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Abschrift der ersten Sendung von Radio Insurgente
News vom 09.08.2003 |
von Subcomandante Marcos |
übersetzt von Dana |
Hier ist Radio Insurgente, wir senden aus den Bergen des mexikanischen Südostens.
Willkommen zur ersten intergalaktischen Sendung von Radio Insurgente
Radio Insurgente, die Stimme der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung, sendet auf 5.8 Megahertz, 49 Meter Band auf Kurzwelle, und wenn die hohe Regierung interferiert, zirkulieren wir auf Pirat CDs.
Wir möchtet die verschiedenen Filialen von Radio Insurgente grüßen, die Stimme derer ohne Stimme im Hochland von Chiapas, in der Selva Fronteriza und in der Selva Tzeltal.
Wir grüßen ebenfalls die aufständischen Truppen, die in unsere Positionen in den Bergen in Alarmbereitschaft bleiben, sowie alle Unterstützungsbasen der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung. Dies ist Radio Insurgente
Bei dieser Gelegenheit, senden wir besondere Grüße an die Zivilgesellschaftler, die sich in diesem Augenblick in dem Caracol von Oventik befinden, und an der Fiesta des Todes der Aguascalientes und der Geburt der Caracoles und der Juntas de Buen Gobierno teilnehmen.
Wir grüßen ebenfalls die Brüder und Schwestern der Zapatistischen Front der Nationalen Befreiung und des Zapatistischen Netzwerkes für die Nationale Befreiung. Und ein Gruß auch nach Deutschland, besonders an die Kirchengemeinde von Bar Diater Zeler (?), oder wie das heißt, in Götingen, oder wie das heißt.
Grüße auch an Free Speech Rader News, Big Noice und Autonomous Media Projects.
Willkommen bei Radio Insurgente, die Stimme der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung. Wie alle wissen, besteht die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung aus einer unbestimmten Anzahl von Gesetzesbrecher und Gesetzesbrecherinnen, die nichts anderes im Sinn haben als Probleme für die Oberen und die Angesehenen zu schaffen. Ihre Aktivitäten haben ihnen Feinde aller Art eingehandelt, und um zu demonstrieren, dass sie eine postmoderne Guerrilla sind, haben die Zapatisten die Feindseligkeit globalisiert, und haben das geschafft, was keiner Organisation vor ihnen gelungen ist: nicht weniger als ein Feind in allen Ecken der Welt zu haben. Okay, dass ist nur Angabe, denn die US Regierung hat nicht weniger als eine Tonne Feinde in allen Ecken der Welt.
Und nun, exklusiv für die wenigen Verirrten, die uns eingeschaltet haben, folgt ein Exklusivreport: unser effizientes und professionelles Team von Reporter ... nun, von Reporterinnen, denn die Frauen sind, wie überall sonst, auch hier in der Mehrzahl. Gut, wie ich schon sagte, unser Reporterteam hat nach geduldiger und gründlicher Recherche etwas über die Zapatisten herausgefunden. Was die Zapatisten anscheinend am meisten wollen, ist eine neue Welt zu errichten, eine Welt, in der viele Welten passen. Und nicht nur das, wir haben auch herausgefunden, dass sie bei dieser subversiven Aufgabe auf dem ganzen Planeten Erde Komplizen haben, und Gerüchten zufolge, die aber noch nicht bestätigt sind, sogar in andere Galaxien. Und die Zapatisten sagen, dass es irgendwo eine bessere Welt geben muss. "Irgendwo muss es eine bessere Welt geben" ... hmmm... ah, dieser Satz kommt mir auch bekannt vor. Deshalb habe ich alle Bücher und Schriften die ich finden konnte zu Rate gezogen, und nein, dieser Satz stammt weder von Karl noch Groucho Marx. Er stammt auch nicht von Lenin, oder dem Sub, auch nicht von Che Guevara oder Emiliano Zapata. Natürlich blieb ich unverzagt, und war bereit alles zu tun um die maskierten zu demaskieren, also setzte ich diese Ermittlung fort, und fand heraus, dass dieser subversive Satz von B.B. King stammt, der daraus einen Blues gemacht hat. Und hier kommt er, exklusiv für Radio Insurgente, der King, B.B. King und das Stück mit dem unverschämten Namen "There must be a better world somewhere" — Irgendwo muss es eine bessere Welt geben .
[...]
Hier bei Radio Insurgente wiederholt sich die vom Lauf erschöpfte Geschichte. Wenn Arbeit Affen zu Menschen machen, schafft es der Krieg Menschen in Affen zu verwandeln. Und natürlich kamen die ersten Proteste von den Affen ("monos") und kleinen äffchen, oder die Karikaturen. Und die Karikaturen protestierten, weil das Image der politischen Klasse bei weitem komischer ist als sie. Und so werden die Comic Strips durch den unfairen Wettbewerb der nationalen und internationalen Politikseiten verdrängt. Eine allgemeine Übersicht reicht aus: da heißt es, dass Señor Bush nichts buchstabieren kann außer Bomben, und die nordamerikanische Presse nimmt große Mühen auf sich, um sein scheinbares Gegrunze in verständliche Worte auszudrücken.
Weiter drüben steht Señor Berlusconi, der jedes Verständnis für Zeit und Raum verloren hat, und zwischen Regieren und der Zusammenstellung eines Fernsehprogramms nicht mehr unterscheiden kann. (.) Und nur ein kleines bisschen zur Seite, beschließt Señor Garzón — sicher erschöpft von seiner intensiven Arbeit: die Schließung von Zeitungen, die Verfolgung der baskischen Sprache, Folterverhöre, Fotosessions mit den hinterbliebenen Verwandten von Bombenopfer, und die Kampagne für den Friedensnobelpreis — dass er Ferien braucht. Und um natürlich in einer vertrauten Umgebung zu bleiben, beschließt er seine Ferien in Chiapas zu verbringen, ein Ort der heutzutage von Illegalen und Kommunikationsmedien nur so überfließt, Richter Garzóns zwei große Leidenschaften.
Dort drüben wir Señor Blair wieder von existentiellen Zweifeln geplagt, aber es wäre irrig anzunehmen, dass er nach Rechtfertigungen für den Skandal um die falschen Berichte über die irakische Gefahr sucht. Nein, Señor Blair hat Zweifel, weil er nicht weiß welchen Anzug er tragen soll. Ganz in der Nähe treffen sich Aznar und der kleine König, weil ihre Geheimdienste in Mexiko — das heißt, die mexikanische Regierung — sie darüber informiert haben, dass die Zapatisten die Idee einer Invasion Europas nicht aufgegeben haben, natürlich mit Landung auf den Iberischen Gestaden. Und da mir, wie allgemein bekannt, Monarchien absolut Schuppe sind, nahm ich die Zeitung mit auf die Latrine um dort über die politische Klasse zu reflektieren, in der gleichen Sitzposition wie Rodins "Denker". Als ich in das brandneue Hauptquartier des EZLN Generalkommandos zurückkam, las ich ein Brief in dem wortwörtlich drinstand, "Ich kann nicht aufhören an Dich zu denken". Ich wurde aufgeregt, senkte die Augen wie in Blick Nr. 7 aus dem Katalog für "Verführerische Blicke", Band 1., und seufzte. Aber nicht sehr lange, denn ich begriff fast sofort, dass der Brief an Brad Pitt adressiert war, der zufälligerweise ebenfalls in unser Programm eingeladen ist.
Ich verstaute mein verführerischer Blick Nr. 7. im Ordner für "sinnlose Gesten", und wohlwissend, dass ich für dieses Programm schwerer Kritik ausgesetzt sein werden, wendete ich mich Cuco Sánchez zu, und diesem Stück, das leicht die andere Hymne der Zapatisten sein könnte. Es heißt wie es heißt: "No soy monedita de oro".
[..]
Wir machen weiter mit dem intergalaktischen Sonderprogramm von Radio Insurgente. Intergalaktisches Programm bedeutet, dass wir mit so wenig Saft übertragen, dass wir das ganze nicht mal mit einem elektronischen Viagra hochkriegen könnten, deshalb sind wir auch nur mit intergalaktischer Technologie zu hören. Aber auch so haben wir unsere Methoden, um die hohe Regierung daran zu hindern uns aufzuspüren und mit dem zittrigen Signal von Radio Insurgente zu interferieren. Zum Beispiel werden wir immer wieder das Lied spielen, das als nächstes zu hören sein wird, damit der Feind denkt er würde eine andere Radiostation hören, nämlich "69 point G". Hier kommt also Joaquin Sabina, mit "69 point G" vom Album "Dimelo en la calle", und gleichzeitig senden wir Grüsse an Panchito Varona, der uns sicher nicht zuhört, aber was soll’s .
[.]
Sie hören Radio Insurgente, die Stimme der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung, das nicht auf "69 point G" sendet, es aber gerne tun würde. Ja, das würden wir wirklich gerne . Es ist nur so, dass sie manchmal "ja" zu einen sagen, aber nicht sagen wann. Hier ist Mariachi Vargas, "El son de la Negra."
[..]
Wer die Sendung im Original hören möchte, sie kann bei Indymedia Chiapas im mp3 Format heruntergeladen werden unter: Indymedia Chiapas, Art.-Nr. 105774
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