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Der Turm zu Babel

Zwischen Maske und Hinterzimmer

News vom 05.04.2003
Subcomandante Insurgente Marcos

  I. Das 21. Jahrhundert

Das neue Jahrhundert verkündet erneut die Berufung seines Vorgängers: Die Ziele der Politik liegen in der Unterwerfung oder im Ausschluß des anderen. Was ist neu daran? Wie zuvor bedient man sich des Kriegs, der Lüge, der Täuschung, des Todes. Die Macht wiederholt die Geschichte und versucht, uns davon zu überzeugen, daß die Seiten diesmal in schönen Buchstaben geschrieben werden. Das Projekt der neoliberalen Welt ist nichts anderes als eine Wiederauflage des babylonischen Turms. Nach der Erzählung der Genesis beschlossen die Menschen in ihrem hartnäckigen Bemühen, immer höher zu kommen, ein ungeheuerliches Unterfangen: den Bau eines Turms, der bis zum Himmel reichen sollte. Der Gott der Christen bestrafte diese Überheblichkeit mit der Vielfalt. Durch die unterschiedlichen Sprachen konnten die Menschen nicht mehr weiterbauen und zerstreuten sich. Der Neoliberalismus plant das selbe Gebäude, aber nicht im Streben nach einem unwahrscheinlichen Himmel, sondern um sich mit einem Schlag von der Vielfalt zu befreien, die er als Fluch empfindet, und um seine Macht auf ewige Zeiten zu sichern. Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit taucht schon zu Beginn der Geschichtsschreibung der Mächtigen auf. Aber der neoliberale Turm zu Babel begnügt sich nicht damit, die für seinen Bau erforderliche Homogenität zu schaffen. Die Gleichheit, die die Vielfalt zerstört, bedeutet die Gleichheit mit einem Modell. "Laßt uns diesem gleich sein!", sagt uns die neue Religion des Geldes. Die Menschen erfahren nicht die Einheit mit sich selbst oder mit anderen, sondern mit einem Schema, das von denen eingesetzt wird, die die Gleichheit schaffen, die die Befehle geben, die sich an der Spitze dieses Turms befinden, der die moderne Welt ist. Darunter sind die Verschiedenen. Die einzige Gleichheit, die es in den unteren Stockwerken gibt, ist, darauf zu verzichten, verschieden zu sein oder sich dafür zu entscheiden, es auf sehr beschämende Weise zu sein. Der neue Gott des Geldes wiederholt den ursprünglichen Fluch, aber umgekehrt: verflucht wird das Verschiedene, das Andere. Im Boom der Gewinne der transnationalen Konzerne wuchern Gefängnisse und Friedhöfe. Im neuen babylonischen Turm ist die Aufgabe des Volkes die Verehrung der Mächtigen. Der Mangel an Vernunft wird dabei durch ein Übermaß an Gewalt ausgeglichen. Der Befehl lautet, daß sich sämtliche Farben hinter einer Maske zu verstecken haben und nur die stumpfe Farbe des Geldes zeigen. Buntheit ist nur in beschämender Verborgenheit gestattet. Maskierung oder Hinterzimmer. Das gleiche gilt für Homosexuelle, Lesben, Migranten, Muslime, Indigene, "Farbige", Männer, Frauen, Junge, Alte, Unangepaßte und all die anderen Namen, die diese Anderen überall auf der Welt tragen. Dies ist das Projekt der Globalisierung: aus dem Planeten einen neuen Turm zu Babel zu machen. In jeder Beziehung. Einheitlich in seiner Form des Denkens, seiner Kultur, seinem Beschützer. Vereinheitlicht durch jene die keine Vernunft, aber dafür die Gewalt besitzen. Wenn beim prähistorischen Turm zu Babel die Einstimmigkeit durch die gemeinsame Sprache möglich war, so wird der Konsens in Zeiten des Neoliberalismus durch Argumente der Gewalt, der Drohungen, der Übergriffe und des Krieges erreicht. Davon ausgehend, daß wir auf dieser Welt zwangsläufig in Angrenzung an die Vielfalt leben, bleibt uns nur die Wahl entweder zu herrschen oder beherrscht zu werden. Für die erste Möglichkeit sind die Plätze besetzt, und die Mitgliedschaft ist erblich. Auf der anderen Seite gibt es immer genug Platz, um unterdrückt zu werden, und alles, was man dazu braucht, ist sich vom Unterschied loszusagen oder ihn zu verstecken. Für jene, die im Turm leben und sich nicht an der Spitze befinden, gibt es Regeln, den "Unangepaßten" zu begegnen: Verbannung oder Gleichgültigkeit, Zynismus oder Scheinheiligkeit. Die Gesetze des neoliberalen Turms verbieten die Anerkennung der Unterschiede. Ihre Unterwerfung ist die einzige erlaubte Möglichkeit. In der ära der Moderne ist der Nationalstaat wie ein Haus aus Spielkarten im Angesicht des neoliberalen Windes. Die lokalen Politiker wähnen sich souverän in ihren Entscheidungen bezüglich der Form und Höhe des Bauwerks, doch die wirtschaftliche Macht hat längst aufgehört, sich für dieses Spiel zu interessieren und läßt den lokalen Politikern und ihren Gefolgsleuten den Spaß ... mit einem Blatt, das ihnen nicht gehört. Hinter all dem ist das einzige Bauwerk, das sie interessiert, der neue babylonische Turm, und solange ihnen die für die Konstruktion notwendigen Rohstoffe (d.h. zerstörte und durch den Tod wieder bevölkerte Gebiete) nicht ausgehen, können die Vorarbeiter und Kommissare der nationalen Politik mit ihrem Schauspiel (mit Sicherheit das teuerste und sinnloseste) ruhig fortfahren. Die Architektur des neuen Turms ist der Krieg gegen die Vielfalt, seine Bausteine sind unsere Knochen und der Mörtel unser Blut. Der große Mörder versteckt sich hinter dem großen Architekten (der sich nur deswegen nicht "Gott" nennt, um sich nicht mit falscher Bescheidenheit zu beschmutzen). In der biblischen Erzählung bestraft der christliche Gott die Überheblichkeit des Menschen mit der Vielfalt. In der modernen Geschichte der Macht ist Gott nichts weiter als der Pressesprecher des Kriegs (der sich nur aufgrund der Zahl der Toten und das Ausmaß der Zerstörung pro Minute modern nennen kann).

II. Die Geographie der Worte

Ob die Urgeschichte vor drei Jahren oder 20 Jahrhunderten zu Ende ging, scheint keinen Unterschied zu machen. Dort oben bestehen jene, die die Macht und das Schicksal sind, hartnäckig darauf, uns davon zu überzeugen, daß die Geschichte sich wiederholt, auch wenn die Kalender etwas anderes sagen. Die Vernichtung des Anderen ist zu jeder Zeit modern. Von ihrer Erscheinungsform abgesehen gibt es keinen Unterschied zwischen den Katapulten des römischen Imperiums und den "intelligenten Bomben" von Bush. Der technologische Fortschritt funktioniert heute als neuer Kaplan der Besatzungstruppen (freundliche Farbe für das, was auch in der Entfernung noch immer ein Verbrechen ist) und als spektakulärer Bühnenbildner (die Bombardements verwandeln sich im Fernsehen zu Unterhaltung durch ein "faszinierendes" Feuerwerk — CNN im Originalton -).

Egal ob wir es bemerken oder nicht, die Macht konstruiert eine neue Geographie der Worte und setzt sie durch. Die Namen sind die gleichen, aber das Benannte hat sich verändert. So wird der Irrtum zur politischen Doktrin und Geschick zur Ketzerei. Das Unterschiedliche wird zum Gegensätzlichen, das Andere zum Feind. Demokratie ist die Einstimmigkeit im Gehorsam. Freiheit ist nichts anderes als die Freiheit zu wählen, wie wir unsere Unterschiede verstecken. Friede ist untätige Unterwerfung. Und Krieg ist heute eine pädagogische Methode, um Geographie zu lehren. Wo die Vernunft fehlt, wuchert das Dogma. Das Dogma gibt der Ursache zunächst Rückendeckung, dann verzerrt es sie und schließlich macht es sie zu Schicksal. Im Fernrohr der Macht ist der Horizont stets gleich, unveränderlich und ewig. Die Brille der Macht ist ein Spiegel. Das Andere ist stets unerwartet, und dem Unerwarteten begegnet man mit Furcht. Furcht verhärtet sich im Dogma, um das Unerwartete zu zertreten. Im Fernrohr der Macht ist die Welt eben, verwaschen und schmutzig. Wenn man sich eines Staatsmanns nicht wegen seines humanitären Werks erinnern kann, dann wenigstens aufgrund seiner Verbrechen. Und so wiederholt sich die Geschichte der Macht: Die "Berühmtheiten" von gestern blicken heute auf all ihre Schandtaten. Die "von Gott Erleuchteten" sind die Ketzer von morgen. Wörter und Bilder verändern sich. Früher, in der Geographie der Statuen, wurde das Dogma zu Stein, um seine Anhänger zu ehren. Heute finden wir es in den Schlagzeilen der Zeitungen und Illustrierten, in den Nachrichten in Funk und Fernsehen. Das Dogma erinnert sich seiner selbst in den Zeitungsarchiven und ist sich sicher, als Alibi zu dienen für jene, die Die Alpträume der Fundamentalisten weiterführen. In der modernen Theorie des Staates werden die Menschen voller Unterschiede geboren. Ihre Einbindung in die Gesellschaft besteht aus einem Lernprozeß der den grausamsten Reformator vor Neid erblassen lassen würde. Der gesamte Staatsapparat zielt darauf ab, dieses menschliche Wesen zu "begleichen", mit anderen Worten, es der Einheit dessen, der befiehlt, zu unterwerfen. Die Stufe des sozialen Erfolgs mißt sich demnach daran, wie weit man sich einem bestimmten Modell entfernt oder annähert. Die Vereinheitlichung bedeutet nicht, daß wir alle gleich wären, sondern daß wir alle uns bemühen, diesem Modell gleich zu werden. Wie dieses Modell aussieht, bestimmen die Mächtigen. Vereinheitlichung besteht nicht nur darin, daß einer befiehlt, sondern dass wir alle uns bemühen, ihm zu gehorchen. Darin besteht die Gleichheit, nicht im gleichen Besitz von Reichtümern (ganz zu schweigen davon, daß einige wenige diese auf Kosten vieler anderer besitzen), nicht in gleichen Möglichkeiten, sondern darin, daß wir die gleiche Liebe, den gleichen Willen zeigen, ihr zu gehorchen (was nichts anderes heißt, als ihr zu "dienen").

Wenn uns der Vergleich zwischen Gesellschaft und Familie lehren soll, daß es notwendig ist, gewisse Regeln des Zusammenlebens aufzustellen, wird darauf "vergessen", daß es diese festgelegten Regeln sind, die das Problem darstellen. Die Worte haben ihre Geographie geändert und bedeuten nicht mehr, was sie einst bedeuteten, sondern genau das, was den Mächtigen gerade paßt. Irgendwann in der modernen Geschichte hat das Gesetz das Recht verdrängt, und wenn die oben heute das Gesetze verletzen, so wird es eben angepaßt. Wird das Gesetz durch jene verletzt, die unten sind, so schlägt es zu mit voller Wucht und bestraft die Nichteinhaltung.

III. Die Geographie der Macht

In der Geographie der Macht wird man nicht an einem bestimmten Ort der Welt geboren, sondern mit oder ohne Möglichkeiten, jeden erdenkbaren Punkt des Planeten zu unterwerfen. Wenn die Überlegenheit früher über die Rassenzugehörigkeit begründet wurde, geschieht es heute über die Geographie. Jene, die im Norden leben, befinden sich nicht im geographischen, sondern im sozialen Norden: Sie sind oben. Und jene, die im Süden leben, sind unten. Die Geographie ist einfacher geworden: es gibt oben, und es gibt unten. Oben ist der Raum beschränkt und umfaßt nur einige Auserwählte. Unten ist er so weit, daß er jeden Punkt des Planeten erreicht und der gesamten Menschheit Platz bietet. Im modernen Turm zu Babel wird eine Gesellschaft dadurch überlegen, daß sie andere erobert, nicht dadurch, daß sie eine höher entwickelte Wissenschaft, Kultur, Kunstwerke, bessere Lebensbedingungen oder ein freundlicheres Zusammenleben entwickelt hätte. In der Moderne führen die Mächtigen zahlreiche Eroberungskriege. Mit "zahlreich" meine ich nicht "viele", sondern "an vielen Orten und auf verschiedenste Arten". So sind die Weltkriege von heute viel umfassender als jemals zuvor. Natürlich gibt es nach wie vor nur einen Sieger, aber die Besiegten sind viele und befinden sich an vielen verschiedenen Orten. Mit den Bomben als Argument werden die Plätze vergeben: Jene, die sie abwerfen, sind im Norden, oben im Turm. Jene, die sie erhalten, sind unten, im Süden. Aber nicht die Bomben verändern die Geographie. Die Bomben bestimmen lediglich die geographische Verteilung, das Herrschaftsgebiet. In diesem durch Punkte und Striche begrenzten Raum herrscht heute jener, morgen ein anderer. Das nennt sich "Geopolitik". In Wirklichkeit signalisieren die Landkarten keine Rohstoffe, Menschen, Kulturen oder Geschichten, sondern deren Herrscher. Für den Mächtigen ist die gesamte Menschheit wie ein kleines Kind, das entweder fügsam sein kann oder rebellisch. Die Bomben erinnern das menschliche Kind daran, wie angenehm es ist, das eine zu sein, und wie unangenehm das andere. Die Zivilbevölkerung im Irak, Männer, Kinder, Frauen und Alte haben stehen in starkem Zusammenhang mit dem wohlhabenden Unternehmer in den USA. Der eine baut die Bomben, die anderen bekommen sie. Die nordamerikanischen und britischen Soldaten übernehmen liebenswürdigerweise die Rolle als Zusteller und verbinden so diese auf der Landkarte so weit von einander entfernten Punkte. Wir müssen Bush, Blair und Aznar dafür danken, daß sie das ärgernis auf sich genommen zu haben, in dieser Zeit geboren zu werden. Ohne Menschen wie sie wäre die moderne Geographie undenkbar. Aber dieser Krieg richtet sich nicht gegen den Irak oder nicht nur gegen den Irak. Er richtet sich gegen jede Absicht, gegenwärtig oder in Zukunft, ungehorsam zu sein. Es ist ein Krieg gegen die Rebellion — und damit Gegen die Menschheit. Es ist ein in seinen Auswirkungen globaler Krieg, vor Allem auch im Nordwesten, von dem er ausgeht.

IV. Das Schicksal des Polifem

Der Krieg der tragikomischen Achse Bush-Blair-Aznar und ihrer Zuarbeiter in den westlichen "Demokratien" erlebte schon vor seinem Beginn seinen ersten Rückschlag. Man wollte uns weismachen, der Irak befände sich im Mittleren Osten, doch das stimmt nicht. Wie jedes halbwegs anständige Geographiebuch bestätigt, liegt der Irak in Europa, in Nordamerika, in Australien, in Lateinamerika, in den Bergen des mexikanischen Südostens, und in dem weltweiten rebellischen "Nein", das eine neue Landkarte entwirft, wo Würde und Stolz Haus und Fahne sind. Die Demonstrationen rund um den Planeten zeigen uns — unter anderem — daß sich dieser Krieg gegen die Menschheit richtet. Die Jugendlichen haben verstanden, daß sich der Irak heute an jedem Punkt der Erde befindet. Während andere den Atlas aufschlagen und beruhigt die Kilometer zählen, die zwischen ihnen und Bagdad liegen, erkennen die Jugendlichen, daß diese Bomben (die, die explodieren, ebenso wie die der Desinformation) nicht nur irakisches Gebiet zerstören sollen, sondern das Recht darauf, anders zu sein. Wenn jemand "Nein" auf ein Gefängnis malt oder als Graffiti, wenn er es auf ein Transparent schreibt oder in seiner Stimme trägt, so sagt er damit nicht nur "Nein zum Krieg im Irak", sondern "Nein zu diesem neuen babylonischen Turm", "Nein zur Vereinheitlichung", "Nein zur Hegemonie". Denn die rebellischen Jugendlichen verwenden das "Nein" als Pinsel, den sie in der Hand und im Gesicht tragen, und mit dem sie die neue Geographie schreiben und erahnen. Wie Polifem, der Zyklop der griechischen Literatur, macht die Macht den Haß auf das Andere zu ihrem einzigen Auge. In der Wirklichkeit ist sie jedoch wesentlich stärker und erscheint unbesiegbar. Aber wie Polifem wird auch die Macht durch ein Gespenst herausgefordert, das sich "Niemand" nennt. Bezieht sich der Mächtige auf die anderen, nennt er sie verachtungsvoll "niemand". Doch "niemand" ist die Mehrheit auf diesem Planeten. Wenn das Geld die Welt als Turm neu erschaffen möchte, der ihrer Überlegenheit huldigt, so träumt auch dieses "Niemand", das dafür sorgt, daß sich das Rad der Geschichte weiter dreht, von einer anderen Welt, aber einer runden, die alle diese Unterschiedlichkeiten in Würde und Respekt umfaßt. Nicht zum Himmel strebt die Menschheit, sondern zur Erde. Und so zermürbt "Niemand" die Grundmauern des neuen babylonischen Turms. Denn die Erde muß rund sein, um sich zu drehen. Im Gegensatz zur gegenwärtigen und zu vergangenen Welten wird die Entstehung dieser Welt, die es noch zu erschaffen gilt, mehreren Göttern zugesprochen werden. Sollte jemand fragen: "Wer hat diese Welt geschaffen?", so wird die Antwort lauten: "Niemand". Um diese Welt zu erahnen und mit ihrer Erschaffung zu beginnen, ist es notwendig, weit in die Geographie der Zeit zu blicken. Von oben ist die Sicht beschränkt und man irrt sich, wenn man einen Spiegel mit einem Fernrohr verwechselt. Die Menschen unten, "niemand", müssen sich nicht einmal auf die Zehenspitzen stellen, um zu sehen, was kommen wird. Denn das Fernrohr der Rebellen reicht kaum mehr als ein paar Meter. Es ist nichts weiter als ein Kaleidoskop, in dem die Figuren und Farben, einige von ihnen Verbündete des Lichts, keine Werkzeuge des Propheten sind, sondern einer Intuition: Die Welt, die Geschichte, das Leben — sie alle werden Formen und Gestalten haben, die wir noch nicht kennen, aber uns wünschen. Mit seinem Kaleidoskop sieht der Rebell weiter als der Mächtige mit dem Digitalfernrohr: Er sieht das Morgen. Ja, die Rebellen durchschreiten die Nacht der Geschichte, doch sie tun es, um zum Morgen zu gelangen. Die Schatten hindern sie nicht daran, schon heute etwas zu tun, und darin steckt ihre Geographie. Die Rebellen versuchen nicht, die Seiten zu korrigieren oder die Geschichte neu zu schreiben, um die Worte oder die geographische Aufteilung zu verändern. Sie suchen ganz einfach eine neue Landkarte, in der alle Worte Platz finden. Eine Karte, bei der der Unterschied zwischen den Arten "Leben" zu sagen nicht im Mund des Sprechers liegt, sondern in der Gesamtheit all jener, die sich zu Wort melden. Denn Musik wird nicht mit einer einzigen Note komponiert, und Tanz besteht nicht darin, einen einzigen Schritt bis zur Erschöpfung zu wiederholen. Und so wird der Friede nichts weniger sein als ein Konzert unendlich vieler Worte und vieler Gesichter einer anderen Geographie.

aus dem Irak in den Bergen des mexikanischen Südostens im Angesicht eines sich verdunkelnden Himmels voller Kampfflugzeuge und Hubschrauber der "Operation Wachposten"

Subcomandante Insurgente Marcos


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