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Fest in Oventik: Zapatisten feiern neue Strukturen

Poonal vom 12.08.2003
Von Gerold Schmidt, Poonal 585 vom 12.08.2003

  (Mexiko-Stadt, 10. August 2003, npl-poonal).- Das Feiern haben die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) und ihre Basis in fast zehn Jahren Aufstand trotz aller Schwierigkeiten nicht verlernt. Mit einem großen Tanz endete in der Nacht zum Sonntag ein Tag, an dem die rebellischen Indígenas im mexikanischen Bundesstaat Chiapas eine neue Etappe ihres Kampfes einläuteten. Ein zivileres Gesicht wird die Bewegung künftig haben, so die Botschaft in Oventik, einem der wichtigsten sichtbaren Zentren der Zapatisten.

In Anwesenheit so gut wie der gesamten indígenen Führung der Zapatisten, vor mehreren tausend Mitgliedern, nationalen und internationalen Sympathisanten, Journalisten, wenigen verirrten Politikern und sicherlich einigen Regierungsspitzeln verkündeten die verschiedenen Kommandanten und Kommandantinnen des Klandestinen Revolutionären Indigenakomitees (CCRI) vor den rund 20.000 Angereisten ihre neue Strategien und künftigen Vorhaben. Zapatistensprecher Subcomandante Marcos war persönlich nicht erschienen. Seine Rede wurde per Lautsprecher von einem Band übertragen.

Die EZLN will sich künftig nicht mehr in die Verwaltungsangelegenheiten der 30 autonomen rebellischen Landkreise einmischen. Deren Autoritäten und die fünf am Samstag ins Leben gerufenen regionalen "Räte der guten Regierung" haben die Alleinverantwortung. "Armeen sind zur Verteidigung da, nicht zum Regieren", so Marcos, dessen Abwesenheit lakonisch mit "Bauchschmerzen" begründet wurde. Von der EZLN in ihrem Einflussgebiet errichtete Kontrollposten sollen genauso verschwinden wie in der Vergangenheit teilweise Einzelpersonen gegenüber erhobene "Steuern".

Die als Teil der Feierlichkeiten angekündigte Live-Übertragung von "Radio Insurgente, Voz del EZLN" (Aufständisches Radio, die Stimme der EZLN) auf Kurzwelle musste ausfallen. Nach Aussage der Zapatisten ist dies den Störmanövern der Regierung zu verdanken. Die Eröffnungssendung, in der sich Subcomandante Marcos als DJ betätigte, wurde dennoch in Oventik per Band abgespielt. Dass die Störung der Frequenz der Regierung zuzuschreiben ist, ist gut möglich, denn die scheinbare Gelassenheit des Kabinetts um Präsident Vicente Fox angesichts der Öffentlichkeitsoffensive der Aufständischen dürfte trügen.

Schließlich ist es eine Herausforderung an die Regierung, wenn die den Rebellen angeschlossene Bevölkerung sich in mindestens einem Drittel des Bundesstaates parallel zu den offiziellen Landkreisen selbst regiert. Allein die von den Zapatisten Tzots Choj genannte Region, für die der in dem Ort Morelia angesiedelte Rat der guten Regierung zuständig ist, umfasst ein Gebiet von 30.000 Quadratkilometern. Zwar kann die zapatistische Bewegung nicht überall gleich starken Einfluss ausüben und ihre Vorstellungen durchsetzen. In vielen Gemeinden regelt sie unter vollständigem Verzicht auf Regierungsgelder jedoch von der Gesundheitsversorgung bis zum Sport das gesamte Alltagsgeschehen.

Am vergangenen Donnerstag noch trafen Präsident Fox, sein Innenminister Santiago Creel, der Friedensbeauftragte für Chiapas, Luis H. Alvarez und der chiapanekische Gouverneur Pablo Salazar in Mexiko-Stadt zusammen. Dies zeigt, dass sie der neuen Zapatisteninitiative mehr Bedeutung zumessen, als sie zugeben. "Gelegenheit zur Wiederaufnahme des Dialogs", "sorgfältige Prüfung", "nicht notwendigerweise unvereinbar mit der Verfassung", so lauteten die ersten zurückhaltenden Kommentare aus Regierungskreisen zur Veranstaltung von Oventik und den Räten der autonomen Gemeinden.

Die Zapatisten haben durch Marcos aber wiederholt deutlich gemacht, dass ihre Vorstellungen des "gehorchenden Regierens" nichts mit dem ihrer Ansicht nach völlig korrupten Politikverständnis der Regierung und der Parteien zu tun haben und sie daher keinerlei Interesse mehr am Dialog mit diesen hegen.

Die Regierung kann die Aufständischen als politisch und erst recht militärisch weitgehend zu vernachlässigende Größe behandeln und sie gewähren lassen. Dies war die vergangenen zwei Jahre der Fall. Präsident Fox entzog sich damit der Mühe, sich weiter mit den inhaltlichen Ideen von Autonomie und Rechten indígenen Bevölkerung auseinander zu setzen, nach dem das mexikanische Parlament im April 2001 eine stark verwässerte Reform der ursprünglichen Initiative zur Indígea-Gesetzgebung verabschiedete. Diese ursprüngliche Version, basierend auf den Anfang 1996 unterzeichneten, aber nie von der Regierungsseite umgesetzten Abkommen von San Andres wollen die Zapatisten nun in ihren autonomen Landkreisen vor den Augen der Öffentlichkeit Realität werden lassen. Es gibt genug mexikanische Politiker, die das für nicht duldbar halten. Insofern ist der Tanz von Oventik ein Tanz auf dem Vulkan.


Quelle: poonal
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