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Mexikos Außenminister reicht Rücktritt ein
Poonal vom 14.01.2003 |
Gerold Schmidt, Poonal 555 vom 14.01.2003 |
(Mexiko-Stadt, 9. Januar 2003, npl).- Der erste Rücktritt in der seit Ende 2000 amtierenden mexikanischen Regierung ist perfekt. Außenminister Jorge G. Castañeda brachte offiziell seinen Wunsch zum Ausdruck, das Kabinett von Präsident Vicente Fox zu verlassen. Fox, der das Gesuch angenommen hat, wird eventuell eine größere Kabinettsumbildung vornehmen. Vor allem seine eigene Partei der Nationalen Aktion (PAN) hatte dies in der Vergangenheit wiederholt gefordert, weil sie sich zu wenig in der Regierung repräsentiert wähnt.
Castañeda war von Anfang an einer der umstrittensten Minister der Regierung. So viel Beifall, wie er für seinen Rücktritt erwarten kann, hat er in Zeiten seiner Amtsausübung nie bekommen. Ehemals der politischen Linken zugerechnet ebnete er mit seinem Seitenwechsel den Weg für Vicente Fox, der mit seinem Wahlsieg die 71-jährige Herrschaft der Revolutionären Institutionellen Partei (PRI) beendete. Für viele, die der linksmoderaten PRD damals keinen Triumph über die PRI zutrauten, machten Castañeda und einige andere die konservative PAN wählbar. Beliebt war der parteilose Minister deswegen nicht, doch nahm ihn der Präsident stets gegen Kritik in Schutz.
Anfängliche Vorbehalte der USA wegen seiner politischen Vergangenheit zerstreute Jorge Castañeda schnell durch eine von den Kritikern als "Unterwürfigkeit" bezeichnete Ausrichtung der mexikanischen Außenpolitik auf die US-Interessen. Symbol dafür war die rasante Verschlechterung der kubanisch-mexikanischen Beziehungen unter tatkräftiger Mitwirkung des Ministers. Mexikos erstmalige Verurteilung der Menschenrechtsrechtslage auf Kuba während der Sitzung der UNO-Menschenrechtskommission in Genf im April 2002 war Castañedas Werk. Dabei musste sich der ehemalige Bewunderer der kubanischen Revolution vorwerfen lassen, persönliche Revanche mit dem Postulat einer konsequenten und neuen Menschenrechtspolitik zu vermischen.
Während sich Castañeda seinen US-Kollegen Colin Powell zum Freund machte, schaffte er sich zuhause mehr und mehr Feinde. Der für die Außenpolitik zuständige mexikanische Senat fühlte sich mehrfach aufgrund Castañedas Vorpreschen übergangen und entwickelte eine parteiübergreifende Opposition gegen ihn. In der Abgeordnetenkammer war das kaum anders. In seinem Ministerium kam die undiplomatische und Traditionen missachtende Art Castañedas, die nur manchmal erfrischend wirkte, schlecht an. Auch die Arroganz gegenüber von ihm als intellektuell nicht ebenbürtig angesehenen Gesprächspartnern erhöhte die Zahl seiner Freunde nicht.
Präsident Fox scheint den Schritt nicht forciert zu haben. Allerdings hatte der Außenminister zuletzt wenig greifbare Erfolge vorzuweisen. Ein vor dem 11. September 2001 greifbares Migrationsabkommen mit den USA ist aufgrund der veränderten Interessenlage der Supermacht in die Ferne gerückt. Die aufgrund innenpolitischen Drucks vorgenommene vorsichtige Distanzierung Mexikos in der Irakfrage hat das Verhältnis zur Bush-Administration weiter abgekühlt. Im UNO-Sicherheitsrat sitzt als mexikanischer Repräsentant seit mehreren Monaten ein alter Konkurrent von Castañeda.
Die Nachfolge im Außenamt tritt der bisherige Wirtschaftsminister Luis Dérbez an, der seinen bisherigen Posten dem Gouverneur des Bundesstaates Nuevo Leon frei macht. Da der parteilose Gesundheitsminister Julio Frenk voraussichtlich noch in diesem Monat in eine internationale Gesundheitsorganisation wechselt, könnte dort ebenfalls ein PAN-Politiker nachrücken. Das würde der Regierung angesichts der Mitte des Jahres anstehenden Parlamentswahlen ein deutlicheres Profil geben.
Ob Castañeda noch eine politische Zukunft hat, ist ungewiss. Mehrfach ist ihm die Absicht unterstellt worden, vom Außenminsteramt aus eine Unterstützungsplattform für eine eigene Kandidatur und Partei bei den Präsidentschaftswahlen 2006 aufzubauen. Da er jedoch die Politikszene eher gegen sich als hinter sich einte, dürften solche Aussichten weitgehend zunichte gemacht sein. Als Alternative steht ihm unter anderem ein Lehrstuhl in den USA offen. Dort hat er noch Freunde.
Quelle: poonal
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