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Offener Brief von Amnesty zum Thema Verschwindenlassen

amnesty international vom 01.03.2012

  Index: AMR 41/010/2012
N..de Ref.: TG AMR 41/2012.04

Herrn
Dr. Alejandro Poiré Romero
Innenminister
Innenministerium
México
México D.F.


Sehr geehrter Herr Innenminister,

heute, am 20. Februar 2012 jährt sich zum dritten Mal der Tag, an dem die Menschenrechtsverteidiger Raúl Lucas Lucía und Manuel Ponce Rosas in Tecoanapa, Bundesstaat Guerrero, tot aufgefunden wurden. Wie Sie wissen, waren die beiden Präsident bzw. Sekretär der Organisation für die Zukunft der mixtekischen Völker (OFPM) und damit beschäftigt, die Rechte der indigenen Völker Me’phaa und Na savi (Mixteken) zu verteidigen. Drei Jahre nach diesen schweren Vorfällen verharrt ihr Fall in der Straflosigkeit, und parallel hierzu haben wir es mit einem neuen Fall von Missbrauch gegen einen anderen Führer derselben Organisation zu tun.

Amnesty International bewertet Ihre jüngste öffentliche Erklärung positiv, mit der Sie das Engagement Ihrer Regierung für die Menschenrechte und den Schutz für diejenigen, die sie verteidigen, betonen. Dennoch richte ich mich bei dieser Gelegenheit an Sie, um Ihnen gegenüber die Besorgnis unserer Organisation in Bezug auf die schwierige Situation der MenschenrechtsverteidigerInnen in Mexiko zum Ausdruck zu bringen und unseren Aufruf zu wiederholen, dringend einen Mechanismus für ihren wirksameren Schutz in Gang zu setzen.

Die Missbräuche, denen sich heutzutage die MenschenrechtsverteidigerInnen in Mexiko ausgesetzt sehen, sind weiterhin schwerwiegend, sie häufen sich und bleiben straflos. So werden sie u.a. Opfer von Tötungen oder Mordversuchen, Bedrohungen, Einschüchterungen und Kriminalisierung. Beispiele sind die Fälle, auf die ich mich im Folgenden beziehe.

Norma Esther Andrade, Gründungsmitglied von »Nuestras Hijas de Regreso a Casa«, einer im Jahr 2001 geschaffenen Organisation, die gegen die Straflosigkeit und für Gerechtigkeit in den Fällen von Entführungen und Ermordungen von Frauen in Ciudad Juárez kämpft, wurde innerhalb von weniger als zwei Monaten Opfer von zwei schweren Angriffen auf ihr Leben. Der letzte erfolgte am 3. Februar 2012 in Mexiko-Stadt gegenüber dem Haus, in das sie nach dem ersten Anschlag im Dezember geflüchtet war. Der ihr von den Behörden gewährte Schutz erwies sich als vollkommen unsachgemäß und zeigte den Mangel an Wirkungskraft der von den Behörden angebotenen Sicherheitsmaßnahmen.

Seit dem 7. Dezember 2011 ist nichts bekannt über den Verbleib von Eva Alarcón und Marcial Bautista, zwei Umweltschützern von der Organisation der Ökobauern OCESP in der Region Sierra de Petatlán und Coyuca de Catalán im Bundesstaat Guerrero und Anhänger der »Bewegung für Frieden mit Gerechtigkeit und Würde« (MPJD). Sie wurden Opfer gewaltsamen Verschwindenlassens. Ihre Kinder setzen die Suche nach ihnen fort und wurden damit ebenfalls Opfer von Einschüchterungen.

Der Indigenenführer Maximino García Catarino, Mitglied der OFPM (der o.g. Organisation von Raúl Lucas Lucía und Manuel Ponce Rosas), befindet sich seit dem 20. Januar 2012 in der Stadt Ayutla de los Libres, Bundesstaat Guerrero, in Haft. Er wird dort unter der Anschuldigung des Totschlags festgehalten, und sein Fall weist große Ähnlichkeiten mit dem haltlosen Strafverfahren gegen Raúl Hernández auf, jenem anderen Menschenrechtsverteidiger aus der Region, der zwei Jahre lang im Gefängnis saß und von Amnesty International als gewaltloser politischer Gefangener anerkannt wurde.

In Haft befinden sich seit dem 13. Januar 2010 auch die Indigenenführer und kommunalen Verteidiger der Wasserversorgung, José Ramón Aniceto Gómez und Pascual Agustín Cruz, aus der Dorfgemeinde Atla im Munizip Pahuatlán, Bundesstaat Puebla. Beide wurden zu fast sieben Jahren Haft verurteilt, eine richterliche Entscheidung, die derzeit gemäß einem Amparo-Verfahren der Revision unterliegt. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung übten sie die Funktionen eines stellvertretenden Gemeinderates bzw. eines Friedensrichters von Atla aus, Ämter, in die sie von ihrer Gemeinde gewählt worden waren. Eines ihrer Hauptanliegen war die Trinkwasserversorgung in der gesamten Gemeinde durch die Verlegung entsprechender Rohre und Anschlüsse an jedes Haus.

Amnesty International prüft die Fälle von Maximino García Catarino, José Ramón Aniceto Gómez und Pascual Agustín Cruz auch dahingehend, dass wir darin eine Koinzidenz von fabrizierten Strafverfahren unter falschen Anschuldigungen erkennen, bei denen die Unschuldsvermutung fehlt und prozessuale Unregelmäßigkeiten auftauchen, die wir in verschiedenen anderen Fällen von Missbrauch gegen MenschenrechtsverteidigerInnen in Mexiko in der Vergangenheit dokumentiert haben. Diese Situation und die Details in jedem Einzelfall legen die Vermutung nahe, dass das wahre Motiv, weshalb sich diese drei Indigenenführer n Haft befinden, ihr Einsatz für die Menschenrechte in ihren indigenen Gemeinden ist. Zur Bestätigung dieser Situation wird Amnesty International sie als gewaltlose politische Gefangene anerkennen und ihre sofortige und bedingungslose Freilassung fordern.

Der Schutz des Lebens, der Integrität und aller Menschenrechte für alle Personen auf dem Staatsgebiet ist eine Verpflichtung des mexikanischen Staates, die sowohl in der Verfassung verankert ist als auch in den internationalen Menschenrechtsverträgen, die Mexiko unterzeichnet hat und mit trägt. Dies schließt die Verpflichtung ein, durch besondere Maßnahmen das Leben, die Integrität und die Freiheit jener zu schützen, die sich für die Menschenrechte einsetzen.

Wenn die Menschenrechte für Ihre Regierung wirklich von höchster Priorität sind, ist es in erster Linie unverzichtbar, einen Schutzmechanismus für die Verteidiger_innen der Menschenrechte in Gang zu setzen, der das Vertrauen der Betroffenen verdient und ihnen tatsächlich Schutz bietet, damit sie ihren legitimen Aktivitäten nachgehen und die Menschenrechts verteidigen können. Ebenso müssen die Behörden auf Bundes- und Landesebene garantieren, dass der Missbrauch des Justizverwaltungssystems, MenschenrechtsverteidigerInnen unbegründeterweise zu verfolgen, gestoppt wird.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Hochachtungsvoll,

Javier Zúñiga Mejía Borja
Sonderberater für die Regionalprogramme

London, 20. Februar 2012

 Anhang  
  Offener Brief von Amnesty zum Thema Verschwindenlassen als PDF


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 Quelle:  
  http://www.amnesty.de/ 
 

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