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43 verschwundene Studenten − was nachher geschah

medico internat. (CH) vom 29.04.2016

  Vor einem Jahr, am 1. Mai 2015 besuchte uns eine Delegation aus Ayotzinapa in Zürich und informierte über die 43 im September 2014 gewaltsam verschwundenen Lehramtsstudierenden in Guerrero, Mexiko. Ein Jahr später ist das Schicksal der Jugendlichen immer noch nicht aufgeklärt. Was ist geschehen?

16/04/2016 − Die Mobilisierung der Angehörigen und solidarischer Organisationen haben die Staatsanwaltschaft Mexikos dazu gezwungen, im Fall von Ayotzinapa die Unterstützung von internationalen ExpertInnen zuzulassen. So hat insbesondere die Gruppe der Unabhängigen Internationalen ExpertInnen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (GIEI) die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kritisch begleitet. Die anfänglich von den Behörden als »historische Wahrheit” präsentierte Version der Ermordung und Verbrennung der 43 Jugendlichen wurde von dieser Expertengruppe mangels Beweisen zurückgewiesen.

Ermittlungen torpediert

Doch die Arbeit der internationalen ExpertInnen wurde von rechten Kreisen immer mehr diffamiert. Schliesslich kündigte die mexikanische Regierung die Zusammenarbeit mit der GIEI per Ende April 2016 auf.

Kurz davor behauptete die Staatsanwaltschaft erneut, die Studierenden seien möglicherweise verbrannt worden, ohne Beweise dafür vorzulegen. Die Expertengruppe ihrerseits forderte eine Untersuchung der Rolle der Armee in der Nacht des Verbrechens.
Es gibt zahlreiche Hinweise, dass die Militärs über die Ereignisse Bescheid wussten. Die Staatsanwaltschaft weigert sich jedoch, im Beisein der Experten Verhöre der Soldaten durchzuführen.

Familienangehörige und Studierende unter Druck

Seit eineinhalb Jahren wissen die Familien und Freunde nicht, was mit den 43 Lehramts-Studenten geschehen ist. Seit eineinhalb Jahren leben sie in einer unvorstellbaren Anspannung und in einem Wechselbad der Gefühle zwischen Hoffnung, Empörung und Verzweiflung. Der emotionale Ausnahmezustand und die konstante Mobilisierung, um den Druck auf die Behörden aufrecht zu erhalten, fordern ihren Tribut: Gemäss des von medico international schweiz unterstützen Komitee gegen Folter und Straflosigkeit CCTI, welches die Betroffenen begleitet, leiden insbesondere viele Eltern der Verschwundenen heute an chronischen Krankheiten. Doch die Familien, Freunde und solidarische Organisationen kämpfen weiter für eine Aufklärung dieses Verbrechens gegen die Menschheit.

Nichts gelernt aus Ayotzinapa?

Die fortwährende Korruption und Straflosigkeit begünstigt neue Verbrechen. So erlebte Guerrero im 2015 eine Eskalation der Gewalt mit über 150 gewaltsam Verschwundenen und einer erneuten Zunahme der Mordrate um 51%. Dies, obwohl die Bundesregierung mit der zusätzlichen Präsenz von Polizei und Militär angeblich alles in ihrer Macht stehende tue, um die Gewalt einzudämmen. Der Gouverneur von Guerrero fordert unterdessen die Lokalpresse auf, nicht mehr über die Gewalt zu berichten, da dies für die Touristenorte Acapulco und Zihuatanejo ungünstig sei.

OAS: Mexikanische Regierung leidet an »Schizophrenie«

UNO-Sonderbotschafter und andere internationale Gremien drängen die mexikanische Regierung zu einem Politikwechsel und fordern sie auf, nicht mehr die MenschenrechtsaktivistInnen zu verfolgen, sondern vielmehr Korruption und Straflosigkeit zu bekämpfen. Doch die Regierung von Peña Nieto betreibt weiter eine Schön-Wetter-Politik und bestreitet die Analysen der mexikanischen und internationalen Organisationen. Langsam aber sicher haben auch die Diplomaten von diesen Lügen genug. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission, Teil der Organisation Amerikanischer Staaten OAS, warnte kürzlich vor dem »Rückschritt in den Autoritarismus” in Mexiko. Und alsan einer Session zur Menschenrechtslage Anfang April die mexikanische Regierung einmal mehr alle Vorwürfe zurückwies, konterte der OAS-Vertreter Enrique Gil Botero mit den ungewohnt deutlichen Worten, die Krise der Menschenrechte in Mexiko nicht anerkennen zu wollen sei »ein klares Anzeichen von Schizophrenie”.
Inzwischen organisieren sich die Angehörigen der Verschwundenen in einem nationalen Dachverband. Denn auch in anderen Bundesstaaten verschwinden Menschen. Und allzu oft sind dabei Behörden involviert.

Projektstichworte:

medico international schweiz unterstützt das Kollektiv gegen Folter und Straflosigkeit und Folter CCTI in Guerrero seit zehn Jahren. Es ist eine gefährliche Arbeit, die von den Mitarbeitenden geleistet wird. Sie solidarisieren sich öffentlich mit den Opfern von staatlicher Gewalt, leisten psychologische und medizinische Betreuung, begleiten die Angehörigen und dokumentieren Fälle von Folter nach internationalen Standards.

Unterstützen Sie mit Ihrer Spende die mutige Arbeit gegen Folter und staatliche Gewalt in Mexiko.

 Quelle:  
  http://medicointernational.ch/projekte/mexiko/hintergruende/540-guerrero-mexiko.html 
 

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