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Rollback in Mexiko?

junge welt vom 22.08.2008
von Andreas Knobloch

 

Oberstes Gericht muß entscheiden, ob liberalisiertes Abtreibungsrecht verfassungsgemäß ist.
Richter fordert Rücknahme und Haftstrafen für Schwangerschaftsabbrüche

Wenige Tage bevor das oberste Gericht Mexikos (Suprema Corte de Justicia de la Nación — SCJN) in einer öffentlichen Verhandlung am 25. August die Frage klärt, ob die liberalisierte Abtreibungsregelung in Mexiko-Stadt im Einklang mit der Verfassung steht, hat die Debatte an Schärfe gewonnen. Vor allem der Vorschlag eines der Richter des obersten Gerichts, Sergio Salvador Aguirre Anguiano, Abtreibungen mit drei bis sechs Monaten Gefängnis zu bestrafen, sorgt für Kontroversen.

Acht der elf Richter müßten Aguirres Vorschlag unterstützen. Der will die seit sechzehn Monaten in Mexikos Hauptstadt bestehende Regelung, nach der eine Schwangerschaft bis zur zwölften Woche straffrei abgebrochen werden kann, aufheben. Statt dessen will er Interruptionen mit Haftstrafen kriminalisieren. Auf mehr als 600 Seiten und in 68 Anhängen spricht sich Aguirre für »den Schutz ungeborenen Lebens« und die Rücknahme der Legalisierung aus. Zwar sollten demnach Abtreibungen nach Vergewaltigung, ungewollter künstlicher Befruchtung oder bei Gefahr für das Leben der Mutter weiterhin erlaubt sein (wie in den meisten Bundesstaaten Mexikos). Eingriffe aus anderen Gründen sollen jedoch verfolgt werden. Öffentlicher Druck Auch wenn die Mehrzahl der Richter die Abtreibungsregelung in Mexiko-Stadt wohl für verfassungswidrig hält, reichen vier Stimmen für deren Erhaltung. Nach unbestätigten Berichten unterstützen drei Richter Aguirres Vorstoß, während drei noch unentschieden sind und vier ihn ablehnen wollen. Wegen des enormen öffentlichen Drucks auf die Richter, vor allem durch katholische Lobbygruppen, ist diese Einschätzung aber keineswegs sicher. Aguirre greift die Argumentation der von Generalstaatsanwaltschaft (Procuraduría General de la República — PGR) und der Nationalen Kommission für Menschenrechte (Comisión Nacional de Derechos Humanos — CNDH) eingereichten Verfassungsklage auf und negiert das Recht der Frau, selbst über ihren Körper zu entscheiden.

Die Rechtsberaterin der Regierung von Mexiko-Stadt, Leticia Bonifaz Alfonzo, ist dennoch zuversichtlich, daß die öffentlichen Anhörungen der Befürworter und Gegner in den letzten Monaten einen Reflexionsprozeß in Gang gesetzt haben und die Richter der Argumentation Aguirres nicht folgen. Es habe sich gezeigt, daß keineswegs »alle Welt nach Mexiko-Stadt komme, um abzutreiben«. Zudem werde die Strategie, neben Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbrüchen vor allem bei der sexuellen Erziehung anzusetzen, positivere Ergebnisse bringen als allein repressives Vorgehen, wie es die politische Rechte predige, so Leticia Bonifaz Alfonzo. Richtungsentscheidung Die Gesetzesänderung in Mexiko-Stadt hat dazu geführt, daß mehr als 11500 Frauen Schwangerschaftsabbrüche in einem sicheren und hygienischen Umfeld vornehmen lassen konnten. Betroffen von den zuvor entwürdigenden Umständen waren vor allem sozial benachteiligte Frauen. Dieser Argumentation folgt auch der Bürgermeister von Mexiko-Stadt, Marcelo Ebrard Casaubon: »Eine Entscheidung gegen ein Gesetz, das seit mehr als einem Jahr sehr gut funktioniert, wäre ohne Beispiel und aus juristischer und jeder anderen Sicht sehr bedauerlich; es wäre ein großer Rückschritt für das Land, mit sehr fragwürdigen Auswirkungen.«

Die Entscheidung des obersten Gerichts hat Auswirkungen für den gesamten lateinamerikanischen Staat. Sollte das Gericht die liberalisierte Abtreibungsregelung für verfassungsgemäß erklären, erscheint eine Ausweitung auf andere Bundesstaaten und vielleicht sogar ganz Mexiko in der Zukunft nicht mehr utopisch. Bei einer gegenteiligen Entscheidung könnte es auf Jahre hinaus keine liberalisierte Regelung geben.

 Quelle:  
  http://www.jungewelt.de/2008/08-22/054.php 
 

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