekleideten Bewaffneten. Ich fühlte etwas schreckliches und empfahl Arturo, sofort in sein Haus zu oder woanders hin gehen. Ich ging zu einem Geschäft auf der Ecke und dort sah ich, wie eines der Fahrzeuge vorbeifuhr. Ich blieb in der Nähe und hörte kurz darauf einige Gewehrsalven. Als kurze Zeit später Ruhe eingekehrt war, ging ich zu Arturos Geschäft − Sie hatten ihn ermordet. Dies geschah am
6. März 1988.

Arturos Ehefrau, die auch seine Ideale teilte, und ich widersetzten uns, daß man die Leiche zur gesetzlich vorgeschriebenen Autopsie brachten. Wir argumentierten, es sei die gleiche Regierung, die nun die Autopsie vornehmen wolle und vorher die tödlichen Kugeln auf unseren Compañero, Vorsitzenden der Bauernorganisation, abgefeuert habe. Aber die Regierung hörte − wie sie es immer tut − uns nicht an und führte mit Gewalt die Autopsie durch. Ich setzte mich dann mit den Leitungen der neun regionalen Gruppen unserer Organisationen in Verbindung und teilte mit, daß unser Compañero Arturo gefallen sei. Daraufhin schickten sie Kommissionen und es kamen viele Menschen. Gemeinsam vereinbarten wir, die Leiche Arturo Albórez auf dem Zentralplatz vor dem Regierungspalast für eine Trauerfeier aufstellen zu wollen. So geschah es: wir legten den Leichnam auf einen Tisch und begannen die Trauerfeier. Um 1 Uhr früh kamen die demokratischen Lehrer und meinten, die Trauerfeier mit Arturos Leiche müsse an einem kämpferischen Ort stattfinden. Daher brachten wir den Leichnam zur siebten Sektion der Lehrergewerkschaft. So starb unser Compañero Arturo.

Ein Jahr vor seinem Tod hatten wir damit begonnen, Gespräche mit allen Organisationen aufzunehmen und einen Rat aller unabhängigen Bauernorganisationen des Bundesstaates zu bilden, um gemeinsam für unsere Forderungen nach Landbesitz und außerdem Bildung, Gesundheit, Wohnhäuser und Infrastruktur zu kämpfen. (..) Unglücklicherweise kam es aufgrund von Hochmut und Unaufgeschlossenheit bei einigen anderen Compañeros nicht zur Einheit, um den Rat aufzubauen. Auch für Arturo war es nicht mehr möglich, eine Einigung zu erleben.

Als die große Spaltung in unserer chiapanekischen OCEZ stattfand, war ich sehr enttäuscht und wollte mit der politischen Arbeit aufhören. Aber anderseits dachte ich, jetzt umzufallen sei pure Feigheit. Im Jahr 1990 arbeitete ich hartnäckig am Aufbau des Rates, aber wieder war es nicht möglich. Im Jahr 1993, als die Welle an Repression, Gewalt und Marginalisierung der Salinas-Regierung gegen unsere indianischen und nichtindianischen Völker immer stärker wurde, regierte in Chiapas Patrocinio Gonzales Garrido, der in Wirklichkeit Bauermörder heißt. Am 1. Januar 1994 begann der Aufstand des EZLN; zu Beginn waren wir überrascht, einige respektierten und bewunderten den Aufstand, anderen war es eher unangenehm, aber jetzt gelang uns, was wir solange vergeblich versucht hatten. Am 23. Januar konzentrierten sich die Kräfte der Bauernmassen und bildeten den gemeinsamen Rat CEOIC.

Dann begannen die Wahlen für den Gouverneur von Chiapas: Von oben wurde uns durch Fingerzeig ein Individuum mit dem Namen Eduardo Robledo Rincón vorherbestimmt und es gab wie immer einen Wahlbetrug. Aber er konnte nicht lange auf dem Gouverneursposten bleiben, nach 56 Tagen mußte er von der Regierung abtreten. Das einzige, was er während seiner Regierung zustande brachte, war, ein paar scheinbar unabhängige Bauernorganisationen zusammenzurufen und aus diesen eine PRI-treue CEOIC, oder CEOIC "Vorhut", zu bilden. Erneut spaltete sich also in Chiapas die CEOIC. Einige Organisationen waren nur solange unabhängig, wie es ihnen opportun erschien. Nun trennte sich also die Spreu vom Weizen, es bildeten sich die CEOIC "Vorhut" und unsere demokratische CEOIC, die bis heute existieren. Auf der einen Seite gibt es heute die PRI-treuen Gruppen wie die UCD und auf der anderen Seite die radikalen und kämpferischen Bauernorganisationen wie die CIOAC (Unabhängige Zentrale der Landarbeiter und Bauern) und die OCEZ.

Wir setzten unsere politische Arbeit zur Stärkung der Organisation in den neun Regionen des Bundesstaates fort. Daraus entstand im Jahr 1994 eine von CIOAC und OCEZ koordinierte Filiale, die UREAFA (Regionale Union land- und forstwirtschaftlicher sowie agrarindustrieller Ejido-Genossenschaftler), in der ich heute arbeite. Die wichtigste Aufgabe der UREAFA ist, eine Lösung für das Landbesitzproblem indianischer und nichtindianischer Bauern zu suchen. Außerdem gibt es Projekte im Produktionsbereich und unabhängig davon der Kampf um Infrastruktur, kommunale Basis-Dienstleistungen und andere Aspekte, die zur Gemeindeentwicklung beitragen. Wir arbeiten auch im Bereich der Bäuerinnen und ihrer Parzellen, die sogenannten "Agro-Industriellen Einheiten der Bäuerinnen" (UAIMC). In diesen begannen wir, Genossenschaften in handwerklichen Bereichen wie maschinelles Kleidernähen oder Maismühlen einzurichten. Außerdem verbessern wir die Verkehrswege, denn unglücklicherweise ist die Landschaft von Chiapas sehr unwegsam. Die Regionen Nord und Selva sind vollständig unzugänglich, es gibt fast keine Straßen. Wir überlegen also, wie wir diese Probleme lösen können.

In erster Linie arbeiten wir natürlich auch im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion: In den Gemeinden gibt es sehr fruchtbare Böden für den Anbau von Ananas, Orangen und Zitrusfrüchte sowie für Mais, Bohnen und auch Zuckerrohr. Aber vor allem ist es eine Produktion für die Selbstversorgung mit der traditionellen Anbautechnik der Brandrodung. Es reicht aber nur halbwegs für Ernährung. Daher sind wir den Bereich der Verkehrsanbindung angegangen, damit die Produkte aus der Region auf den Markt gelangen können, um ein Einkommen zur Verbesserung der Lebensbedingungen zu erzielen, aber nicht nur innerhalb der Familie sondern für die ganzen Gemeinde. Es gibt Gemeinden im innersten der Selva, die kein Spanisch − oder wie sie es nennen "kastilisch" − können, also einsprachig sind. Achtzig Prozent der Gemeinden sind zweisprachig. Es gab Fortschritte in den landwirtschaftlichen Projekten mit Mais, Bohnen und Kaffee und mit den Gärten für die familiäre Selbstversorgung. Die Gartenprodukte tragen zur Wirtschaft des Haushalts bei und haben einen erheblichen Ernährungseffekt, denn in den Gemeinden gibt es einen hohen Grad an Unterernährung, die häufig den Tod zur Folge hat. Es sterben zehn bis zwölfjährige Kinder. Aus sechs den Gemeinden (..) gibt es schreckliche Erfahrungen. Allein in Tiozol starben innerhalb eines Monats 11 Personen an heilbaren Erkrankungen wie erhöhte Temperatur, Fieber, Durchfall oder Darminfektion. Es sind Gemeinden, in denen niemand lesen oder schreiben kann, weil sie nie einen Lehrer kennengelernt haben oder jemand anderes, der ihnen einen Buchstaben beibringt. Es ist eine sehr traurige Geschichte, die sich hier in unseren Gemeinden am Ende des 20. Jahrhunderts ereignet.

In der Landwirtschaft geht es uns um die Verbesserung der Produkte in der Region: Bei der Maispflanze gibt es Schmetterlinge und Würmer, die die Kolben fressen, und den Käfer "Gallinita Ciega", der direkt die Wurzel angreift. Es gibt aber keine Grundkenntnisse über die kontrollierte Anwendung von Agrarcheimie und Dünger. Mit dem wenigen Geld, das sie haben, gehen sie zum Markt und kaufen chemischen "inputs" mit für sie unklaren Gebrauchsanweisungen. So kommt es oft vor, daß eine unangemessene Dosis gestreut wird, was zur Folge hat, daß die Maispflanzen oder Bohnensträucher sich innerhalb eines Monats gelb färben und sterben. Dies passiert auch mit den Kaffeepflanzen, was noch schlimmer ist, weil der Kaffee ihr wichtigstes Produkt für die Erwirtschaftung von Einkommen ist. Denn selber trinken sie keinen Kaffee, sondern nur Tee aus Orangenblättern, Limonen oder Zitronengras. Der Kaffee hat zwei Hauptkrankheiten: die "Roya" (Kaffeerost-Pilz) und die "Broca" (Bohrkäfer). Der Kaffeeanbau erfolgt auf traditionelle Weise: Nach der Aufzucht der Setzlinge gibt es keine Beschneidung, Düngung oder Schattenregulierung. Wenn sich z.B. eine Kaffeepflanze schwach entwickelt, soll sie mit Phosphat-Dünger behandelt werden. Aber sie wissen nicht. wie der Dünger angewendet werden muß, und die Kaffeefrucht fällt von der Pflanze kurz vor der Reife. Dann haben sie auch mit der Ernte kein Glück und verlieren die Einnahmen, die sie zum Kauf von allem, was zum Grundnahrungsmittelkorb gehört wie Zucker, Salz oder Petroleum, benötigen. Dann müssen sie woanders Arbeit suchen, auf Kaffeefincas oder in anderen Regionen und sich dort als Landarbeiter verdingen. Andere gehen (..) in die Städte als Tagelöhner. Aber weil sie nicht lesen und schreiben können, finden sie nur schlecht bezahlte Arbeiten, z.B. als Küchen- oder Bäckereihilfen, Schuhputzer, Kaugummiverkäufer oder Hausangestellte. Sie arbeiten zwei bis drei Monate in den Städten und kehren dann in ihre Gemeinden mit etwas Geld zurück, um Lebensmittel, Medizin und Kleidung für die Kinder zu kaufen. Sie haben den Brauch, sich für die Osterwoche oder zu Weihnachten neu einzukleiden. Es ist ein großes Problem mit den Produktions- und den Erwerbsmöglichkeiten der Gemeinden.

Zwischen 1980 und 1990 wurde durch die Anstrengung, die Beratung, die Unterstützung und die Beteiligung der Gemeinden der Bau von Straßen erreicht. Dies gelang durch Druck auf die für Straßenbau zuständigen Behörden wie der Lokalrat für das Wegenetz (Junta Local de Caminos) und das Ministerium für öffentliche Baumaßnahmen (Secretaría de Obras Públicas). Wir erreichten, daß sie Traktoren und Baumaschinen schickten und Wegschneisen anlegten, auf denen die Gemeinden dann mit Fahrzeugen ihren Kaffee und andere Agrarprodukte (..) auf Märkte bringen konnten. Aber dies bedeutet noch kein großen, befriedigenden Fortschritt; es ist ein minimaler Schritt für die Gemeinden der Selva Lacandona, der Grenz-Region und der Region Siete Sierras, die aus geographischen Gründen weiterhin schwer zugänglich sind. Anderseits gibt es beispielsweise in der Region Soconusco dieses Problem nicht, da die Landschaft überwiegend eben oder nur leicht hügelig ist. Dort sind Straßen, Krankenhäuser, Schulen und Vermarktungsmöglichkeiten für Agrarprodukte vorhanden.

(..) Es gab und gibt heute eine Krise bei den Bauernorganisationen, die sich noch verschärft hat durch die Rückschritte in den Gesprächen zwischen EZLN und Regierung. Die Militarisierung, die die Regierung in den ländlichen Zonen von Chiapas durchführt, hat dazu geführt, daß die landwirtschaftliche Produktion zum Erliegen gekommen ist. Es entstand ein neues Landbesitzproblem: Die Campesinos wurden von ihren Feldern vertrieben und bleiben dadurch ohne Land für den Anbau. Vorher bauten sie Mais und Bohnen an und verkauften davon eine Teil. Diese Möglichkeit haben sie jetzt verloren. Sie mußten von Freunden woanders Landstücke leihen. Aber weil es zuviele Vertriebenen sind, können nicht alle auf diese Weise Hilfe bekommen. Viele müssen Parzellen von Großgrundbesitzern pachten, die 200 neue Pesos pro Hektar kassieren. Außer dieser Jahrespacht für die Parzelle müssen sie zusätzlich zum Ende des Produktionszyklus 25% ihrer Ernte an den Großgrundbesitzer abtreten. Dies hat die ökonomische Situation der indianischen Gemeinden aus der Konfliktzone noch einmal kompliziert.

Unter den aktuellen Bedingungen, wie wir sie jetzt leben und wie sich die Gespräche am Verhandlungstisch San Andrés Sacamch’en de los Pobres entwickeln, erscheint es jeden Tag schwieriger, daß die Probleme auf eine friedliche Weise gelöst werden können. Zum Beispiel erlaubte der Aufständische Marcos am 6.8.94 in Aguascalientes die Gründung der Nationale Demokratische Konvention, weil absehbar war, daß es ein langwierigen Prozeß geben würde. Aktuell hat die Regierung eine sehr harte Position eingenommen, in der sie Hindernisse und Fallen aufstellt, mit denen sie die Suche nach einer gangbaren Alternative für einen politische Lösung im Staat Chiapas verhindern will. Die Position der Regierung läßt sich als geistige Verschlossenheit bezeichnen, ohne Wille für eine baldige Lösung des chiapanekischen Konfliktes.

Die Regierung beschäftigt sich vor allem damit, Schläge auszuteilen und die Repression gegen diejenigen Organisationen zu verstärken, die die Einheit und gegenseitige Stärkung für eine friedliche Lösung suchen. Die Regierung hat zwei Gesichter: In den Massenmedien diffamiert sie die zapatistische Bewegung und behauptet, daß sie auch ohne die EZLN die aktuellen Probleme lösen wird. Dies alles ist aber eine Lüge, denn hinter dem Rücken werden auf Befehl des Staates Bauern und Vorsitzende von Organisationen ermordet. Die Regierung irrt sich, wenn sie glaubt durch Morde mit dem Kampf der Bauernbewegung Schluß machen zu können. Denn das Blut, was unsere Compañeros vergossen haben, hat nur unseren Geist gestärkt, dafür weiter zu kämpfen, einen Frieden in Gerechtigkeit und Würde zu erreichen.


Quelle: Zapapres
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