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Die Künste und die Wissenschaften in der (neo)zapatistischen Geschichte

Worte des Subcomandante Insurgente Galeano

Kommunique vom 28.12.2016
übersetzt von Nadine

 

Die Künste und die Wissenschaften in der (neo)zapatistischen Geschichte


Worte des Subcomandante Insurgente Galeano

28. Dezember 2016

Gestern Nacht erzählte ich ihnen vom interplanetaren Durcheinander, welches die Frage ausgelöst hat, warum diese Blume diese Farbe hat, warum sie diese Form hat, warum sie diesen Geruch hat?«

Ok, ich bin zu weit gegangen mit dem »interplanetaren«. Ich hätte sagen sollen: das Durcheinander im Mikrokosmos des Zapatismus hat die Frage, gestellt von der jungen Rosita an Subcomandante Insurgente Moisés, hervorgerufen.

Obwohl ich glaube, dass es selbstverständlich ist, erübrigt es sich nicht klarzustellen, dass die Antwort, die der SubMoy der jugendlichen Zapatistin gab, die gleiche war, die, vielleicht, ich weiß es nicht, es ist wahrscheinlich, den Antriebsstoff für den Fortschritt der Wissenschaft seit ihrem Beginn gegeben hat: »Ich weiß es nicht«.

Jetzt denke ich, mit Sicherheit, wusste die Jugendliche, dass dies die Antwort war, aber hoffte, dass der SubMoy verstehen würde, dass, innerhalb der Blume, eine größere Frage lag.

Der SubMoy, nun wissen wir es weil wir hier sind, bei diesem Treffen, wusste, dass die Antwort »ich weiß nicht«, nicht nur unzureichend war, sondern nutzlos wäre, wenn sie nicht zu einer anderen Frage geführt hätte.

Jetzt wird er ihnen erzählen, was, wie man sagt, der Kontext der Frage ist ... und der seiner Antwort.

An mir liegt es nun ihnen kurz etwas über die Vorgeschichte dieser Frage und dieser Antwort zu erzählen.

Die Künste und die Wissenschaften hatten vor dem Beginn des Aufstands, innerhalb der ezetaelene [EZLN], ein sehr begrenztes Universum und eine kurze Geschichte: beide, Wissenschaften und Künste, hatten ein Motiv, eine Richtung, einen auferlegten Grund: den Krieg.

Zuerst in den Guerillalagern, dann in den Kasernen und danach in den Gemeinden, begrenzten sich die Künste auf die Musik, die Poesie und einige Zeichnungen und Malereien, alles mit ausschließlich revolutionären Botschaften. Klar, es war nicht verwunderlich, dass sich auf einmal Lieder von Liebe und Herzschmerz, Corridos [traditionelles Musikgenre, gesungene Geschichten über Helden, soziale Kämpfe und Liebe], Rancheras [traditionell ländliches Musikgenre, Patriotismus und Liebe als Themen] und sogar einige Balladen von Juan Gabriel [bekannter Popmusiker und Komponist] einschleichen, aber dies geschah in der Klandestinität innerhalb der Klandestinität.

Kino oder Filmkunst hatte in unserer Phantasie einen exklusiven Raum oder »vip«. Einer der Aufständischen erzählte uns immer denselben Film, aber er fand die Art und Weise ihn in jedes Mal zu modifizieren oder ihn mit anderen zu mischen. So sahen wir das Original und mehrere »Remakes« von »Enter the Dragon« mit Bruce Lee in der einzigen Rolle, da der compa Stunden damit zubrachte uns die Bewegungen und Schläge zu erklären. Das ging so weiter bis wir, mit einer kleinen Lichtanlage und einem schweren und sperrigen 16 Millimeter-Projektor, einen vietnamesischen Film sahen, der sich, glaube ich »Punto de Enlace« [etwa ´Verbindungsstelle`] nannte oder so ähnlich, und der, natürlich, nur in der Originalsprache war, so dass wir, mit Vorstellungskraft, Dialoge auf Spanisch darüber legten und einen anderen Film, als das Original, daraus machten. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube das wird »künstlerische Intervention« genannt.

Ich lenke die Aufmerksamkeit darauf, weil ich glaube, dass es das erste Mal war, dass die Wissenschaften und die Künste in einem zapatistischen Lager zusammenflossen. Und wegen der Wissenschaften beziehe ich mich nicht auf den tragbaren Generator und Projektor, sondern auf das Popcorn, das jemand der Sendung des Apparats und des Filmes beigefügt hatte.

Natürlich stopften wir uns voll mit Popcorn mit dem Ruf »iß heute oder stirb morgen«, und am nächsten Tag hat sich die Parole fast erfüllt: seit der Morgendämmerung, mit kollektivem Durchfall, hinterließ das gesamte aufständische Bataillon den Platz, als hätte sich eine Horde Eber dort niedergelassen. Wir trösteten uns dann, annehmend, dass es eine Probe biologischen Waffen war. Die Moral: Vorsicht mit den Parolen.

Der Kontakt mit den Dörfern erweiterte diesen begrenzten Horizont: zu den Feierlichkeiten legten die compas Zeitpläne für »das kulturelle Programm« fest, sagen sie, und »für die Party«. In so einem Zeitplan, der mit den Jahren verkürzt wurde, werden Gedichte vorgetragen, Gedanken vorgelesen und Lieder gesungen, alles über den Kampf. Nach und nach wurde die Dauer und Qualität der »Party« ausgeweitet. Es war der Zeitraum, in dem getanzt und gesungen wurde, was gerade in Mode war. Die, sagen wir mal »kommerzielle« Musik wiederum begann durch die lokale Produktion verdrängt zu werden. Zuerst, wurden die Texte der Lieder verändert; danach wurde auch die Musik komponiert.

Die Tänze änderten sich: von den gegenüberstehenden Reihen zum Paartanz. Ursprünglich wurden in den Tänzen in den Dörfern zwei Reihen gebildet: eine für Frauen, und gegenüber eine der Männer. Das hatte seinen Grund: durch die offenen Reihen konnten die mamaces [Mamas] ihre Töchter kontrollieren und sehen, ob sie sich verdrückten oder im kontinuierlichen Schaukeln des »Die rote Schleife« blieben. Später, Stück für Stück und nach hitzigen Versammlungen, wurde der Paartanz erlaubt, obwohl mit dem gleichen Rhythmus. Aber die Reihe bestand, so war es üblich ein tanzendes Paar zu sehen, aber sie auf eine Seite blickend und sr auf die entgegengesetzte Seite blickend. Das Theater, oder »seña« [dt. Zeichnen], war sehr sporadisch. Die Zeichnungen und Gemälde der Wandzeitungen der Berge, zogen in die Gemeinden ein, aber die Themen blieben.

-*-

Wenn es ihnen erscheint, dass die künstlerischen Aktivitäten spärlich waren, dann war die Wissenschaft praktisch nicht vorhanden (denn das Buch von Isaac Asimov, welches der Dahingeschiedene in seinem Rucksack trug, zählt nicht als Wissenschaft). Für den Kontakt mir der Natur nutzen wir das Wissen der Gemeinden, das heißt, wir waren darauf beschränkt, Tatsachen zu wissen, ohne die Erklärung zu kennen oder erklärten sie gemäß der Geschichten und Legenden die in den Gemeinden kursierten.

Zum Beispiel die Regenzeit und die Phasen der Aussaat. Es gab empirische Daten, die darauf hinwiesen, ob es regnen wird oder nicht, und statistisch gesehen funktionierte es. In den Lagern der Berge, zum Beispiel, wenn die Moskitos in Anzahl und Aggressivität zunahmen, bedeutete dies, dass es regnen wird. Natürlich hatten wir auch Barometer und Höhenmesser, aber die Stechmücken waren genauer. Hätte man uns gefragt, was dann das Verhältnis zwischen den Moskitos und dem Regen war, hätten wir geantwortet »ich weiß nicht«, aber wir wären nicht darüber hinaus gegangen, und wir wussten was zu tun war, war die Plastikdächer aufzustellen oder sich zu beeilen, um ins Dorf oder Lager zu gelangen, und nicht wissenschaftliche Untersuchungen anzustellen.

Das wissenschaftlichste, was getan wurde, war die Energie und Flugbahn der Geschosse zu berechnen, den Widerstand von Materialien (denn man musste wissen, wo man sich vor den Schüssen des Feindes schützen konnte), ausrichten teleskopischer Visiere, Herstellung von Sprengkörpern und »terrestrisches Navigieren« mittels Gebrauch von Karten, Höhenmessern und dem Neigungsmesser, wofür es notwendig war die Grundlagen der Trigonometrie, Algebra und Arithmetik zu studieren. Wir lernten den Sextant zu nutzen, um uns in der Nacht orientieren zu können, aber wir kamen nicht weit. Und das war auch nicht nötig, da die compas der Dörfer das Gelände so gut kannten, dass man keine Maschine brauchte, um sich zu orientieren. Und sie konnten Naturphänomene »vorhersagen«, durch andere oder Sitten und Gebräuche.

Die Welt wurde also von magischen Persönlichkeiten bewohnt, mit dem Sombrerón und Xpaquinté liefen wir die realen, steilen Wege, und Irrwege, und sie ließen sich mit uns in den aufständischen Lagern in den Bergen des mexikanischen Südostens nieder.

In der Medizin wurden zwei grundlegende Methoden angewendet. Da wir nicht um die Existenz der Heilung mit Kristallen, Biomagnetismus oder ähnlichen Dingen mit der gleichen wissenschaftlichen Strenge wussten, griffen wir auf die Suggestion und Autosuggestion zurück. Da wir nicht wenige Male keine Medizin hatten, sagten wir uns und wiederholten wir, wenn wir Fieber hatten: »ich habe kein Fieber, alles ist in meinem Kopf«. Sie bringt das vielleicht zum lachen, aber der geschiedene SupMarcos pflegte zu erzählen, dass er mehrere Fälle von Salmonellose mit dieser Methode beikam: »Und funktioniert es?« fragten sie ihn bei dieser Gelegenheit. Er antwortete mit seiner üblichen Bescheidenheit: »Nun, seht mich an, ich bin am Leben und schöner denn je«. Gut, das war bevor wir ihm den Tod gaben.

Wenn wir dann Medizin hatten, benutzen wir die wissenschaftliche Methode des »trial and error«. Das heißt, jemand wurde krank, wir gaben ihm ein Medikament, wenn es nicht kurierte, gaben wir ein anderes, und so weiter, bis wir das richtige erraten hatten oder die Krankheit, wahrscheinlich gelangweilt von der Methode, nachließ.

Eine andere wissenschaftliche Methode des Heilens war das sogenannte »escopetazo« [dt. etwa Schlag]. Wenn jemand Symptome einer Infektion hatte, gaben wir ihm ein Breitband-Antibiotikum. Fast immer kurierte es, und, natürlich, blieb es chemisch rein, mit dem Minimum um zu überleben, bis zur nächsten Infektion.

Jahre später, erzählt der Dahingeschiedene, dass die medizinischen Behandlungen, die ausgegeben wurden, auf einer simplen Statistik basierten: in den Bergen heilen diese und jene Symptome mit jenen Medikamenten bei x Prozent der Fälle; wenn in einer Truppe der Anzahl X an Kämpfern, so viele mit solchen Symptomen erkranken, steht die Chance bei x Prozent, dass es sich um dieselbe Krankheit handelt.

-*-

Eine Anekdote aus den Bergen, auch erzählt vor Jahren durch den geschiedenen SupMarcos, kann dienen um den Kontrast mit dem Jetzt aufzuzeigen: der Dahingeschiedene erzählte, dass während einer Erkundung in der tiefen Selva Lacandona, eine aufständische Infanterieeinheit weit entfernt vom Basislager blieb und sich gezwungen sah ohne weiteren Schutz als die Baumkronen und Blätter der Pflanzen zu übernachten; sie machten ein Lagerfeuer um zu sehen, ob sie eine Nauyaca-Schlange braten können, was das einzige war, dass sie erbeuten konnten. Der SupMarcos war damals kein »sup«, sondern aufständischer Leutnant der Infanterie und befehligte diese militärische Einheit.

Wie es zu jener Zeit üblich war, wenn die Nacht schließlich in die Bäume hinab sank und sich zu den Aufständischen setzte, sanken auch mit den Schatten zum Feuer, alle Arten von Geschichten, Erzählungen und Legenden, die, neben anderen Dingen, die Mission erfüllten den Hunger zu lindern und die Kleidung zu trocken, die der Schweiß und der Regen durchnässt hat. Der damalige Leutnant der Infanterie hielt sich abseits und beschränkte sich darauf zu hören, was die Truppe erzählte.

Einem der Neuen geschah es, dass, als er auf dem Irrweg lief, das Reiben der Blätter der La´aj oder Ortiga genannten Pflanze ihm einen Nesselausschlag an einer Hand verursacht hat und angeschwollen ist. Während er sich bedauerte und beschwerte, fragte der Rekrut einen anderen Kämpfer warum beziehungsweise was jene Pflanze enthält, dass sie so schadet. Der Veteran, sich verpflichtet fühlend dem neuen zu unterrichten, antwortete ihm: »Schau compa, ich sage dir ganz klar, dass nur Gott und die Blätter das wissen«.

Vielleicht aufgrund all dessen, was ich ihnen erzähle, verlor sich der geschiedene SupMarcos, als er zapatistischer Sprecher war, in und lief über von Legenden, Erzählungen und Anekdoten die sich mehr auf Erklärungen beziehen, die mit der Realität der alten Kultur verknüpft sind. Die Geschichten vom Alten Antonio, zum Beispiel.

Wenn der Dahingeschiedene ein Fenster war um den damaligen Zapatismus zu zeigen, und nun ist es der Subcomandante Insurgente Moisés, ist es nicht so, dass nur das Fenster gewechselt hat, auch was man sieht und hört durch dieses Fenster. Der Zapatismus von heute in den Gemeinden ist quantitativ und qualitativ anders, nicht mehr wie der, sagen wir mal, vor 30 Jahren, vor allem wie der der letzten 10-12 Jahre, was der Zeitraum ist, in dem das Mädchen, dass sich selbst als »Defensa Zapatista« [»Zapatistische Verteidigung«]bezeichnet, geboren worden sein müsste.

Damit will ich ihnen sagen, dass, wenn die Kinder vor 25-30 Jahren in den Vorbereitungen des Aufstands geboren wurden und jene, die vor 15-20 Jahren im Widerstand und der Rebellion geboren wurden, jene der letzten 10-15 Jahre in einem Prozess bereits konsolidierter Autonomie geboren wurden, mit neuen Merkmalen, von denen, darunter die Notwendigkeit der Wissenschaft, Subcomandante Insurgente Moisés gesprochen hat, dem ich das Wort überlasse ...


Worte des Subcomandante Insurgente Moisés

Guten Abend Brüder und Schwestern, compañeros, compañeras.

Die Wissenschaft, über die wir hier sprechen, wollen wir, die Zapatistas, als Wissenschaft für das Leben. So wie ihnen der Sub Galeano sagte, ist nichts weiter dazu zu sagen, ich werde ihnen nichts weiter dazu erklären, über die Wissenschaft, die wir auch schon studierten, als wir in den Bergen, in der Vorbereitung waren. Wir haben die Wissenschaft bereits angewendet, beziehungsweise den Krieg, das Töten und Sterben, doch die compañeros und compañeras der Dörfer, die Unterstützungsbasen, erzählten uns von einer andere Art Krieg zu führen, ohne die Prinzipien dessen, was wir wollen, zu verlieren. Wie gut, dass wir, die Kämpfer und Kämpferinnen, so erkannten, dass da etwas in unseren compañeros und compañeras war, also in den Dörfern, und so begannen wir zu lernen, begannen zu verstehen und begannen zu erkennen, dass das Wesen der Armee, welche der beiden auch immer, die Armee der Reichen und die Armee der Armen die kämpft, ausschließend ist, denn darin kämpfen nicht alle Männer und Frauen und Kinder, aber was uns unsere compañeros und compañeras zu denken gaben, ist gemeinsam zu kämpfen, um zu erreichen, was wir wollen, und sie sagten uns, dass die Waffe, mit der man kämpfen muss, der Widerstand und die Rebellion ist.

Worum es dabei geht, dass wir die schlechte Regierung nicht wollen, nicht das schlechte System, ist, dass man alle Formen nach denen sie uns betrügen, ablehnen muss, und so lernten wir, die Kämpfer, die Aufständischen, die Art und Weise wie dies ist, wie man es machen muss. So verstanden wir, wie man zusammen kämpfen muss, genau, wie die Gemeinden bis jetzt zusammen leben, im Kollektiv kann man sagen. Nun versucht das System, die schlechte Regierung sie zu spalten, aber sie haben es nicht gekonnt. Dieselben Gemeinden verstehen sich, zum Beispiel, gibt es in einigen Gemeinden verschiedene politische Parteien, oder verschiedene Religionen, aber sie sind eine Gemeinschaft. Wenn in dieser Gemeinde auf ein Stück Land eingedrungen wird, durch eine andere Gemeinde, vereint sich die Gemeinde, in die eingedrungen wurde, unmittelbar, dass heißt, sie vergessen, was sie sind, dass sie in verschiedene politische Parteien oder verschiedene Religionen gespalten sind. Da funktioniert es, da wurde nicht vergessen, was es bedeutet gemeinsam, Gemeinschaft zu sein.

So begannen wir zu verstehen, was sie uns sagten, was uns unsere compañeras, compañeros, Unterstützungsbasen, sagten, dass wir gemeinsam kämpfen werden müssen. Es war viel, sehr viel besser, was sie dachten, denn dann kämpft nicht nur der Kämpfer, sondern alle. Und so begannen wir Kämpfer*innen mit ihnen zusammen zu arbeiten, und was dann in diesem Kampf, in dieser Organisation passierte, ist, dass die Form geschaffen wurde, wie man wollte was man suchte, beziehungsweise, ich will sagen, dass man das, was die compañeras, die compañeros sahen, in die Praxis umsetzten muss, ein wenig, was man will, was man sucht.

Mit ihrer Autonomie, mit der autonomen Regierung unserer compañeros und compañeras, begann, was wir während der Zeit der Klandestinität, in unserer Vorbereitung, nicht wussten. Dann verstanden wir, dass es die Art ist, wie man denkt wie der Wandel gemacht wird, und dies während der 23 Jahre, in denen wir die Selbstregierung mit unseren Gemeinden praktizieren. Die Wahrheit ist, dass wir nicht so viele Erschossene, oder Verletzte oder Gefolterte, Verschwundene haben, wie zu Beginn im Jahre 94. Mit diesen 23 Jahren, zeigten uns die compañeros und compañeras, dass es eine andere Form gibt den Krieg gegen das System zu führen, dass man nicht stirbt und dass man nicht tötet, aber dafür braucht man Organisation, dafür braucht man Vereinbarungen, dafür muss man arbeiten und dafür muss man kämpfen und es in die Praxis umsetzen.

Nun sehen wir, dass mit dieser Waffe des Kampfes, die der Widerstand und die Rebellion ist, das System tatsächlich nichts gegen unsere compañeros und compañeras tun konnte, es hat alles dafür getan, damit sie es sein lassen, aber das System hat es nicht geschafft. Warum, weil die compañeras und compañeros bereits während der 23 Jahre so lebten, so wie sie es geschaffen haben. Wie der Sub Galeano treffend sagte, wir selbst waren überrascht davon, da wir es nicht erträumten, es nicht sahen, denn alles was die compañeros und compañeras erreicht haben, wurde erreicht durch ihr denken, durch das Sehen ihrer Bedürfnisse, das was sie brauchen und darüber nachdenkend, was danach zu tun ist, damit etwas erreicht wurde, wie etwas zu verbessern oder wie mit den Schritten fortzufahren, um unseren Dörfern gutes zu tun.

Nun, dieselben compañeras, compañeros machen die Nachweise unter einander, und die Mamas und Papas animieren sie natürlich, da sie es nicht gesehen haben. Zum Beispiel gibt es compañeras, die, ich weiß nicht wie man genau sagt, die Ärzte unterstützen, wie bei den Mechanikern hier kommt deine Zange, hier kommt dein Hammer, hier kommt dein Vorschlaghammer, wie auch immer man sagt, aber die compañeras sind bereits jene, die dem Arzt dabei helfen ihm zu geben, was er braucht, wenn er eine Operation durchführt, sie wissen schon, wie man ein Ultraschallgerät bedient, die Ärzte lassen sie schon, man kann sagen, diagnostizieren, da sie wissen die Platte oder das Foto zu lesen, was der Ultraschall zeigt, und genauso viele andere Arten von Apparaten wissen die compañeras und compañeros zu bedienen, der Zahnärzte, des Pap-Tests [Test zur Vorsorge von Gebärmutterhalskrebs] und vieler anderer Dinge der Gesundheit, im Gesundheitsbereich und der Laborarbeit.

Das, was wir nicht gedacht haben, denken wir jetzt und sagen: Hätten wir in 23 Jahren der Schüsse so dies geschaffen? Und unsere Antwort ist, dass wir nicht hier wären mit euch Brüder, Schwestern, compañeros, compañeras, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Wären es 23 Jahre der Schüsse gewesen, hätten wir uns nicht kennengelernt. Aber Dank ihrer Art zu sehen, unserer compañeros und compañeras, sind wir hier und sprechen mit ihnen. Angesichts dieses Fortschritts unserer compañeros und compañeras, musste man sich abgrenzen von der Art des Ausbeuters, des Kapitalismus also, oder der schlechten Regierung um zu kreieren, so, wie sie sich ihre Freiheit vorstellten, die wir erobert haben und sie begannen zu erschaffen, wie wir es verstehen.

Und so haben sie nun ihre Bildung, ihre Agrarökologie, ihre gemeinschaftlichen Radios, sie machen ihren eigenen Austausch von Erfahrungen, unsere compañeros und compañeras nutzen dies gemeinsam, denn was sie wollen ist das Leben. Ein Beispiel, so wie es uns schon der Sub Galeano gab, mit dem wir auch gesprochen haben, dass sie teilen, das Wie, damit man nicht stirbt, wie der Fall in einer der Fragen die gestellt wurde, darüber, dass die Plazenta des Babys geröstet oder gekocht wird, um das Leben zu erreichen, aber dies wird einfach so gemacht, eine Art Kampf, es gibt keine wirkliche Studie, dass dies die beste Art und Weise ist.

Da es also schon viele Generationen gibt, die dies mitgebracht haben, dass, was der Sub Galeano Ihnen über die Schuld der Blume sagte, dass die autonome zapatistische Bildung schon sehr fortgeschritten ist, sehen die Jugendlichen, dass sie schon viel gelernt haben. Dann geschah es, dass der Sohn eines compa, und es ist der Sohn eines compa der Tercios Compas [´Medien- und Kommunikationsbeauftragte`], zu fragen begann und sagte zu seinem Papa, warum seine Grundschule schon vorbei ist, seine erste Stufe wie die compas in den Dörfern sagen, also sagte der Sohn des compa zu ihm, Papa ich habe schon meine Schule abgeschlossen, aber ich werde weiter machen, denn ich will mehr lernen. So sagte der Compa Tercio, der der Papa ist, Sohn, lass mich sehen, denn noch befindet sich die zweite Stufe oder die weiterführende Schule, wie man sagt, in der Planung. Sie wird geplant, denn in der Bildung die wir wollen, werden keine Dinge gelernt, die nicht nützlich sein, wenn sie nicht notwendig sind. Sie ist dazu bestimmt, dass sie lernen was nützlich ist, sagte der compa zu seinem Sohn. Daraufhin sagte der Junge von etwa 13, 14 Jahren: Papa, aber denke nicht, dass du mich hier ins CIDECI schickst, denn im CIDECI lernt man Schneiderei, Schuhmacherei und andere Dinge, die man genauso gut hier im Caracol machen kann, man muss sich nur einigen es zu tun, sagte der Junge zu seinem Vater. Dann sagte der Junge, das, was ich lernen möchte, ist welche Substanz der Beifuß hat und was es heilt. Aber nun ist er hier anwesend, der Sohn des compa, der wollte, dass ich ihm sage wann und wo er dies lernen kann, also habe ich ihm gesagt, lass mich mal sehen, denn ich weiß es nicht.

Dann so überrascht, dass ich so verblieb: wird es sein, dass man es lernen kann? So dann mit dem Sub Galeano sprechend, sagt dieser, nun, das ist Sache der Wissenschaftler, der Wissenschaft, jene, die die Wissenschaft studieren. Aber was wir sehen, ist, dass die kommenden Generationen bereits andere Dinge sehen und das Gute ist, dass sie denken, denn der Junge, von dem ich ihnen erzählt habe, hat Recht, es gibt den gemeinsamen Austausch, wie man sagt, in den Gemeinden, genauso wie sie von den drei Bereichen sprechen, also wo compañeros und compañeras hingehen um Erfahrungen auszutauschen über Heilpflanzen, Geburtshilfe und Heiler*innen, dort wo der Junge von vielen Pflanzen gehört hat, die dies und jenes heilen, nicht? Aber man weiß nicht, was es ist, welche Substanz es enthält, dort wo er es gelernt hat.

Also ihre eigenen Praktiken, ihre eigenen Erkenntnisse darüber, was die compañeras und compañeros in den Dörfern machen, werden Erfahrungen eröffnen, aber gleichzeitig werden andere Bedürfnisse eröffnet mehr lernen zu wollen. So glaube ich, hörend was hier, zwischen uns entworfen wird, kommen Sie hoffentlich hier her, um es mit dem Volk umzusetzen, im Kollektiv. Es würde den compañeros und compañeros sehr gefallen, um jenes Wissen mehr zu nutzen, denn mit dem Wenigen, was die compañeros und compañeras haben, was sie geben also ... wie sage ich es, das, was sie machen, was die compañeros und compañeras erschaffen, sehen die anderen Brüder und Schwestern, die keine Zapatistas sind, zum Beispiel, in den Krankenhäusern die die compañeros haben, in ihren autonomen Krankenhäusern werden mehr parteiangehörige Brüder behandelt, als zapatistische. Die nicht-zapatistischen Leute, partidistas [Sympathisant*innen einer Partei] wie wir sagen, erkennen, dass das, was die Zapatistas machen viel besser ist, sie sagen es sogar schon direkt, dass es viel besser ist, was die Zapatistas machen. Aber nicht nur in den wenigen Fortschritten, die die compañeros und compañeras im Gesundheitsbereich gemacht haben, sondern sie helfen auch in der Orientierung beziehungsweise Politik zu betreiben, warum sie getäuscht werden, oder warum sie manipuliert werden oder warum sie beherrscht werden.

Gäbe es also mehr Unterstützung durch die Wissenschaft, dann würde es mehr Fortschritte geben für die compañeros und compañeras, und dies wollen wir Ihnen sagen, damit wir hoffentlich tatsächlich hier und jetzt mit unseren compañeros und compañeras in den Dörfern beginnen werden, damit sie sehen mögen, dass es Klassen, Workshops, praktische Dinge gibt, denn die compañeros und compañeras finden es sehr interessant und wichtig, um sich der kapitalistischen Hydra entgegenzusetzen, dafür muss die Gesundheit und die Ernährung verbessert werden, aber dafür ist es nötig zu lernen, dafür ist die Wissenschaft nötig. Die compañeros und compañeras handeln, wie schon häufig erwähnt, gemäß Sitten und Gebräuchen, dass heißt man macht den Test, indem man den Mais sät und schaut, ob er trägt, oder den Kürbis, oder die Süßkartoffel, da es keine wissenschaftliche Untersuchung gibt darüber, was die Erde dort ergibt, und was jener Teil nicht ergibt. Es bedeutet viel Leid, wenn man so lebt, aber wenn man sieht, dass es Wissenschaft gibt, ein Untersuchungslabor zum Beispiel, wäre es anders, dann ist es keine Sache von Ausprobieren, sondern es ist erwiesen, denn es gibt wissenschaftliche Untersuchungen darüber, was der Mutter Erde fehlt, oder was dort angebaut werden kann.

Man sieht, die compañeros und compañeras machen auch ihre Studien und so entstand jenes, weshalb wir hier sind, die Wahrheit ist, dass es der Junge war, der wissen wollte, was die Substanz des Beifuß ist und daher sah man, dass da noch mehr sind, die Zapatistischen Autonomen Schulen, die andere Bedarfe dafür haben, was die Jugendlichen lernen wollen.

So Brüder, Schwestern, compañeros, compañeras haben wir Sie zusammen mit den compañeros und compañeras eingeladen damit wir ein Kollektiv bilden, so wie wir Zapatistas als Kollektiv voranschreiten und um danach dem Volk von Mexiko zu zeigen, dass das Volk, das Volk selbst die Art und Weise zu leben erschaffen kann und wir niemanden brauchen, der unseren Reichtum manipuliert oder enteignet, was uns als Volk gehört, und dafür ist es notwendig, dass wir uns vereinigen, die ursprünglichen Völker mit der Wissenschaft der Wissenschaftler*innen und der Wissenschaft der Künstler*innen, damit wir uns vorstellen, oder damit wir erschaffen, oder damit wir praktizieren oder damit wir uns selbst zeigen, dass man es kann, wie die compañeros und compañeras der Unterstützungsbasen gezeigt haben die, mit nichts weiter als ihrer eigenen Bemühung, ihres eigenen Widerstands und ihrer eigenen Vorstellung zu sehen und zu erschaffen, vorzustellen, obwohl sie nicht lesen und schreiben können, und obwohl sie das Spanisch nicht gut beherrschen, aber Tatsache ist, wir wir hier sagen, dass das System, die schlechte Regierung Mexikos beiseite getreten ist und wir praktizieren, was wir denken und an was wir glauben. Aber wir fühlen uns allein, die wir ausgebeutet werden, die Indígenas in Mexiko, aber auch die Brüder und Schwestern sowohl auf dem Land aus auch in der Stadt. Dafür ist Wissenschaft notwendig, wie wir die neue Welt zu erschaffen haben.

Wir brauchen sie, man fühlt die Notwendigkeit, genauso wie der Junge, mit dem wir gesprochen haben, dieser Junge denkt darüber nach, was er kennen möchte, was er wissen möchte, warum die Substanz, welche der Beifuß enthält, so wichtig ist, weil er so viel gehört hat im Kollektiv, im gegenseitigen Austausch der compañeras und compañeros. Das ist, was wir Ihnen vorstellen wollen, dass wir uns hoffentlich vereinen um eine andere Art des Sehens, eine andere Art des Denkens zu erschaffen und vorzustellen, wie wir vorgehen müssen um einen Wandel zu konstruieren, der wirklich ein Wandel ist, nicht nur dem Namen nach, oder von einer anderen Farbe.

Das wäre alles, was wir mit Ihnen teilen können compañeros und compañeras, Brüder und Schwestern.

Subcomandante Insurgente Moisés     Subcomandante Insurgente Galeano

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[i] Hinweis: Chiapas98 ist ein ehrenamtliches, nicht-kommerzielles Projekt. Sollten Sie nachweislich die Urheberrechte an einem der von uns verwandten Bilder haben und nicht damit einverstanden sein, dass es hier erscheint, kontaktieren Sie uns bitte, wir entfernen es dann umgehend.

 Quelle:  
  http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2016/12/28/las-artes-y-las-ciencias-en-la-historia-del-neo-zapatismo/ 
 

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