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Wahlkampf: Fox weiter ohne Mehrheit im Abgeordnetenhaus?

Poonal vom 01.07.2003
Von Gerold Schmidt, Poonal 579 vom 01.07.2003

  (Mexiko-Stadt, 27. Juni 2003, npl).- Am kommenden Sonntag (6.7.) entscheidet sich, welchen Handlungsspielraum der konservative mexikanische Präsident Vicente Fox in der zweiten Hälfte seiner sechsjährigen Amtszeit haben wird. Mit einer Abgeordnetenmehrheit im Rücken könnte er die umstrittenen Steuer- und Privatisierungsreformen endlich durchsetzen. Andernfalls würde Fox wie bisher ideenlos und mit gebundenen Händen agieren.

Die in Mexiko übliche, komplette Erneuerung des Bundesparlamentes zur Halbzeit einer Präsidentschaft sowie die Wahl von Gouverneuren in sechs der 31 Bundesstaaten und weitere Regionalwahlen können die politische Landschaft Mexikos verändern. Doch eindeutige Sieger für den Urnengang am 6. Juli sind nach Einschätzung der meisten Beobachter kaum auszumachen. Der klar von der Opposition beherrschte mexikanische Senat steht zudem nicht zur Wahl.

Heimlicher Triumphator, so meinen viele, könnte am 6. Juli die Wahlenthaltung sein, wenn sie die 40-Prozentmarke überschreitet. Denn die Desillusion vieler Mexikaner gegenüber den im Parlament vertretenen Parteien ist groß: Vor drei Jahren wurde der letztlich überraschende Sieg von Fox und seiner Partei der Nationalen Aktion (PAN) bei den Präsidentschaftswahlen auch von Teilen seiner politischen Gegner begrüßt, weil er die 71-jährige Herrschaft der abgenutzten Revolutionären Institutionellen Partei (PRI) beendete. Doch der "demokratische Bonus", der Fox im Jahr 2000 zugestanden wurde, hat sich schnell verbraucht. Seine Unfähigkeit, ohne sichere Abgeordnetenmehrheit in wichtigen Fragen zu tragfähigen Kompromissen mit dem Parlament zu kommen, steht in der Kritik.

Gemessen an seinen vollmundigen Versprechungen bezüglich Wirtschaftswachstum, Armutsbekämpfung und Arbeitsplatzbeschaffung ist der Präsident im Grunde schon zur Halbzeit gescheitert. Einziger Hoffnungsschimmer für Fox ist der desolate Zustand der Oppositionsparteien, die es der PAN ermöglichen könnten, doch endlich die absolute Mehrheit der 500 Abgeordnetensitze zu erreichen.

Offiziell hat sich dieses Ziel auch die einstige Staatspartei PRI gesetzt. Entgegen den Prognosen brach sie nach dem Machtverlust auf Bundesebene nicht zusammen, sondern konnte sich zuletzt bei Regionalwahlen auf relativ hohem Niveau stabilisieren. Von einer geschlossenen Partei kann jedoch nicht die Rede sein. Die PRI, die vielen immer noch als Synonym für Korruption gilt, spekuliert auf eine hohe Wahlenthaltung bei gleichzeitiger Mobilisierung ihrer Stammwähler.

Alle Mehrheitskalkulationen dürften hinfällig sein, wenn es der linksgemäßigten Partei der Demokratischen Revolution (PRD) gelingen sollte, mehr als 20 Prozent der Stimmen zu bekommen. Die in vielen Bundesstaaten sehr schwache PRD hofft vor allen Dingen, von der ungeheuren Popularität zu profitieren, die ihr früherer Parteivorsitzender Andres Manuel Lopez Obrador als Bürgermeister in der Hauptstadt hat. Ob das voraussichtlich herausragende PRD-Ergebnis in Mexiko-Stadt für ein insgesamt gutes Abschneiden ausreichen wird, ist allerdings umstritten.

Mit Spannung wird das Abschneiden der acht kleinen Parteien verfolgt, die eine Zwei-Prozenthürde überspringen müssen. Die eher opportunistisch als ideologisch ausgerichteten mexikanischen Grünen — im wesentlichen ein Familienbesitzstand der Unternehmerfamilie Gonzalez Torres — haben sich diesmal der einst verteufelten PRI angenähert. Offenbar aus Frust darüber, dass vor drei Jahren ihr Bündnis mit Vicente Fox nicht mit entsprechenden Regierungsposten belohnt wurde.

Unter drei völlig neuen Parteien sticht die von vielen als links verortete México Posible (Mexiko ist möglich) hervor. Ihren Wahlkampf hat die Partei vor allem mit den Themen Menschen- und Bürgerrechte, Frauenpolitik, Minderheitengruppen und legale Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften geführt. Die sicherlich einkalkulierte Verurteilungen seitens der katholischen Kirchenhierarchie sowie die daraus resultierende Kontroverse bescherten der Partei eine Öffentlichkeit, die sie mit ihren begrenzten Mitteln sonst kaum erreicht hätte.

Ein Großteil der mexikanischen Intellektuellen schaltete vor wenigen Tagen eine Anzeige in Tageszeitungen, in der sie dazu aufriefen, México Posible unabhängig von Parteireferenzen auf anderen Wahlebenen ins Bundesparlament zu wählen. Sollte die Partei den Sprung ins Parlament schaffen und sich konsolidieren, könnte sie für viele von den traditionellen Parteien enttäuschte Wähler mittelfristig eine Alternative werden.


Quelle: poonal
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