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Der Tod von Ex-Präsident Portillo erinnert an verlorene Illusionen

Poonal vom 24.02.2004
Von Gerold Schmidt

  (Mexiko-Stadt, 19. Februar 2004, npl).- Als "letzter Präsident der mexikanischen Revolution" sah sich der am vergangenen Dienstag (17. Februar) gestorbene mexikanische Ex-Präsident (1976-82) José López Portillo gerne selbst. Tatsächlich war er für eine Zäsur in der Regierungsgeschichte des Landes verantwortlich. Das Scheitern seiner ganz auf den Ölboom ausgerichteten Politik ebnete einem neuen Typus von technokratischen Regierungsfunktionären den Weg, die Mexiko seit 1982 gegenüber dem Weltmarkt öffneten und einen zunehmend neoliberalen Kurs steuerten. Ein Vermächtnis, das viele Landsleute Portillo bis zu seinem letzten Tag nicht verziehen haben.

Rhetorisch begabt, mit intellektuellem Touch, übernahm Portillo die Regierungsgeschäfte 1976 mitten in der Rezession. Doch die kurz zuvor im Süden Mexikos entdeckten Erdölvorkommen und gleichzeitig explodierende Ölpreise auf dem Weltmarkt sorgten bald für rosige, wenn auch trügerische Aussichten. Der Präsident verkündete, das Land müsse sich bereit halten, den "Überfluss zu verwalten". Wohlstand für alle schien plötzlich möglich, selbst wenn Portillo mit beispiellosem Nepotismus zuerst einmal an seinen Familien- und Freundeskreis dachte.

Mexiko erlebte einen Bauboom, Auslandskredite flossen reichlich, die Wirtschaft wuchs jährlich zwischen sechs und acht Prozent. Hohe Inflationsraten, ein steigendes Haushaltsdefizit sowie die immer stärkere Abhängigkeit der inländischen Ökonomie von den Ölexporten wurden hingenommen. Sich seiner Bedeutung als wichtiges Ölreservoir bewusst, zeigte die Regierung Portillo außergewöhnliches politisches Selbstbewusstsein gegenüber den USA und erlaubte sich eine unabhängige Außenpolitik.

Doch das "imaginäre Mexiko", wie es der mexikanische Anthropologe Guillermo Bonfil einmal nannte, brach 1981 wie ein Kartenhaus zusammen. Ein Absturz der Ölpreise, die faktische Zahlungsunfähigkeit Mexikos gegenüber dem Ausland und eine am Ende 300-prozentige Abwertung der Peso-Währung, die Portillo "wie ein Hund" verteidigen wollte, zerrütteten innerhalb weniger Monate die einheimische Wirtschaft. Zahlreiche Betriebe mussten schließen. Breite Teile der Mittelschicht verarmten praktisch von einem Tag auf den anderen. Die von seinen Nachfolgern wieder rückgängig gemachte Verstaatlichung der Banken, die Portillo als "Plünderer" bezeichnete, war auch ein Versuch des Präsidenten, kurz vor seinem Amtsende vom eigenen Versagen abzulenken.

Innerhalb des Kabinetts gewannen aufgrund der Entwicklung ab 1981 die "Technokraten" gegenüber den "Politikern" die Oberhand. Mit dem Argument, der kommende Präsident müsse etwas von Zahlen verstehen, wurde Haushaltsminister Miguel de la Madrid Kandidat und damit Präsident der damals noch als Quasi-Staatspartei herrschenden PRI. Zum engeren Kreis dieser auch "die glückliche Familie" genannten Technokratengruppe gehörte ebenso der spätere Präsident Carlos Salinas (1988-94). Die Abkehr vom auf die Binnenmarktentwicklung orientierten Wirtschaftsmodell war damit vorgezeichnet. Dass die Technokraten mit ihrer Öffnungs- und Deregulierungspolitik die Armut der Bevölkerung in keiner Weise beseitigten und das Land mindestens ebenso eindrucksvoll in die Krise führen konnten, zeigte sich in den Folgejahren.


Quelle: poonal
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