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Aktuelle Situation in Mexiko (17.02. - 15.04.2003)

News vom 16.04.2003
Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko

  GOBIERNO FEDERAL

Die präsidentielle Beauftragte für indigene Völker, Xóchitl Gálvez, gab den Beginn eines neuen, mit 70 Mio. Pesos ausgestatteten Programms der Regierung bekannt. Dieses "Programm der Wiederversöhnung in indigenen Gemeinden" soll dazu führen, daß Spannungen und Gemeindekonflikte abgebaut werden. In dieses Programm werden auch Regierungsinstanzen eingebunden. (Melel, 16.02.2003)

Laut eines offiziellen Berichts der mexikanischen Kontrollbehörde sind das Finanz- und Energieministerium, die Generalstaatsanwaltschaft, das Institut für Sicherheit und soziale Dienste der Staatsangestellten (ISSSTE) und PEMEX die Instanzen, deren Mitarbeiter sich in den letzen beiden Jahren am meisten durch Korruption und unerlaubte Handlungen ausgezeichnet haben. Allein gegen 2.300 Mitarbeiter des Finanzministeriums wurden Verwaltungsstrafen verhängt, was 19% aller Sanktionen ausmacht. (Melel, 17.02.2003)

Die Ehefrau von Präsident Fox, Marta Sahagún de Fox, ist von Regierungsmitgliedern und Abgeordneten kritisiert worden, weil sie nicht zwischen Privatem und Öffentlichem unterscheiden könne. Ihr wird vorgeworfen, für ihre private Stiftung "Vamos México" öffentliche Mittel zu verwenden, mit den Geldern wie das Ministerium für soziale Entwicklung umzugehen, in Koordination mit den Ministerien zu arbeiten, das Präsidentenflugzeug zu benutzen und ein Büro in Los Pinos zu unterhalten. Abgeordnete der PRI und PRD kritisierten darüber hinaus, daß Marta Sahagún Sozialpolitik mit karitativen Aktionen verwechsele. (Jornada, 24.02.2003; Melel, 24.+26.02.2003)

Angesichts des bevorstehenden Irak-Krieges hat die Regierung seit Anfang Februar 2003 die Kontrollen an der Südgrenze Mexikos verstärkt. Bei der Operación Guardián (ehemals Plan Sellamiento) handelte es sich ursprünglich um ein Programm zu Bekämpfung des Handels mit Drogen, Waffen und Diebesgut sowie der Aufspürung von illegalen Einwanderern. An diesen Maßnahmen sind die Policía Federal Preventiva (PFP), das MIlitär und verschiedene Polizeieinheiten beteiligt, die dem Verteidigungsministerium unterstehen. Laut einem der Zeitung Reforma vorliegenden Militärbericht soll die verstärkte Grenzüberwachung verhindern, daß Terroristen oder konventionelle und chemische Waffen nach Mexiko gelangen. (Melel, 03.03.2003)

Das Innenministerium gab am 11. März ein präsidentielles Abkommen bekannt, wonach die Comisión de Política Gubernamental en Materia de Derechos Humanos eingerichtet werden soll. Diese Instanz soll die Umsetzung der von der Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) und internationalen Menschenrechtsorganismen ausgesprochenen Empfehlungen koordinieren. Die Kommission unter Leitung des Innenministers hat die Aufgaben, 1. Politiken und Aktionen der Regierung auszuarbeiten, um Menschenrechte zu fördern und verteidigen, 2. dem Präsidenten Menschenrechtsberichte vorzulegen, 3. nationale und internationale Bestimmungen im Menschenrechtsbereich in Einklang zu bringen, 4. die notwendigen Mechanismen einzurichten, um die Förderung und Verteidung von Menschenrechten bei den verschiedenen Regierungs-instanzen zu stärken, 5. die Umsetzung der Empfehlungen der CNDH zu erleichtern und die Petitionen von zivilen Organisationen im Menschenrechtsbereich zu berücksichtigen und 6. Maßnahmen innerhalb der föderalen Verwaltung den vollen Schutz der individuellen Garantien zu fördern. (Melel, 11.+12.03.2003)

Das Oberste Rechnungsprüfungsorgan Mexikos hat wärhend des ersten Amtsjahres der Regierung Fox Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von fast 340 Mrd. Pesos gefunden. Diese Summe ergebe sich aus ungerechtfertigten und nicht autorisierten Zahlungen, fehlenden Ausgabebelegen, nicht registrierten Operationen etc. Diese Summe liegt 11 mal höher als die während des letzten Regierungsjahres von Präsident Zedillo entdeckten Anomalien. Bisher konnten die Regierungsinstanzen diese Summe nicht erklären. Sie haben nun 45 Tage Zeit, um die Unregelmäßigkeiten aufzuklären. (Melel, 01.04.2003)

Mit den Stimmen aller Parteien verabschiedete das Abgeordnetenhaus das von der Menschen-rechtskommission des Abgeordentenhauses erarbeitete "Föderale Gesetz zur Vorbeugung und Abschaffung der Diskriminierung". (Melel, 11.04.2003)

Das Innenministerium wird in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsprogramm der UNO, UNDP, 15 Mio. Pesos für nationale und internationale Wahlbeobachter für die kommenden nationalen Kongreßwahlen zur Verfügung stellen. (Melel, 11.04.2003)

CHIAPAS

Anläßlich des weltweiten Tages der Muttersprachen verkündete Porfirio Encino Hernández, chiapanekischer Minister für indigene Völker, daß 7 von 12 indigenen Sprachen in Chiapas vom Verschwinden bedroht seien. Hierbei handelt es sich um Chuj, Canjobal, Catchikel, Mochó, Jacalteco, Lacandón und Mam, deren insgesamt ca. 100.000 Bewohner v.a. an der Grenze zu Guatemala leben. Schuld an der Gefahr des Verschwindens seien, so Hernández, die Diskriminierung und der Rassismus, mit denen man die Indigenen zwinge, spanisch in Schulen oder im offiziellen Gebrauch zu benutzen, was wiederum dazu führe, daß viele Eltern ihren Kindern ihre Muttersprachen nicht mehr beibrächten. (Melel, 22.02.2003)

Hunderte von mit Macheten und Stöcken bewaffneten Mitgliedern von CIOAC (Central Independiente Obreros Agrícolas y Campesinos), die der PRD nahesteht, besetzen Ende Februar das Landgut San Miguel im Munizipio Tapilula. Die Besetzer wollten somit ihrer Forderung, daß die chiapanekische Regierung ihr Versprechen, ihnen Land zu erteilen, erfüllen müsse, Nachdruck zu verleihen. Gleichzeitig drohten sie damit, eine Schule der Adventisten des Siebten Tages einzunehmen. In der Nacht zum 3. März besetzten ca. 60 Bauern unter Führung von CIOAC und PRD-Sympathisanten die Fincas in Rayón und Pantepec. Als Grund für die Besetzungen gaben sie mangelnde Ressourcen und fehlendes Land zum Leben an. (Melel, 26.02., 04.03.2003)

Wie das mexikanische Sozialministerium auf seiner Homepage bekannt gibt, können dank des Programms "Centros Comunitarios de Aprendizaje" in Ocosingo, Las Margaritas und im Ejido Nuevo Huixtán seit Anfang letzten Jahres die ärmsten Schüler Fernstudien via Internet an der Universität von Monterrey belegen. Bei einem Besuch der Zeitung Reforma in den Ausbildungszentren stellte sich heraus, daß keines funktioniert, die Computer haben keinen Zugang zum Internet, zum Teil gibt es keinen Strom, die Ausbilder sind mangelhaft auf ihre Aufgabe vorbereitet. (Melel, 28.02.2003)

Präsident Fox übergab in Tapachula 3.205 Landtitel im Rahmen des "Nationalen Kreuzzuges für die Juristische Sicherheit auf dem Land" und kündigte für die nächsten 7 Jahre über PROCAMPO finanzielle Hilfen in Höhe bis zum 35.000 Pesos für Investitionen für jeden Bauern, der 5 ha Land besitzt, an. (Melel, 01.03.2003)

Nach jahrelangen Streitigkeiten zwischen benachbarten zapatistischen Gemeinden und den US-amerikanischen Besitzern der 10 ha großen Finca La Esmeralda im Municipio Ocosingo, haben Ende Februar ca. 100 Zapatisten die inzwischen verlassene Finca besetzt. Die Eigentümer forderten die Regierung auf, die Finca zu räumen oder eine Entschädigung von 5 Mio. Pesos zu bezahlen. Die US-Botschaft schaltete sich mit der an den chiapanekischen Innenminister gerichteten Forderung nach der Lösung des Problems in die Angelegenheit ein. Das US State Department hat am 31. Januar eine Warnung für US-Bürger vor Reisen nach Chiapas wegen Drohungen und Gewalt gegen Ausländer herausgegeben. (Melel, 01.-05.03.2003; Chiapas 98, 23.02.2003, aus: MSN Weekly News & Analisis 27.01.-02.02.2003)

Die religiösen Spannungen in Chiapas halten an. Die evangelische Gemeinde von Huixtán gab am 3. März bekannt, daß eine Gruppe von "católicos tradicionalistas" ihr Gotteshaus überfallen, zerstört und 8 Personen festgenommen habe. Zwei Tage später wurden die Gefangenen freigelassen; die Parteien unterzeichneten eine Abmachung, wonach die Kirche wieder aufgebaut und zukünftig die Religionsfreiheit respektiert werden soll. (Melel, 04.+05.03.2003)

Am 5. März haben ca. 200 PRI-Mitglieder das Bürgermeisteramt von Zinacantán, welchem ein PRD-Bürgermeister vorsteht, eingenommen. Dieser hatte sich zuvor über ein Jahr lang geweigert, 3 Gemeinderäte der PRI im Stadtrat zuzulassen. Als sie von der Absicht der PRI-Mitglieder erfuhren, versammelten sich hunderte mit AK-47, Flinten, Pistolen, Macheten, Stöcken und Steinen bewaffnete Tzotziles der PRD, richteten eine Straßenblockade auf der Panamericana ein, marschierten nach Zinacantán und lieferten sich ein Scharmützel mit den PRI-Anhängern. Diese flohen in das PRI-Parteibüro und in das Tourismusbüro, die beide zerstört wurden. Fünf Fahrzeuge wurden angezündet. Drei Indígenas verloren ihr Leben, 10 weitere wurden verletzt. Gouverneur Salazar reiste am selben Tag nach Zinacantán, wo er einen runden Tisch zwischen der PRI und der PRD eingerichtete. Als Folge wurden die 54 von beiden Seiten gefangengenommene Personen freigelassen und die Blockade aufgehoben. Nach Aussagen von attackierten PRI-Mitgliedern soll bei den Auseinandersetzungen auch eine seit mindestens einem Jahr agierende schwerbewaffnete Gruppe beteiligt gewesen sein. Die rund 20 Mitglieder dieser Gruppe, die der PRD angehören sollen, trügen normalerweise Militäruniformen, Funkgeräte und Gewehre des Typs AK-47 und R-15. Sie würden unterstützt durch PRD-Funktionäre. Die PRD wies alle Anschuldigungen zurück, sie habe keine bewaffneten Gruppen. (Semanal von PRODH, Nr. 67, 10.03.2003, Melel, 06., 08.+09.03.2003)

Der Direktor des Zivilschutzes, Javier Cortés Constantino, informierte, daß bereits tausende von Kubikmetern Edelhölzer aus der archäologischen Zone von Izapa ins Landesinnere von Mexiko verbracht wurden. Weder die föderalen noch die staatlichen Behörden noch das Militär unternähmen hiergegen etwas, da es sich bei dem Eigentümer der Hölzer vermutlich um einen hohen Beamten der PROFEPA handelt. (Melel, 12.03.2003)

Weil sie für die PRD bei den föderalen Kongreßwahlen 2003 kandidieren, traten Innenminister Emilio Zebadúa González und der Minster für Sicherheit, Mauricio Gándara, zurück. Zum Nachfolger des Innenministers wurde Landwirtschaftsminister Rubén Velásquez López, zu dem des Sicherheitsministers Julio César Padilla Valdivia von der Procuraduría General de Justicia del Estado (PGJE) ernannt. Neuer Landwirtschaftsminister ist David Corzo Castillejos. (Melel, 15.03.2003)

Nach einer Missionsreise Mitte März gab die internationale Organisation Global Exchange in einer Verlautbarung bekannt, daß die bevorstehenden Vertreibungen von irregulären Ansiedlungen im Biosphärenreservat Montes Azules einen Vorwand für eine zukünftige kommerzielle Ausbeutung der Region darstellen. Bei Überflügen über das Gebiet erklärte Global Exchange in Übereinstimmung mit ARIC Independiente und Zapatisten, daß die ökologischen Schäden, die von den Siedlungen ausgingen, im Vergleich zu den Schäden, die durch Straßen, Holzeinschlag, Viehzucht, Militärstützpunkte und andere kommerzielle Nutzen des Landes verursacht werden, minimal seien. (Melel, 18.03.2003, Jornada, 19.03.2003)

Die mexikanische Regierung stellte 200 Mio. Pesos zur Verfügung, um die Landproblematik in Chiapas lösen zu helfen. Der chiapanekische Innenminister, Rubén Velázquez, erklärte, daß dieser Betrag zwar einen Fortschritt darstelle, daß hierfür jedoch mindestens 1,5 Mrd. Pesos notwendig seien, da das Agrarproblem die Regulierung der Eigentumsfragen, Invasionen, Mehrfachbesitzverhältnisse, Forderungen von 200 Gruppen nach Land etc. einschließe. (Melel, 19.03.2003)

Das Red de Defensores Comunitarios gab am 24. März bekannt, daß Funktionäre der PRI und PRD in Absprache miteinander Familien in den Altos und der Zona Norte mit Vertreibung bedroht hätten, da sie Zapatisten seien und sich weigerten, eine Grundsteuer von fast 2.500 Pesos zu bezahlen. (Jornada, 25.03.2003)

Porfirio Encino, chiapanekischer Minister für indigene Völker, kam zusammen mit 4 weiteren Personen am 30. März bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Der 32-Jährige ehemalige Führer der ARIC Independiente war der einzige Indígena im Kabinett von Pablo Salazar. Zu seinem Nachfolger wurde Juan Vázquez López ernannt. Dieser stammt aus Ocosingo und war Führer von ORCAO (Organización Regional de Cafeticultores de Ocosingo) und Mitglied bei COO (Coalición de Organizaciones de Ocosingo). In der Vergangenheit hat er gemeinsam mit Porfirio Encino gegen die Militarisierung der chiapanekischen Dörfer protestiert. (Melel, 31.03., 01.,02.+05.04.2003)

Der Präsident der chiapanekischen Anwaltskammer, Miguel Angel Coello Guillén, vertritt die Auffassung, daß die Zunahme der sozialen, religiösen und politischen Konflikte in Chiapas sowie der Abbruch des Dialoges und der Verhandlungen zwischen der Zivilgesellschaft und der Regierung dazu führen könnten, daß der Rechtsstaat und die Gewaltenteilung in Gefahr geraten. (Melel, 31.03.2003)

Der Friedensbeauftragte für Chiapas, Luis H. Alvarez, erklärte, daß es während der Amtszeit von Präsident Fox keine Lösung des Konfliktes in Chiapas geben werde, da die Bedingungen, wie Marginalisierung und Verelendung der Bevölkerung, die zum bewaffneten Aufstand geführt hätten, weiterbestünden. (Jornada, 06.04.2003)

Etwa 250 Bauern der Organización Proletaria Emiliano Zapata (OPEZ-Histórica) besetzten Anfang April die 20 ha große Finca La Huasteca im Municipio La Trinitaria, deren Besitzer im Hochsicherheitsgefängnis sitzt. Der Sprecher der Bauern erklärte, daß der Grund für die Besetzung die Nichterfüllung der Zusage von Agrarbeamten sei, rund 200 Familien Land zur Verfügung zu stellen. (Melel, 05.04.2003)

Seit Ende März/Anfang April ist nach Aussagen von zapatistischen Autoritäten in den autonomen Munizipien ein starker Anstieg von Militärpatrouillen in der Luft und zu Lande zu verzeichnen. Ebenso seien neue Militärstützpunkte und Kontrollposten eingerichtet worden. (Melel, 05.04.2003)

Mitglieder der Organización Campesina Emiliano Zapata (OCEZ) aus Venustiano Carranza besetzten 5 Ländereien von mehreren hundert Hektar Größe im selben Municipio. Als Grund gaben sie das Scheitern der Gespräche und Verhandlungen mit Beamten der föderalen und bundesstaatlichen Agrarinstanzen an. (Melel, 11.04.2003)

Montes Azules

Die im Dezember 2002 zwangsumgesiedelten Familien aus Montes Azules mußten 2 Monate auf die Umsetzung des Versprechens von Ignacio Campillo (föderaler Umweltschutzstaatsanwalt), daß sie Land erhalten würden, warten. Im Februar wurden die Familien nach Amatenango del Valle gebracht, von wo sie nach 2 Tagen von bewaffneten örtlichen Bewohnern vertrieben wurden. Sie wurden von PROFEPA zurück nach Comitán gebracht. Ignacio Campillo kündigte weitere Zwangsumsiedlungen aus Montes Azules an. (Melel, 16., 20.02.2003)

Der als moralischer Führer der Lacandonen angesehene Carmelo Chambor Yuc erklärte, daß es in den vergangenen Monaten zu neuen Invasionen in Montes Azules gekommen sei. Er bat die Behörden, den 9 Anzeigen wegen Besitzentäußerung und Umweltschäden stattzugeben. Er befürworte zwar, daß es Verhandlungen mit den Besetzern gebe, allerdings müßten schärfere und drastischere Maßnahmen ergriffen werden, um die Umwelt zu schützen. (Melel, 27.02.2003)

Zapatistische Gemeinden in Montes Azules gaben die Zunahme von Einschüchterungen und Bedrohungen seitens des Militärs, der Marine und der PROFEPA bekannt, um sie zum Verlassen ihrer Dörfer zu zwingen. Laut einem Bericht in La Jornada kehrten viele der während der letzten 3 Jahre umgesiedelten Bewohner wieder in die Montes Azules zurück, da die Regierungen unter Albores Guillén und Salazar ihre Versprechen nach Land und Arbeitsmöglichkeiten nicht erfüllt hätten. (Melel, 28.02.2003)

Mehrere Dutzend Indigene und Bauern, darunter auch einige Lacandonen, drangen am 12. April, angeführt von Vertretern von SEMARNAT, der Coordinación Nacional de Areas Naturales Protegidas (CNANP) und von PROFEPA in Montes Azules mit der Absicht ein, die Bewohner des Dorfes Nuevo San Rafael, die mit der EZLN sympathisieren, zu vertreiben. Die Bewohner erklärten, daß sie lieber sterben würden als ihr Dorf zu verlassen. Gleichzeitig drängen Unternehmen und Organisationen wie die umstrittene Conservation International weiterhin auf Vertreibungen aus Umweltschutzgründen, während sie touristische Projekte in den Montes Azules unterstützen. (Melel, 13.04.2003)

CHIHUAHUA

Am 17. Februar fanden Polizisten nach Hinweisen von Nachbarn die Leichen von 3 jungen Frauen, die vermutlich vergewaltigt und ermordet worden waren. Sie wurden in der Nähe von Ciudad Juárez unmittelbar in der Nähe eines Ortes gefunden, in dem letztes Jahr weitere Frauenleichen entdeckt worden waren. (Melel, 18.02.2003)

Am 19. Februar wurde die Leiche eines am 10. Februar als vermisst gemeldeten 5-jährigen Mädchens gefunden. Sie war bekleidet und scheint sexuell nicht mißbraucht worden zu sein. Sie wurde mit Messerstichen ins Herz ermordet. (Melel, 20.02.2003)

Robert K. Ressler, Kriminologe und ehemalige FBI-Agent, der sich seit 1997 mit den Akten der ermordeten Frauen befaßt, empfahl den Behörden in Chihuahua, die Zusammenarbeit mit dem FBI und der Polizei von Texas zu verstärken. Bei den Verantwortlichen für die Frauenmorde könnte es sich um US-Bürger handeln, die im Süden von New Mexico oder El Paso lebten. Die Maquila-Industrie, so Kessler, sei dringend aufgefordert, direkt mit den Behörden zusammenzuarbeiten; sie habe es bisher versäumt, zur Untersuchung der Morde beizutragen und präventiv zum Schutz der Arbeiterinnen tätig zu werden. (Jornada, 27.02.2003)

Für José Luis Soberanes, Präsident der CNDH, haben sich die Frauenmorde zu einer Staatsangelegenheit entwickelt. Er schlug vor, daß das Militär in den Straßen von Ciudad Juárez patrouillieren soll, um weitere Morde zu verhindern. Dieser Vorschlag stieß bei Menschenrechtsorganisationen auf heftige Kritik, die eine weitere Militarisierung Chihuahuas ablehnen. (Jornada, 20.+21.03.2003)

Im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen in der Sonderstaatsanwaltschaft zur Aufklärung der Frauenmorde wurde der US-Amerikaner Stephen L. Slater, der bereits als Koordinator der Grupo Zeus in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei in Chihuahua für die Bekämpfung des Drogenhandels tätig war, zum neuen Berater der Sonderstaatsanwaltschaft ernannt. (Jornada, 20.03.2003; Melel, 21.03.2003)

Als Schutzmaßnahme für Frauen wird die Regierung von Chihuahua kurzfristig einen öffentlichen Transport ausschließlich für Frauen einrichten. Diese sog. Ruta Rosa wird eine Strecke haben, die Industrieanlagen (darunter die Maquiladoras) und Schulen einschließt. Gefahren werden die Busse von Frauen; sie werden über Funkgeräte mit den Polizeibehörden in Verbindung stehen. (Melel, 21.03.2003)

Zwei Mitarbeiterinnen von "Nuestras Hijas de regreso a casa", einer der Organisationen, die die Aufklärung der Frauenmorde fordern, wurden am 3. April von einem ehemaligen Mitglied wegen illegaler Bereicherung an Spenden angezeigt. Obwohl es sich dabei um kein Strafverfahren handelt, erließ die Staatsanwaltschaft am Tag darauf einen Haftbefehl gegen Rosario Acosta und Maricela Ortiz. Diese haben Chihuahua verlassen, um ihre Verteidigung vorzubereiten. Die Finanzen der Organisation seien transparent. Ihrer Ansicht nach handelt es sich dabei um einen weiteren Einschüchterungsversuch. Mehrfach seien sie von Behördenmitarbeitern, einschließlich Vertretern der Staatsanwaltschaft, öffentlich diskreditiert, mundtot gemacht oder bedroht worden. Erst Ende März sei Maricela Ortiz in ihrem Auto mehrfach von einem anderen Auto absichtlich angefahren worden. (Jornada, 07.04.2003)

Der Präsident der CNDH, José Luis Soberanes, drängt die Regierung Fox auf Unterstützung bei der Aufklärung der Frauenmorde. Notwendig sei eine aktive Zusammenarbeit der Bundesregierung, der Regierung von Chihuahua und der Stadtverwaltung von Ciudad Juárez. Die Regierung Fox müsse alle notwendigen Ressourcen bereitstellen, damit die Policía Federal Preventiva (PFP) und letztlich auch das Militär die Untersuchungen und die Verhinderung von weiteren Morden unterstützten. Die PGR lehnte unterdessen eine Zuständigkeit für die Untersuchung der Morde mit der Begründung ab, daß sie nicht erkennen könne, daß die organisierte Kriminalität daran beteiligt sei. Am 9. April eröffnete die CNDH in Ciudad Juárez ein Büro, dessen Aufgabe es ein wird, die Frauenmorde zu untersuchen und Hilfe für Migranten anzubieten. (Melel, 06., 08.+09.04.2003)

ESTADO DE MEXICO

Als Teil der Wahlkampfkampagne zu den Kongreßwahlen haben sich die zur Alianza para Todos zusammengeschlossene PRI und die Partido Verde Ecologista de México für die Todesstrafe im Estado de México ausgesprochen und eine Volksabstimmung initiiert. Die Beteiligung hieran war zwar nur sehr gering, dennoch sprachen sich 85,4% für die Einführung der Todesstrafe aus. Präsident Fox verurteilte "persönlich und als Präsident der Republik" drastisch die Todesstrafe und deren Gebrauch zu wahltaktischen Zwecken. Bei den Wahlen am 9. März erhielten nach amtlichem Endergebnis die Alianza para Todos 34,87%, die PAN 28,67% und die PRD 23,74% der Stimmen. (Jornada, 17.02.2003, Melel, 17.02.+17.03.2003)

GUERRERO

Einer der Überlebenden des Massakers von Aguas Blancas und Leiter der Organización Campesina de la Sierra del Sur (OCSS) in Coyuca de Benítez, Felipe Ayala Arreola, wurde am 20. Februar ermordet. Er war als einer der Referenten auf dem Forum "Ni perdón ni olvido" in Chilpancingo vorgesehen. Außerdem stand seine Zeugenaussage vor der Generalstaatsanwalt-schaft über die Erschießung eines Bauern durch einen Polizisten während des Massakers bevor. (Melel, 22.+28.02.2003; PIQ Nr. 66, 06.03.2003, aus: El Sur, 22.02.2003)

Mehrere Menschenrechtsorganisationen, darunter das Centro de Derechos Humanos Tlachinollan, haben Beschwerde gegen die Zuständigkeit der Militärjustiz im Fall der vergewal-tigten Indígena Valentina Rosendo Cantú eingelegt. Darüber hinaus wurden Präsident Fox sowie die Außen-, Innen- und Verteidigungsminister wegen Nichterfüllung der Empfehlungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission und der UN-Sonderberichterstatter über Folter und extralegale Hinrichtungen angezeigt. Ihre Zuständigkeit sei es, dafür zu sorgen, daß zivile Behörden Menschenrechtsverletzungen, die von Soldaten begangen werden, untersuchen. Zuvor hatte die CNDH den Fall von Valentina Rosendo Cantú als abgeschlossen bezeichnet, da bei den Untersuchungen keine Hinweise darauf gefunden worden seien, welche die Verantwortung der Soldaten für die Vergewaltigung ergeben hätten. (Melel, 18.03.2003; PIQ Nr. 65, 19.02.2003; aus: El Sur, 11.02,2003)

Der Präsident der Staatlichen Menschenrechtskommission (CODEHUM), Juan Alarcón Hernández, verlas am 19. März die Zusammenfassung seines 12. Arbeitsberichtes vor dem Kon-greß von Guerrero. Hiernach wandten sich im Berichtszeitraum 12.086 Personen an CODEHUM, 37,83% mehr als im Bericht des letzten Jahres dokumentiert. Die häufigsten Beschwerden waren willkürliche Verhaftungen, Mißhandlungen, Amtsmißbrauch, Hausfriedensbruch, Bedrohungen, Unregelmäßigkeiten bei Voruntersuchungen, Folter, Bestechung und Einzelhaft. Alarcón schlug dem Kongreß vor, auf munizipaler Ebene autonome Menschenrechtsverteidigungsbüros und das Amt eines leitenden Menschenrechtskommissars einzurichten. Ebenso bat er den Kongreß, CODEHUM die Befähigung zur Einreichung von Gesetzesinitiativen im Menschenrechtsbereich zuzugestehen. (El Sur, 20.03.2003)

Laut einer Studie der Universidad Autónoma Metropolitana (UAM) liegt Guerrero im Bundesdurchschnitt an erster Stelle bei der Müttersterblichkeit. Diese liegt bei 70 toten Müttern auf 100.000 Lebendgeburten (zum Vergleich: Chiapas 70, Michoacán 43, Puebla 45, Oaxaca 58 und Veracruz 58). In indigenen Gebieten liegt die Müttersterblichkeit bei 283 auf 100.000 Lebendgeburten, eine Zahl, die nur mit El Salvador vor 10 Jahren verglichen werden könne. Damit ist die Müttersterblichkeit von indigenen Frauen in Guerrero 3 mal höher als im Durchschnitt ganz Mexikos. (El Sur, 31.03.2003)

HIDALGO

Menschenrechts- und unabhängige indigene Organisationen haben in der Huasteca bekannt gegeben, daß über 1.000 Soldaten auf der Suche nach vermeintlichen Guerrilleros in ihren Dörfern patrouillieren und die Bevölkerung einschüchtern. Darüber hinaus sollen die Militärs paramilitärische Gruppen organisieren. (Melel, 22.03.2003)

OAXACA

Die CNDH ermahnte die Bundes- und Landesregierung von Oaxaca, ein Amnestiegesetz zu verkünden, welches den Indigenen zugute kommen soll, die an den gewalttätigen Auseinander-setzungen im Jahr 1996 in der Region Loxicha beteiligt gewesen sein und der EPR angehört haben sollen. In einem Sonderbericht forderte die CNDH, daß die Menschenrechtsverletzungen, die in dieser Zeit durch Staatsdiener begangen worden seien, nicht ungestraft bleiben dürften. Derzeit sitzen noch 8 Indigene aus Loxicha in Gefängnissen Haftstrafen zwischen 23 und 30 Jahren ab. Gegen weitere 8 Personen wird wegen Körperverletzung, Raub, Geiselnahme, Sabotage und Waffenbesitzes verhandelt. (PIQ Nr. 66, 06.03.2003, aus: Reforma, 02.03.2003)

PUEBLA

Der Kongreß von Puebla hat einstimmig einer Strafgesetzänderung zugestimmt, wonach nun Entführer mit einer Maximalstrafe von bis zu 70 Jahren verurteilt werden können. (Melel, 14.03.2003)

SONORA

In Nogales wurden nach Auskunft der Staatsanwaltschaft in den letzten 8 Monaten die Leichen von 5 Frauen gefunden. Die Polizei nahm Mitte April den mutmaßlichen Mörder von 2 Frauen fest, der gestand, sie mit einer Elektrosäge zerstückelt zu haben. Sein Freund habe die anderen 3 Frauen erschossen. (Jornada, 15.04.2003)

TAMAULIPAS

In Tamaulipas wird befürchtet, daß die Mörder der Frauen in Ciudad Juárez ihren Aktionsradius ausdehnen könnten. Inzwischen wurden in diesem Bundesstaat die Leichen von 3 vergewaltigten oder halbnackten Frauen gefunden. (Melel, 15.03.2003)

INDIGENE RECHTE

Anläßlich des 7. Jahrestages der Unterzeichnung der Acuerdos de San Andrés am 16.02.1996 haben mehrere Menschenrechtsorganisationen, Samuel Ruiz, die FZLN (Frente Zapatista de Liberación Nacional) und der CNI (Congreso Nacional Indígena) öffentlich die Umsetzung der darin vereinbarten Rechte für die indigenen Völker Mexikos gefordert. Der CNI gab darüber hinaus bekannt, daß die Acuerdos für die indigenen Völker Gesetzesrang haben. Mit oder ohne konstitutionelle Anerkennung würden sie ihre Grundrechte wahrnehmen. (Melel, 17.+18.02.2003)

Angesichts der besorgniserregenden Paralyse des Dialoges zwischen der Bundesregierung und der EZLN forderte Bischof Arizmendi die mexikanischen Kongreß- und Senatsabgeordneten auf, sich von mentalen und emotionalen Hemmschuhen zu befreien und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um das indigene Gesetz zu verbessern. Man könne nicht erwarten, daß alle Forderungen der EZLN erfüllt würden, so Arizmendi in seiner Predigt am 23. Februar in San Cristóbal, jedoch sei es Aufgabe der Gesetzgeber, den indigenen Rechten eine größere Anerkennung zu geben. (Oficina Diocesana De Comunicación, 21.02.2003: Predigt von Bischof Felipe Arizmendi am 23.02.2003)

Arnulfo Embriz wurde am 1. April zum Nachfolger von Huberto Aldaz als neuer Direktor des Instituto Nacional Indigenista (INI) ernannt. Aldaz kandidiert für die PAN als Kongreßabgeord-neter. Das INI wird in Kürze aufgelöst. Stattdessen wird eine Nationale Kommission für die Entwicklung der indigenen Völker eingerichtet. (Melel, 02.04.2003)

Auf seinem 9. Treffen der Region Zentrum-Pazifik, welches in Guerrero mit 309 indigenen Vertretern stattfand, forderte der CNI, daß die Privatisierung der Länder der indigenen Völker und der Freihandelsvertrag NAFTA bekämpft und die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, insbesondere mit Mais, als erster Schritt zur Autonomie erreicht werden müsse. (Melel, 08.04.2003)

LANDWIRTSCHAFT

Für das Jahr 2003 sagte die Regierung Fox zu, für die Landwirtschaft 117 Mrd. Pesos zur Verfügung zu stellen. Hiervon sollen über 70 Mrd. Pesos für die Produktionsentwicklung und über 46 Mrd. Pesos für die Bekämpfung ländlicher Armut verwandt werden. Mit diesen Subventionen soll die Konkurrenzfähigkeit der nationalen Bauern angesichts des NAFTA-Vertrages und der gestiegenen Subventionen an die Landwirte in den USA und Kanada erhöht werden. Die Summe von 70 Mrd. Pesos stellt 6,4% des Budgets der Regierung für 2003 dar. PROCAMPO wird das Programm sein, das hiervon mit über 14 Mrd. Pesos die meisten Mittel zur Verfügung gestellt bekommt. Über 13 Mrd. Pesos will PROCAMPO ab März als direkte Unterstützung für Bauern verwenden. Jeder bei PROCAMPO eingeschriebene Bauer, der mehr als 5 ha Land besitzt, soll pro Hektar 900 Pesos erhalten, diejenigen, die weniger als 5 ha besitzen, sollen 1.300 Pesos pro Hektar bekommen. Insgesamt sollen 3 Millionen Landwirte mit insgesamt 13,9 Mio. landwirt-schaftlich genutzter Fläche von den Zahlungen profitieren. Darüber hinaus soll der Preis für Treibstoff für ländliche Betriebe gesenkt werden. Der Generalkoordinator von PROCAMPO, José Antonio Fernández Ortiz, schloß aus, daß es sich hierbei um Wahltaktik handeln könnte. (Melel, 16.02.2003, Jornada, 25.02.2003)

In einem internen Dokument, welches der Tageszeitung Reforma vorlag, kommt das mexikanische Wirtschaftsministerium zu dem Ergebnis, daß eine evtl. Neuverhandlung des NAFTA-Abkommens, wie es die Bauernverbände fordern, die bilateralen Beziehungen mit den USA im Hinblick auf politische, soziale, Migrations-, Sicherheits- bis hin zu Drogenthemen betreffen würde. Das Ministerium befürchtet auch Druck seitens der USA auf Bereiche wie Energie, Automobil, Textil, Öl und Landwirtschaftsprodukte wie Tomaten oder Avocados. (Melel, 18.02.2003)

Die Nationale Union der Landwirte Kanadas solidarisierte sich mit der Bauernbewegung Mexikos für eine Neuverhandlung des NAFTA-Abkommens. Der Kampf der Mexikaner habe die Union inspiriert, sich für eine gemeinsame Strategie einzusetzen, damit NAFTA von den 3 beteiligten Ländern revidiert wird. (Melel, 21.02.2003)

Der kanadische Ministerpräsident Chrétien versicherte während seiner Reise nach Mexiko Ende Februar seine Bereitschaft zur Neuverhandlung von NAFTA. Es sei ein guter Moment, um Anpassungen vorzunehmen. Er sei besorgt über die hohen Subventionen, die die USA ihren Landwirten zugesagt hat, unter denen auch Kanada leide. Das Problem in der Landwirtschaft sei nicht NAFTA, sondern die US-Subventionen, welche die Preise für landwirtschaftliche Produkte zerstörten. (Melel, 28.02.+01.03.2003)

Anfang dieses Jahres begannen Verhandlungen zwischen den mexikanischen Bauernbewe-gungen und der Regierung über die mexikanische Landwirtschaft, Außen- und Binnenhandel und den NAFTA-Vertrag. Als Voraussetzung für die Unterzeichnung einer Nationalen Überein-kommens fordern die Bauernvertreter die Herausnahme von Mais und Bohnen aus dem Vertrag und eine Revision des Agrarkapitels von NAFTA. Ohne konkret auf die Forderungen der Bauern einzugehen und ohne ausreichende Ressourcen für die ländliche Entwicklung zuzusagen, legte die Regierung am 18. März den Bauernführern einen Entwurf für den "Acuerdo Nacional para el campo y el desarrollo de la sociedad rural" vor, der von den Bauern abgelehnt wird. Auch weigert sich die Regierung Fox bislang, die Haftbefehle gegen eine Reihe von Bauernführern zu anullieren. Nach weiteren heftigen Verhandlungen gab die Regierung am 3. April bekannt, daß sie im Fall von weißem Mais und Bohnen mit den USA und Kanada in Verhandlungen treten wird, um das Landwirtschaftskapitel von NAFTA zu revidieren. Für beiden Produkte ist die völlige Zollfreigabe ab 2008 vorgesehen. Obwohl die Neuverhandlung von NAFTA nicht aufgenommen wurde, unterzeichneten Vertreter der Bauern und der Regierung am 12. April den Acuerdo Nacional para el Campo, der nun den jeweiligen bäuerlichen Mitgliedsorganisationen zur Abstimmung vorgelegt wird. (Jornada, 03.03.+04.042003; Melel, 19., 22.+29.03., 13.04.2003; Chiapas 98, 30.03.2003, aus: Mexico Solidarity Network, Weekly News Summary, 17.-23.03.2003)

MENSCHENRECHTE

José Luis Soberanes, Präsident der CNDH, zeichnete am 21. Februar bei der Vorstellung seines Arbeitsberichtes vor Präsident Fox und einem Teil seines Kabinetts ein schwarzes Panorama, was den Respekt und die Achtung der Grundrechte der Mehrheit der Bevölkerung angeht. Genannt wurden Verzögerungstaktiken verschiedener Behörden gegenüber Empfehlungen der CNDH, die Straffreiheit, die Diskriminierung, verweigerte ärztliche Behandlungen etc. Dies sei, so Soberanes, noch schlimmer als die offene Zurückweisung der Empfehlungen; dies sei die Simulierung ihrer Erfüllung. Die Straffreiheit annulliere die Justiz und führe zu Haß, Frustration, Gewalt, Rache und Unglaubwürdigkeit. Die Ermordung von mittlerweile 232 Frauen in Ciudad Juárez sei eine nationale Schande. Die Diskrimierung von verwundbaren Gruppen, wie Migranten, Indigenen, Frauen, ältere, Behinderte und AIDS-Kranken bestehe fort. Auch in den Gefängnissen bestünden Menschenrechtsverletzungen fort. Soberanes nannte Überbelegung, Erpressung, Drogenhandel, fehlende ärztliche Versorgung sowie fehlende Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten. Im Anschluß an die Ausführungen Soberanes’ erklärte Präsident Fox, daß seine Regierung immer respektvoll mit der Autonomie der CNDH umgegangen sei und die Erfüllung von Empfehlungen immer sorgfältig prüfe. Er erkenne an, daß es in Mexiko noch immer Praktiken gebe, die gegen die Menschenwürde gerichtet seien. Seine Regierung bekämpfe diese jedoch mit aller Kraft. (Melel, 22.+26.02.2003)

In ihrem Bericht, den die Sonderstaatsanwältin zur Aufklärung des Mordes an Digna Ochoa, Margarita Guerra y Tejada, am 26. Februar auf der 117. Sitzungsperiode der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte vorlegte, führte sie ein Reihe von vorgesehenen Untersuchungsmaßnahmen auf, darunter die erneute Vorladung der Soldaten, die Montiel und Cabrera von den Campesinos Ecologistas gefangen genommen und gefoltert hatten sowie derjenigen, die in der Region zu dem Zeitpunkt patrouillierten, als sich Digna Ochoa im Herbst 2001 in der Sierra de Petatlán befand. Seitdem sie die Sonderstaatsanwaltschaft übernommen habe, seien 113 neue Zeugenaussagen aufgenommen, 73 kriminalistische, fotografische, genetische, daktyloskopische, informatische, medizinische, pathologische und psychologische Gutachten sowie 63 kriminalpolizeiliche Berichte erstellt worden. Die Anwälte der Familie von Digna Ochoa, Barbara Zamora López und Santos García Díaz, kritisierten den Bericht und wiesen darauf hin, daß Margarita Guerra sich in ihrer Untersuchungslinie v.a. auf die Selbstmordhypothese ihres Vorgängers stütze. Die Antwort auf den Mord sei in Guerrero zu finden. Die Familienangehörigen von Digna Ochoa erklärten Anfang März in Jalapa, daß sie zwei der Mörder von Digna Ochoa identifiziert und ausfindig gemacht hätten. Man habe einen Zeugen überreden können, vor der Sonderstaatsanwältin auszusagen. Diese Vernehmung habe am 6. Februar stattgefunden, ohne daß Margarita Guerra den Zeugen über den Fall Digna Ochoa befragt hätte. Auch die erneute Vernehmung von 22 Campesinos Ecologistas am 10. bis 12. Februar sei gescheitert, da im Unterschied zu den Campesinos, die der Vorladung gefolgt waren, die Sonderstaatsanwältin nicht erschienen sei. Am 13. März traten Barbara Zamora und Santos García als Anwälte der Nebenklage zurück. Grund sei, daß sie den Eindruck gewonnen hätten, daß die Sonderstaatsanwältin und die Staatsanwaltschaft (PGJDF) von D.F. Beweismittel fälschten, um die Selbstmordhypothese zu stützen. Ohne Wissen der Anwälte habe am 27. Februar eine erneute Untersuchung der Kanzlei von Digna Ochoa stattgefunden, bei der eine Tüte mit weißem Pulver hinter einem Sessel aufgetaucht sei. Dies sei unmöglich, da die PGJDF mehrfach die Kanzlei gründlich untersucht, die Möbel längst mitgenommen und z.T. gewaschen und die Kanzlei dem Besitzer übergeben hätte. Am 17. März verkündete Margarita Guerra, daß die Untersuchungen im Fall Digna Ochoa innerhalb der nächsten 4 Monate abgeschlossen werden sollen. Am 24. März kamen Mitarbeiter der Sonderstaatsanwaltschaft in Petatlán an, um bis zum 28. März 13 Personen zu befragen, darunter den Kaziken Rogaciano Alba und Felipe Arriaga von den Campesinos Ecologistas. Gleichzeitig wurde auch die Journalistin Maribel Gutiérrez von der Zeitung El Sur, die als erste von der Verbindung zwischen Kaziken Rogaciano Alba und der Ermordung von Digna Ochoa berichtet hatte, unter Strafandrohung von der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Die Zeitung El Sur steht auf dem Standpunkt, daß ihre Journalisten nicht als Zeugen vorgeladen werden dürfen, sondern das Recht auf Wahrung der Anonymität ihrer Quellen hätten. Felipe Arriaga sagte in seiner Vernehmung aus, daß es zwischen 1996 und 1999 Verbindungen zwischen Viehzüchtern und Holzfällern mit Militäreinheiten, die die Ökobauern bedrohten, gegeben habe. Dies war das fünfte Mal, daß Felipe Arriaga aussagen mußte. Das einzig Neue war, daß ihm dieses Mal, wie allen der Vorladung gefolgten 7 Zeugen, eine Speichelprobe genommen wurde. Anfang April drangen Soldaten des 19. Infanteriebatallons mit Haftbefehlen in das Dorf Banco Nuevo in der Sierra de Petatlán ein. U.a. wollten sie Jesús Bautista, einen der Gründer der Organización Ecologista festnehmen. Mitglieder der Organisation berichteten der Zeitung El Sur, daß das Verhalten der Soldaten, die eine Woche lang im Dorf blieben, sie an das Jahr 2001 erinnerte, als Mitglieder festgenommen und gefoltert worden ware. (Jornada, 27.02., 06., 18.03.2003; PIQ Nr. 66, 06.03.2003, aus: El Sur, 27.02.2003; Melel, 14.03.2003; El Sur, 25., 26., 28., 29.03.+04.04.2003)

Am 1. März wurde an der Eingangstür zu den Büros von ACAT (Asociación Cristiana por la Abolición de la Tortura) in Oaxaca ein anonymes Schreiben mit Morddrohungen gegen Anwalt Samuel Castellanos und die ehrenamtliche Mitarbeiterin Beatriz Casas Arellanes sowie gegen Mitarbeiter von OIDHO (Organización Indígena de Derechos Humanos en Oaxaca) gefunden. Samuel Castellanos wurde an diesem Tag von Unbekannten verfolgt Sie haben im Oktober 2002 die Verteidigung der des Massakers von Agua Fria, bei dem am 31. Mai 2002 27 Menschen ermordet wurden, Beschuldigten übernommen. Einen Monat später, am 1. April, fand man an der gleichen Stelle erneut Morddrohungen vor. Das anonyme Schreiben läßt erkennen, daß die Verfasser tägliche Gewohnheiten der Bedrohten kennen. Gefordert wird, daß sie sich von der Verteidigung zurückziehen. Am 11. April forderte die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte die mexikanische Regierung auf, Schutzmaßnahmen für die ACAT-Mitarbeiter Samuel Castellanos Piñón, Beatriz Casas Arellanes, José Raymundo Díaz Taboada, Graciela Calvo Navarrete und Mayra Irasema Jarquín Luján zu ergreifen, die im Laufe der letzten Monate in verschiedenen Zusammenhängen Drohungen erhalten hatten. Die Regierung hat bis Ende des Monats Zeit, um der Kommission über die getroffenen Maßnahmen zu berichten. (Jornada, 05.03.+02.04.2003, Presseerklärungen von ACAT, 04.03.+01.04.2003, Melel, 12.04.2003)

Der Anwalt der Bauern von San Salvador Atenco und ehemalige Mitarbeiter von Digna Ochoa, Leonel Rivera, und seine Frau wurden am 7. März auf ihrem Parkplatz von einem Auto angefahren und verletzt. Zuvor, am 18. Februar, hatte Leonel Rivera anonyme telefonische Drohungen erhalten. Seit der Ermordung von Digna Ochoa erhält er auf Anordnung des Interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte Schutz durch die mexikanische Regierung. Der Angreifer wurde zwar festgenommen, jedoch wenige Stunden später wieder auf freien Fuß gesetzt. (PIQ Nr. 67, 18.03.2003, aus: Jornada, 09.03.2003)

In ihrem neuen Bericht "México, Juicios Injustos: Tortura en la Administración de Justicia", führt amnesty international aus, daß in Mexiko alle Polizeieinheiten, seien es föderale, staatliche oder munizipale, Folter und Mißhandlungen regelmäßig und gewöhnlich als Kontrollmethode oder zur Prävention von Delikten anwenden. (Melel, 26.03.2003)

Migranten

Wegen der alarmierenden Zahlen von Prostitution, Kinderhandel zum Zwecke der Prostitution, Kinderpornographie und Organhandel an der Südgrenze Mexikos sei ein Abkommen zwischen Mexiko und den mittelamerikanischen Ländern nötig, um die Rechte von Migranten zu schützen, so David Bosada, Koordinator für internationale Angelegenheiten der CNDH, nachdem er an einer Ausbildung des Nationalen Instituts für Migration (INM) teilgenommen hatte. Da es inzwischen ein größeres Bewußtsein über die Migrationsproblematik gebe, hätten die Beschwerden von Migranten vor der CNDH zugenommen. Aus diesem Grund habe die CNDH 8 Büros an der Süd- und der Nordgrenze Mexikos eröffnet, an die sich Migranten wenden können. (Melel, 28.02.2003)

Beamte des INM haben während der ersten beiden Monate dieses Jahres mindestens 11.640 illegale Ausländer festgenommen und über die Grenze von Chiapas abgeschoben. Laut den Statistiken des Programms "Repatriación Segura y Ordenada" nahm das INM 10.619 Mittelame-rikaner fest, die v.a. aus Guatemala, El Salvador und Honduras stammen. (Melel, 12.03.2003)

Die Gouverneurin von Arizona, Janet Napolitano, hat in einer sich an ein privates Treffen mit ihrem Amtskollegen von Sonora, Armando López Nogales, anschließenden Pressekonferenz versichert, daß die US-Bürger, die in Arizona als selbsternannte Migrantenjäger fungieren, vor Gericht gestellt und bestraft würden. (Melel, 11.04.2003)

PPP / ALCA / NAFTA

Ín einer gemeinsamen Erklärung drückten die mexikanischen und mittelamerikanischen katholischen Bischöfe ihre große Besorgnis über die sozialen Konsequenzen, die der ALCA (Aera de Libre Comercio para las Américas) und der PPP haben könnten, aus. Unter dem aktuellen Wirtschaftsmodell vergrößere sich trotz des wachsenden globalen Reichtums die Schere zwischen Reichen und Armen. Ebenso fordern sie die Regierungen der Region auf, Migranten großzügig, gerecht und menschlich zu behandeln. (Melel, 18.02.2003)

Zivile Organisationen aus Chiapas haben sich der Kontinentalen Kampagne gegen ALCA angeschlossen und führen nun Foren und Versammlungen durch und verbreiten Informationsmaterial. In der zweiten Märzhälfte wurde eine Befragung der Bevölkerung über ihre Kenntnisse des ALCA durchgeführt. (Melel, 14.03.2003; Information von Centro de Derechos Humanos Fray Bartolomé de las Casas, 14.03.2003)

Die Staatsminister, die vom 8. bis 10. April auf den Verhandlungen zum ALCA teilgenommen hatten, kamen überein, daß die Zivilgesellschaft als permanentes Organ in Form eines Komitées der Zivilgesellschaft im Verhandlungsprozeß zugelassen werden soll. (Melel, 14.04.2003)

VERSCHWUNDENE / GUERRA SUCIA

Das Supremo Tribunal Militar hat auf Antrag des Militärstaatsanwaltschaft die Generäle Mario Arturo Acosta Chaparro und Francisco Quirós Hermosillo, die wegen ihrer Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen zur Zeit des schmutzigen Krieges in Guerrero im Oktober 2002 angeklagt worden waren, wegen mangelnder Beweise in 121 Fällen freigesprochen. Die beiden Generäle, die bereits eine 14-jährige Gefängnisstrafe wegen Verbindungen zum Drogenhandel verbüßen, wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 143 Fällen angeklagt. Die noch anhängigen Fälle beziehen sich auf 22 Bauern, die im Militärstützpunkt Pie de la Cuesta bei Acapulco ermordet und von Flugzeugen aus ins Meer geworfen wurden. Nunmehr beabsichtigt die "Sonderstaatsanwaltschaft für Soziale und Politische Bewegungen der Vergangenheit", die Fälle von 25 weiteren Opfern in den Prozeß einzubringen. (Semanal, Servicio de Análisis y Opinión del Centro PRODH, Nr. 68, 17.03.2003; Jornada, 25.03.2003; El Universal, 28.03.2003)

Die Vizepräsidentin von AFADEM (Asociación de Familiares de Detenidos y Desaparecidos), Tita Radilla Martínez, beteuerte, daß das Militär mit seiner "schmutzigen Arbeit" fortfahre. Es seien Fälle bekannt geworden, in denen sich das Militär nun Zivilisten bediene, um Familienangehörige von Verschwundenen davon zu überzeugen, daß sie vor der Militärstaatsanwaltschaft aussagen sollen, da dadurch ihre Fälle bevorzugt behandelt würden. Fragwürdig sei auch, weshalb diese Personen nun Briefe des Innenministeriums erhielten, in denen ihnen mitgeteilt werde, daß ihre Fälle an die Sonderstaatsanwaltschaft übergeben wurden, obwohl sie von Anfang an vor der "Sonderstaatsanwaltschaft für Soziale und Politische Bewegungen der Vergangenheit" ausgesagt hätten. Tita Radilla kritisierte auch die Haltung des Sonderstaatsanwalts Ignacio Carillo Prieto, der keine Stellung zu der Dualität der Zuständigkeiten der Militärjustiz und der Sonderstaatsanwaltschaft genommen habe. (El Sur, 01.04.2003)

Anfang April wurde Luis de la Barreda Moreno, ehemaliger Leiter des Ministeriums für Sicherheit, wegen der Folterung und Ermordung von Jesus Piedra Ibarra angeklagt worden. Jesus Piedra Ibarra ist der Sohn von Rosario Ibarra, der Vorsitzenden des Comité Eureka. Er wurde im September 1975 in Monterrey von Bundespolizisten verhaftet und letztmalig Mitte der 80er Jahre lebend gesehen. De la Barreda Moreno ist gemeinsam mit einem weiteren ehemaligen Direktor des Ministeriums für Sicherheit und einer Reihe anderer ehemaliger Mitarbeiter dieser Behörde für Verbrechen angklagt, die während der 70er Jahre begangen wurden. Bislang ist es noch zu keiner Verurteilung gekommen. (Chiapas 98, 05.04.2003, aus: Mexico Solidarity Network, Weekly News Summary, 24.-30.03.2003)

OAS

Auf der 117. Sitzungsperiode der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte legten am 26. Februar 16 mexikanische Menschenrechtsorganisationen (darunter das Red Todos los Derechos para Todos, Academia Mexicana de Derechos Humanos, ACAT, AFADEM, SERAPAZ, LIMEDDH) einen gemeinsamen Bericht vor, in dem sie die Haupthindernisse bei der Straffreiheit und Menschenrechtsverletzungen hervorhoben. Die Kommission wurde gebeten, die Umsetzung ihrer Empfehlungen in Mexiko zu evaluieren und sich zu Projekten und legislativen Reformen, die internationalem und interamerikanischem Recht entgegenstehen, zu äußern und Präsident Fox aufzufordern, einen neuen Menschenrechtsbericht vorzulegen, da der letzte aus dem Jahr 1998 veraltet sei. Besorgnis drückten die Organisationen über die weitere Existenz der Militärgerichts-barkeit, die Militarisierung der Grenze zu Guatemala sowie darüber aus, daß von Soldaten nach wie vor mit die meisten Menschenrechtsverletzungen ausgehen. In dem Bericht kritisierten die Organisationen, daß über ein Jahr seit Einrichtung der "Sonderstaatsanwaltschaft für Soziale und Politische Bewegungen der Vergangenheit" noch keine konkreten Ergebnisse vorlägen, diese ein zu weites Mandat habe und mit zu wenig Ressourcen ausgestattet sei. An konkreten Fällen sprach der Bericht u.a. die Ermordung von Digna Ochoa, die Frauenmorde von Ciudad Juárez und das Massaker von Aguas Blancas an. (PRODH, 07.03.2003, gemeinsame Presseerklärung vom 06.03.2003)

Mit Martha Altolaguirre (Berichterstatterin über Frauen), Juan Méndez (Sonderberichterstatter über Mexiko) und Eduardo Bertoni (Berichterstatter über die Pressefreiheit) werden im Laufe von 2003 3 Sonderberichterstatter der OAS Mexiko besuchen. (Jornada, 07.03.2003)

In dem Bericht über ihre letzte Mexiko-Reise im Februar 2002 betonte Martha Altolaguirre, daß in Ciudad Juárez zur Zeit die reine Straffreiheit herrsche angesichts der Ermordungen und des Verschwindenlassens von Frauen. Trotz der 285 ermordeten und fast 300 verschwundenen Frauen und Mädchen zeichne sich die Antwort der Regierung durch eine Verweigerungshaltung und Unregelmäßigkeiten aus. Altolaguirre führt aus, daß seitens einiger Behörden die Tendenz besteht, die Opfer der Verbrechen zu diskreditieren und ihnen durch ihr vermeintliches Verhalten die Schuld zuzuschieben. Nach Auskunft der mexikanischen Regierung sollen 93 Verantwortliche für die Frauenmorde und ihre Komplizen festgenommen worden sein, insofern könne, so die Regierung, von Straffreiheit nicht die Rede sein. Altolaguirre, die während ihres Aufenthaltes in Mexiko mit einigen der Gefangenen sprach, äußerte sich besorgt darüber, daß diese gefoltert worden seien. Der Bericht wurden von mexikanischen Menschenrechtsorganisationen sehr positiv bewertet. (Jornada, 25.+27.03.2003)

Auf dem vom mexikanischen Außenministerium organisierten Seminar "La promoción y defensa de las niñas, niños y adolescentes y el Sistema Interamericano de Derechos Humanos" machte die Sonderberichterstatterin über die Rechte von Kindern, Susana Villarán, die Wirtschaftskrise in Lateinamerika für die wachsende Armut von Kindern verantwortlich. 114 Millionen Kinder lebten in Armut, und in den letzten beiden Jahre habe sich die Armut von Kindern zwischen 6 und 12 Jahren von 42 auf 44 Millionen erhöht. Jedes Jahr stürben 420.000 Kinder in Lateinamerika an heilbaren Krankheiten, die auf Unterernährung zurückzuführen seien. 4 Millionen Kinder seien unterernährt. 70 Millionen Kinder hätten keinen Zugang zu Trinkwasser. 30 Millionen Kinder müßten Erwerbsarbeit nachgehen. (Melel, 12.03.2003)

Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte äußerte sich in ihrem Jahresbericht besorgt über den fortschreitenden Zerfall der demokratischen Institutionalität auf dem amerikanischen Kontinent. Mexiko nahm im Jahr 2002 den zweiten Platz bei Beschwerden, die der Kommission vorgelegt wurden, ein (zum Vergleich: Argentinien: 3.785, Mexiko: 202, Peru: 157, USA: 87). Bei angeordneten Schutzmaßnahmen für bedrohte Personen lag Mexiko an 6. Stelle. (Melel, 04.04.2003)

Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte hat als ersten mexikanischen Fall in diesem Jahr die extralegale Hinrichtung von Celerino Jiménez Almaraz sowie die Aggressionen und Bedrohungen seiner Frau Estela García Ramírez angenommen. Nach Einschätzung der Kommission wird in diesem Fall die Gerechtigkeit durch unzulässige Verzögerungen in den Untersuchungen und der Bestrafung der Verantwortlichen verweigert. Am 24.04.1997 wurde in Loxicha Celerino Jiménez frühmorgens von 60 bis 80 Kriminalpolizisten in seinem Haus überfallen und erschossen. Die restlichen Familienmitglieder wurden zusammengeschlagen. Die Polizei nahm die Leiche von Celerino Jiménez mit. Erst als sich Estela García auf die Suche nach ihrem Mann machte, erfuhr sie, daß er angeblich bei einer Schießerei zwischen der Polizei und Guerrilleros ums Leben gekommen sei. (Jornada, 04.04.2003)

UNO

Nach einem Besuch in Guerrero, Jalisco, Estado de México, Oaxaca und dem Distrito Federal erarbeitete die UN-Arbeitsgruppe über willkürliche Verhaftungen ihren Bericht, in dem sie ausführt, daß die Gründe für das Fortbestehen von willkürlichen Verhaftungen in Mexiko das Fehlen von Prozeßgarantien und die Existenz eines "inquisitorischen" Justizsystems seien. Die meisten willkürlichen Verhaftungen fänden im Kontext der Drogenbekämpfung statt. Eines der Defizite des Justizsystems sei das Fehlen der Unschuldsvermutung in der Gesetzgebung und der Tatbestand des "in flagranti", welcher einen Blancoscheck für Verhaftungen darstelle. (PIQ Nr. 66, 06.03.2003, aus: El Universal, 20.02.2003)

VERSCHIEDENES

In 10 mexikanischen Bundesstaaten schlossen sich PRI und die Partido Verde Ecologista de México (PVEM) für die kommenden Wahlen zu Allianzen zusammen. In 40 Wahlkreisen, v.a. in Baja California Sur, Chiapas, Tabasco und Veracruz, haben die PRD und die Partido de los Trabajadores (PT) Wahlbündnisse geschlossen. (Melel, 20.02.2003)

Einheiten der Agencia Federal de Investigación der PGR haben den früheren Präsidenten der Comisión Nacional Bancaria y de Valores (CNBV), Eduardo Fernández, wegen Verletzung des Bankgeheimnisses festgenommen, nachdem dieser öffentlich bekannt gegeben hatte, daß die Assoziation "Amigos de Fox" Gelder aus dem Ausland erhalten hätte, um die Wahlkampf-kampagne von Vicente Fox im Jahr 2000 zu finanzieren. Präsident Fox beeilte sich zu versichern, daß es in seiner Kampagne keine illegale Finanzierung gegeben habe. (Melel, 26., 27.02.2003)

Der Consejo General del Instituto Federal Electoral (IFE) legte für die PRI wegen nicht deklarierter Wahlkampfspenden im Jahr 2000 in Höhe von 500 Mio. Pesos eine Strafe von 1 Mrd. Pesos fest. Die PRI kündigte Berufung vor dem Tribunal Electoral del Poder Judicial hiergegen an. (Melel, 14., 15.+19.03.2003)

Aufgrund des fehlenden Wirtschaftswachstums in den Jahren 2001 und 2002 und des Bevöl-kerungswachstums stieg die Anzahl von offiziell 53,7% Armen in Mexiko um ca. 3% auf rund 57 Millionen Arme an, so Akademiker der Universidad Iberoamericana. (Jornada, 27.03.2003)

Das mexikanische Innenministerium drohte die Schließung von 16 kommunitären Radiostationen mit der Begründung an, daß sie Piratensender seien. Die meist in indigenen Regionen liegenden Sender haben eine Sendeerlaubnis beantragt und verfolgen keine wirtschaftlichen Ziele. Mehrfach wurden sie vom Militär bedroht. (Melel, 30.03.2003)

Laut Auskunft von Associated Press haben die USA über die internationale Datenfirma ChoicePoint das mexikanische Wählerverzeichnis mit persönlichen Daten von 65 Millionen Mexikanern sowie das Verzeichnis der in Fahrzeughalter in DF gekauft. Die US-Regierung wird diese Listen benutzen, um von ihr gesuchte Ausländer ausfindig zu machen. Aus dem mexikanischen Innenministerium war zu hören, daß solche Daten nicht in den Händen von unautorisierten Personen und noch weniger in denen von anderen Staaten sein dürften. Das Instituto Federal Electoral (IFE) hält den Verkauf der Verzeichnisse für illegal. Die Daten seien vertraulich; Kopien würden nur den Parteien zugänglich gemacht. Die Firma ChoicePoint dagegen steht auf dem Standpunkt, daß ihr einziges Anliegen es sei, Daten zu verkaufen, um die Welt sicherer zu machen. Das IFE wird Strafanzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft stellen. (Melel, 13.+14.04.2003; Jornada, 15.04.2003)

Wie das mexikanische Konsulat in Douglas, Arizona, informierte, werden immer mehr mexikanische Minderjährige in den USA verhaftet. Sie würden von Drogenbanden zum Schmuggel von Drogen in die USA eingesetzt. (Melel, 13.04.2003)

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