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Die/der Katze/Hund und die Apokalypse
Kommunique vom 29.12.2016 |
übersetzt von Christine, RedmycZ |
Science Fiction.
Merken Sie sich das: Science Fiction. Sie werden sehen, dass sie Ihnen bei Ihren zukünftigen Albträumen helfen wird, sich nicht so sehr zu fürchten, oder zumindest nicht unnützerweise zu fürchten.
Vielleicht erinnern Sie sich an irgendeinen Science Fiction Film. Vielleicht wurde der Eine oder die Eine unter Ihnen durch die Science Fiction auf den Weg der Wissenschaften oder gar Naturwissenschaften geführt.
Bei mir klappte das nicht, vielleicht deshalb, weil mein bevorzugter Science Fiction Film »Das Monsterschiff« mit dem unvergesslichen Eulalio González, »dem Piporro« ist und die Filmmusik erhielt zu Unrecht keinen Preis, weder den Oscar, Oscar-Globe noch den renommierten lokalen Preis »Pozol de Barro«. Vielleicht haben Sie davon gehört, es handelt sich laut Spezialzeitschriften, die niemand liest, nicht mal die, die sie herausgeben, um einen ´Kultfilm´. Wenn Sie sich an den Film erinnern oder jetzt ansehen, dann werden Sie sicher verstehen, warum ich mich in den Bergen des Südostens von Mexiko verloren und nicht in die erstickende Bürokratie verirrt habe, die — zumindest in Mexiko — die wissenschaftliche Forschung abwürgt.
Und Sie können sich darüber freuen, dass dieser Film mein bevorzugter Science Fiction Film war und nicht »2001: Odyssee im Weltraum« von Kubrick oder »Alien — das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt« von Ridley Scott (mit der Leutnant Rippley, die mit dem Bild des überlebenden Macho von Charlton Heston im »Planet der Affen« aufräumte) oder »Blade Runer«, ebenso von Ridley Scott, wo die Frage , Klingen die Androiden wie elektrische Schafe?, den Knackpunkt darstellt.
Das heißt, Sie haben es dem Piporro und seiner »Sternschnuppe« und dem in eine Jukebox verliebten Roboter Tor zu verdanken, dass ich bei diesem Meeting nicht auf Ihrer Seite bin.
Kurzum, abgesehen von Vorlieben für bestimmte Filme, denken wir an einen durchschnittlichen Film des Genres: eine Apokalypse die sich gerade vollzieht oder bereits vergangen ist, die gesamte Menschheit ist in Gefahr, zuerst ein kühner und unerschrockener Mann als Hauptdarsteller, dann − durch die Wunderhand des harmlosen Feminismus hervorgezauberte − Frau, ebenfalls kühn und unerschrocken, eine Gruppe von Wissenschaftlern wird in einer hochgeheimen Sicherheitsanlage zusammengetrommelt (eh klar, die befindet sich immer in Nordamerika), ein hochrangiger Militär-Offizier erklärt: sie müssen einen Plan erstellen, der die Menschheit rettet, das wird gemacht, aber es stellt sich heraus, dass sie dafür einen Einzelnen oder eine Einzelne brauchen, die so ganz nebenbei die kollektive Arbeit annulliert und dann, in der letzten Sekunde mit einer wie durch ein Wunder in diesem Moment erscheinenden Zange, das grüne oder blaue oder weiße oder schwarze oder rote Kabel in einer waghalsigen Entscheidung durchschneidet, und zás die Menschheit ist gerettet, die Wissenschaftlergruppe applaudiert wie verrückt, der junge Mann, oder die junge Frau finden die echte Liebe, das verehrte Publikum verlässt das Kino und die Platzanweiser durchsuchen die Sitze auf halbvolle Popcorntüten, mit diesem köstlichen und unvergleichlichen Geschmack nach Natriumbenzoat.
Die Katastrophe hat verschiedene Ursprünge: Ein Meteorit hat seinen Weg geändert, mit der gleichen Beharrlichkeit eines Politikers, der über den Gasolinazo Statements abgibt; oder ein Haifisch-Wirbelsturm; oder ein Planet, der von seinem Kurs abgekommen ist; oder eine gereizte Sonne, die aus ihrer Umlaufbahn Feuerzungen wirft; oder eine Krankheit, die aus dem All oder von einem überirdischen Schiff kommt; oder eine biologische Waffe außer Kontrolle, die zu geruchlosem Gas wird und alle verwandelt, die damit in Kontakt kommen und sie in professionelle Politiker oder etwas nicht ganz so Schreckliches transmutiert.
So ist es, oder die Apokalypse ist bereits eine Tatsache und eine Gruppe von Überlebenden torkelt ohne Hoffnung, introjektiert die äußerliche Barbarei in ihr individuelles und kollektives Verhalten, während die Menschheit in den letzten Zügen liegt.
Das Ende kann variieren, aber immer gleichbleibend ist die Gruppe der Wissenschaftler, sei es als Verantwortliche der Katastrophe, sei es als Hoffnung auf Rettung, natürlich nur, wenn ein fescher junger Mann oder eine hübsche junge Frau im richtigen Moment auftauchen.
Oder der Schluss kann ein Fragezeichen sein, oder gleich a la »dark Auspeitschung« (der José Alfredo Jiménez hat uns schon gewarnt dass »das Leben nichts wert ist«).
Gut denn, lassen Sie uns als Beispiel für das apokalyptische oder katastrophale Thema irgendeinen Roman, Film oder TV-Serie heranziehen. Nehmen wir ein Modethema: die Zombies.
Ein konkretes Beispiel, die TV-Serie »The Walking Dead«. Für alle jene, die sie nicht kennen, der Inhalt ist einfach: aus einem nicht näher erklärten Grund ´verwandeln´ sich Menschen, die sterben in Zombies, der Hauptdarsteller torkelt herum, trifft eine Gruppe, sie gründen eine hierarchische Organisation die ständig in der Krise ist und sie kämpfen ums Überleben. Der Erfolg der Serie liegt vielleicht daran, dass Personen gezeigt werden, die in einer normalen Situation mittelmäßig oder Ausgestoßene sind und diese verwandeln sich in Helden oder Heldinnen, die zu allem bereit sind. Einige von ihnen:
Michonne, eine Hausfrau, vom Ehemann und den Brüdern gedemütigt, verwandelt sich in eine furchterregende Kriegerin mit einer Katana (dargestellt von der Schauspielerin und Dramaturgin Danai Jekesal Gurira, die Einzige, von der ich den echten Namen bekannt gebe, denn im vom SupMarcos hinterlassenen Koffer fand ich ein Foto von ihr, als Michonne, mit einer persönlichen handgeschriebenen Widmung an den Dahingeschiedenen wowww!)
Daril, eine manipulierte Outsiderin, mutiert in »tracker« und furchterregende Armbrustschützin. Bis jetzt ein Symbol der Widerspenstigkeit, des Widerstandes und der Rebellion.
Glenn, ein Pizza-Zusteller, der sich in einen Sternenkundler verwandelt. Der Tausendsassa der Serie und mit Tausend Leben Versehene, bis Rickman zum Comic zurückkehrte.
Die junge Frau Maggie, der durch die Zombie-Apokalypse ein monotones Leben auf dem Bauernhof erspart blieb und wird zur Anführerin, obwohl sie schwanger ist.
Carol, eine misshandelte Ehefrau, zu einer weiblichen Version des Rambo verklärt, aber mit Hirn.
Carl, ein Jugendlicher, hinter dessen Maske sich ein Serial Killer versteckt, wie das Negan richtig folgerte.
Eugene, der Streber und Symbol der Wissenschaft, der sich vom Mythomanen zu einem brauchbaren Mitglied des Kollektivs verwandelt.
Padre Gabriel, der opportunistische und auf seinen eigenen Vorteil bedachte Geistliche der nochmals konvertiert und unersetzlich wird.
Tara und Aaron, die Lesbierin und der Gay, die die ´political correctness´ des Stückes bewahren.
Rosita, Traum meiner schlaflosen Nächte, die Latina, die Leidenschaft, Geschicklichkeit und Mut in sich vereint.
Morgan, der Überlebende a la shaolín Mönch.
Sasha, die von der klassischen romantischen Rolle zur realistischen Überlebenden mutiert.
Und ganz oben in der Hierarchie, das verletzte Symbol der Ordnung, Rick, ein ehemaliger Gerichtsvollzieher, dem es schwer fällt, die faschistische Neigung jedweden Polizisten zu verbergen.
Ich weiß nicht, wo die Serie jetzt steht. Seit der 5. Folge sehe ich sie nicht mehr, denn mein ´Filmverkäufer´, der mir die ´alternativen´ Ausgaben schickte, wurde von der Hand des Gesetzes erwischt und wer weiß, wo er sich jetzt aufhält (echt schade, denn er hatte mir 10 Folgen versprochen, obwohl nicht mal Kirkman weiß, ob es 10 Folgen geben wird). Aber mit dem was ich gesehen habe konnte ich mich vom Erfolg überzeugen. Wie auch immer, es ist nicht schwer, der Handlung zu folgen, es genügt, die spoliers anzusehen, die im twiter in den entsprechenden hashtags aufscheinen.
Vor einigen Monaten fragte ich eine Compañera was geschehen wäre, wenn Rick oder sonst jemand aus der Gruppe im Vorhinein gewusst hätten, was dann tatsächlich passierte. Ich wähle den Polizisten, denn es scheint so, dass er der Einzige ist, dessen Überleben außer Zweifel steht, zumindest im gleichlautenden Comic.
Rick, hätte er sich vorbereitet? Einen Bunker gebaut und dort Lebensmittel, Medizin, Treibstoff, Waffen und Munition, die gesammelten Werke von George Romero gehortet?
Oder würde er versuchen, das Unglück aufzuhalten?
Die zapatistische Compañera antwortete zum Schluss mit der gleichen Frage: was ich denke, was Rick Grimes gemacht hätte? Ohne nachzudenken antwortete ich: nichts. Auch wenn sie gewusst hätten, dass was passieren würde, hätten weder Rick noch sonst jemand etwas getan.
Und das aus einem ganz einfachen Grund: trotz aller Anzeichen würden sie bis zum letzten Moment glauben, dass nichts Schlimme passieren würde, dass alles nicht so ernst zu nehmen wäre, dass irgendjemand irgendwo eine Lösung haben würde, dass die Ordnung wiederkehren würde, dass es jene geben würde, denen man gehorchen muss und andere, denen man befehlen darf, was auch immer passieren würde, das Unglück würde die Anderen treffen, anderswo, weit weg in der Geographie oder weit weg in der sozialen Stellung.
Sie würden bis zum Vorabend glauben, dass das Unheil vorbestimmt ist, nicht für sie, diese Männer, Frauen und AndereR sondern für jene, die unten....und links überleben.
Abgesehen von den Zombies, in den meisten dieser apokalyptischen Erzählungen gibt es einen oder verschiedene Momente wo jemand, und zwar immer der Hauptdarsteller oder die Hauptdarstellerin, wenn alle von einer Horde von Zombies umringt sind, oder der Meteorit sich in unmittelbarer Nähe ihrer Köpfe befindet, oder eine ähnliche Grenzsituation eintrifft, voll Besonnenheit und Ernsthaftigkeit sagt: ´Alles wird gut´.
Und dann ist es so, dass ich bei diesem Meeting die undankbare Rolle des Spielverderbers übernehmen musste. Das heißt, ich muss Ihnen sagen, was wir sehen: Nein, es ist kein Science Fiction Film sondern die Realität. Nein, nicht alles wird gut ausgehen, nur einige wenige Dinge werden gut ausgehen, wenn wir uns rechtzeitig vorbereiten.
Nach unserer Analyse (und bis jetzt haben wir noch niemand gesehen, der diese widerlegt, ganz im Gegenteil, sie wird verstärkt) befinden wir uns bereits mitten in einer Strukturkrise was in der Umgangssprache so viel heißt wie Weltherrschaft der Gewaltverbrechen, Naturkatastrophen, Hungersnot, galoppierende Arbeitslosigkeit, Mangel an Basis-Serviceeinrichtungen, Energiekollaps, Migration, Hunger, Krankheit, Zerstörung, Tod, Hoffnungslosigkeit, Angst, Terror, Schutzlosigkeit.
Zusammenfassend: Entmenschlichung.
Ein Verbrechen wird begangen. Das größte, brutalste und grausamste in der kurzen Geschichte der Menschheit. Der Kriminelle ist ein System, das zu allem bereit ist: Der Kapitalismus.
Apokalyptisch ausgedrückt: es ist ein Kampf zwischen der Menschheit und dem System, zwischen Leben und Tod.
Die zweite Wahl, den Tod, empfehle ich Ihnen nicht.
Besser Sie sterben nicht gleich. Das ist nicht ratsam. Glauben Sie mir, ich verstehe etwas davon, denn ich bin schon einige Male gestorben.
Es ist sehr langweilig. Nachdem sowohl der Eintritt in den Himmel als auch in die Hölle unter einer schwerfälligen Bürokratie leiden (obwohl nicht so schwerfällig wie der Eintritt in die Universitäten und in die wissenschaftlichen Forschungszentren) ist das Warten schlimmer als zur Vorweihnachtszeit am Flughafen oder am Busbahnhof.
Die Hölle ist genauso, da musst Du Künstlertreffen organisieren, Naturwissenschaftlertreffen, Sozialwissenschaften, der Originalvölker und andere schreckliche Dinge. Sie zwingen Dich, dass du dich wäscht und kämmst. Sie geben dir eine Injektion und zwingen dich ständig, dass du Kürbissuppe isst. Und du musst Peña Nieto und Donald Trump in einer endlosen Pressekonferenz anhören.
Der Himmel seinerseits ist ebenso, nur dass du hier den monotonen Chor von blassen Engeln aushalten musst, alle vertrösten dich, wenn du mit Gott sprechen willst, weil du dich über die Musik beschweren möchtest. Zusammenfassend: sagen Sie Nein zum Tod und Ja zum Leben.
Aber täuschen Sie sich nicht.
Sie werden täglich kämpfen müssen, zu jeder Stunde, überall.
Bei diesem Kampf, werden Sie früher oder später merken, dass man nur im Kollektiv gewinnen kann.
Und auch so werden Sie sehen, dass Sie auch die Künste brauchen werden, und dass Sie auch uns brauchen werden und Andere wie uns.
Organisieren Sie sich.
Wir die wir ZapatistInnen sind, wir verlangen nicht, dass Sie Ihre wissenschaftlichen Praktiken aufgeben, nein, wir verlangen, dass Sie damit fortfahren, sich darin vertiefen.
Erforschen Sie weiterhin diese und andere Welten, lassen Sie sich nicht aufhalten, verzweifeln Sie nicht, geben Sie nicht auf, verkaufen Sie sich nicht, kapitulieren Sie nicht.
Aber wir bitten Sie auch, dass Sie die Künste suchen. Auch wenn es nicht so aussieht, sie werden Ihr wissenschaftliches Arbeiten in dem ´verankern´, was Ihnen gemeinsam ist: der Humanität.
Genießen Sie den Tanz in all seinen Versionen. Vielleicht wird es Ihnen zu Beginn nicht möglich sein, die Bewegungen den Regeln der Physik unterzuordnen, aber später werden Sie fühlen und Punktum.
Gehen Sie als bis zur Geometrie, der Theorie der Farben und der Neurologie und genießen Sie Malerei und Skulpturen.
Widerstehen Sie der Versuchung, die wissenschaftliche Logik dieses Gedichts zu erforschen, oder dieses Romans und erlauben Sie, dass Ihnen Worte Galaxien eröffnen, die man nur in den Künsten erlebt.
Ergeben Sie sich doch angesichts der fehlenden wissenschaftlichen Basis in den Geschichten die im Theater und im Kino das menschlich Unvollkommene, Verletzliche und Unvorhersehbare sichtbar machen.
Und so ist es mit allen Künsten.
Nun stellen Sie sich vor, dass es nicht Ihr Alltagesleben ist, das Gefahr läuft, ausgerottet zu werden, sondern das der Künste.
Stellen Sie sich Menschen vor, keine Statistiken, Männer, Frauen, Kinder, Alte, mit einem Gesicht, einer Geschichte, einer Kultur, über denen das Schwert der Ausrottung hängt.
Suchen Sie sich selbst in diesem Spiegel.
Verstehen Sie, dass es sich nicht darum handelt, für sie zu kämpfen sondern mit ihnen.
Sehen Sie sich selbst, wie wir ZapatistInnen Sie sehen.
Die Wissenschaft ist nicht Ihre Grenze, das tote Gewicht, die unnütze Last, die Tätigkeit die Sie im Geheimen ausführen müssen oder die Sie in der Akademie oder in den Instituten verstecken müssen.
Verstehen Sie endlich, was wir verstanden haben: als Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen kämpfen Sie für die Menschheit, das heißt, für das Leben.
-*-
Gestern erzählte uns der Subcomandante Insurgente Moisés, dass die Menschen aus den Dörfern bereits seit langem unsere Lehrer und Vorbilder sind. Dass das Interesse an den Wissenschaften im Zapatismus neu ist. Dass es von den neuen Generationen angeregt wurde, von den jungen zapatistischen Männern und Frauen, die mehr darüber wissen möchten, wie die Welt ist. Dass aus den organisierten Völkern der ganz neue Schups erfolgte, der uns hierher brachte, Ihnen gegenüber.
Richtig. Aber war nicht neu ist im Zapatismus ist der Kampf ums Leben.
Selbst während der Dispositionen und der Planungen angesichts des Todes haben wir uns seit Anbeginn an um das Leben gesorgt.
Jene die älter sind oder trotz ihres Alters interessiert sind, könnten wissen, wie die Erhebung war: die Einnahme der 7 Bezirkshauptstädte, die Bombardierungen, die Zusammenstöße mit der Militärgewalt, die Verzweiflung der Regierung als sie bemerkte, dass sie uns nicht besiegen konnte, die Erhebung der Zivilbevölkerung die sie zum Einhalt zwang, und alles was in diesen fast 23 Jahren noch folgte.
Was Sie vielleicht nicht wissen ist das, was ich Ihnen jetzt erzählen werde:
Wir bereiteten uns fürs Morden und zum Sterben vor, das hat Ihnen schon der Subcomandante Insurgente Moisés zusammenfassend erzählt. Somit waren wir mit zwei Möglichkeiten konfrontiert: das Land würde in Flammen aufgehen oder wir würden vernichtet werden. Stellen Sie sich unsere Fassungslosigkeit vor, als weder das eine noch das andere eintraf, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte, worüber wir vielleicht ein anderes Mal sprechen werden.
Zwei Möglichkeiten, aber beide hatten als gemeinsamen Nenner den Tod und die Vernichtung. Auch wenn Sie es uns nicht glauben, als erstes bereiteten wir uns für das Leben vor.
Und ich beziehe mich nicht auf die Kämpfenden, auf die, denen die Kenntnisse des Widerstandes der Materialien dabei half, uns im Kampf und bei Bombardierungen zu schützen, oder das Wissen das den Gesundheits-insurgentas half, Hunderte von zapatistischen Leben zu retten.
Ich spreche von den zapatistischen Unterstützungsbasen, denen wir, wie gestern Abend der Subcomandante Insurgente Moisés erklärte, den Weg, den Schritt, die Richtung und das Ziel als Zapatisten die wir sind zu verdanken haben. Ebenso verdanken wir ihnen unser Interesse an den Künsten, den Wissenschaften und die Anstrengung des Zusammenschlusses mit den Arbeitern des Landes und der Stadt, der Weltarmee der Kämpfer, des Widerstandes und der Rebellion, die »Sexta« heißt.
Einige Jahre vor diesem ersten Jänner, anscheinend schon so weit weg, formierten sich in den zapatistischen Gemeinden die sogenannten ´Reservebataillone´.
Der Auftrag den sie erhielten war der wichtigste der riesengroßen Aktion, welche Tausende von Kämpfern auf den Plan rief: überleben.
Monatelang wurden sie instruiert. Tausende von Buben, Mädchen, Frauen, Männern und Alten trainierten um sich von den Kugeln und Bomben zu schützen, um sich dann zu versammeln und geordnet den Rückzug anzutreten, für den Fall dass die Armee die Dörfer angreift oder bombardiert, dafür wurden Lebensmitteldepots geschaffen, Wasser und Arzneimittel gehortet, was das Überleben in den Bergen für lange Zeit gewährleisten würde.
¨Nicht sterben¨, lautete der einzige Befehl, den es zu befolgen hieß.
Wir die wir zum Kämpfen hinauszogen hatten folgenden Befehl: ´nicht aufgeben, sich nicht verkaufen, nicht wanken´.
Als wir in die Berge zurückkehrten und uns mit unseren Völkern wieder trafen, haben wir die beiden Befehle fusioniert und in den folgenden vereint: ´kämpfen um unsere Freiheit zu errichten´.
Und wir kamen überein, es mit allen zusammen zu machen.
Und wir kamen überein, eine andere Welt zu schaffen, wenn das in dieser Welt nicht möglich sein sollte, eine größere Welt, eine bessere, eine in der alle möglichen Welten Platz haben, jene die es bereits gibt und jene, die wir uns noch nicht mal vorstellen können, die es aber bereits in den Künsten und in der Wissenschaft gibt.
Vielen Dank.
Aus dem CIDECI-Unitierra.
SupGaleano.
Mexiko, Dezember 2016.
Aus dem Notizheft der/des Katze/Hundes.
»Der Mangel«
Ich war gerade in meiner Hütte, und überprüfte und analysierte einige Videos der Spiele von Maradona und Messi.
Wie eine Vorahnung rollte ein Ball bis zu mir herein. Dahinter erschien ´Defensa Zapatista — Zapatistische Abwehr´, sie platzte herein, ohne sich anzukündigen, ohne um Erlaubnis zu fragen. Hinter dem Mädchen erschien die/der vielzitierte Katze-Hund.
´Defensa Zapatista- Zapatistische Abwehr´ nahm den Ball, kam näher und schaute mir über die Schulter. Ich war schwer damit beschäftigt zu verhindern, dass die/der Katze/Hund die Computermaus frisst und so merkte ich nicht, dass das Mädchen voller Aufmerksamkeit das Video ansah. »Eh Sup«, sagte sie, »glaubst du dass die ganz ganz sind, der Maradona und der Messi?« Ich antwortete nicht. Aus Erfahrung weiß ich, dass die Fragen der Defensa Zapatista entweder rhetorisch sind oder dass sie an meiner Antwort nicht interessiert ist. Sie setzte fort: »Du siehst nicht das gesamte Bild«, sagte sie, »wenn noch so viel von Kunst und Wissenschaft geredet wird, haben die beiden einen großen Mangel«. Ja, das hat sie gesagt: »Mangel«. Da unterbrach ich sie dann doch und fragte:«¿Und woher hast du denn das Wort genommen oder wo hast du es gelernt?« Aufgebracht antwortete sie mir: »Der Pedrito, der verdammte Kerl hat es mir gesagt. Er sagte zu mir, dass ich nicht Fußball spielen kann, denn die Mädchen haben einen technischen Mangel«. »Ich wurde furchtbar wütend und versetzte ihm einen ordentlichen Klaps, denn ich weiß nicht, was dieses Wort bedeutet und vielleicht ist es gar ein Schimpfwort. Eh klar, der verdammte Pedrito klagte alles der Erziehungspromotorin und die rief mich. Ich erklärte der Lehrerin, wie man so schön sagt, die nationale und internationale Lage, dass das mit der Hydra echt beschissen ist und alles Weitere. Und nachdem die Promotorin kapiert hatte, dass wir Frauen uns gegenseitig unterstützen müssen, hat sie mich nicht bestraft aber ich musste herausfinden, was ´Mangel´ bedeutet. Nun denn, da dachte ich, das ist eine weniger schlimme Strafe als wenn sie mir befohlen hätten, Kürbissuppe zu essen´. Ich nickte verständnisvoll während ich versuchte, die Maus dem Mund der/des Katze/Hundes zu entreißen.
»Nun denn, ich suchte im Internet der Junta der Guten Regierung was denn »Mangel« bedeutet und da habe ich gesehen, dass es ein Lied ist, von einer dieser Gruppen die kämpfen, ein sehr fröhliches Lied und alle beginnen zu tanzen und zu hüpfen, so als ob sie in einen Ameisenhaufen getreten wären. So ging ich zur Erziehungspromotorin und sagte, dass »Mangel« ein Lied mit folgendem Text ist: »In der Früh da muss ich aufstehen und ich habe keine Lust in die Schule zu gehen«. Die Promotorin lachte und sagte das wird wohl heißen ´in die Arbeit zu gehen´. Da erklärte ich ihr, dass sich die Musik nach jedem Zuhörer richtet und sich an das Problem anpasst, welches jeder hat. Das heißt, ich gab ihr die politische Erklärung, aber ich glaube, sie hat nicht verstanden, denn sie lachte nur. Und dann schickte sie mich nochmals zurück, denn es geht nicht um das Lied, sondern darum, was das Wort bedeutet. Und nochmals, da gehe ich nochmals zurück und da muss ich warten, denn der Wachtposten in der Junta war gerade dabei eine Anzeige abzusenden. Und dann durfte ich schon eintreten und da habe ich gesehen, dass ´Mangel´ bedeutet, wenn dir etwas fehlt. Und dann gehe ich wieder zurück zur Promotorin und sagte es ihr. Darauf antwortete sie, dass ich jetzt verstehe, dass es kein Schimpfwort war und sie beglückwünschte mich, aber nachdem der Pedrito dort stand, wie einer, der sich in alles einmischt, habe ich ihm einen weiteren Klaps versetzt, dafür dass er behauptete, dass mir die Technik fehlen würde. Und dann hat die Promotorin gesagt, dass sie das meiner Mama sagen wird, was ich da mache und so bin ich hierher gekommen, um mich zu verstecken, denn ich weiß, dass kein Mensch hierher zu dir kommt«. Ich steckte den Schlag heldenhaft weg, denn endlich gelang es mir, der/dem Katze/Hund die Maus zu entreißen. »Defensa Zapatista« setzte ihre Litanei fort: »Aber keine Sorge Sup, bevor ich eintrat habe ich hereingespäht um zu sehen, ob du nicht Fotos mit nackten Frauen anschaust. Brrr Sup, ich sage es dir zum letzten Mal, das ist ja unglaublich, aber wie dem auch sei, ich werde dich nicht beim Kollektiv »Wir die wir Frauen sind« anzeigen, aber ich sage dir, das wie du das machst das ist ja nutzlos, denn das zeigt ja, dass du Mangel an Mamas hast, das heißt, wie der SubMoy sagt, wenn er wütend wird, no tienes madre = du mutterloses Geschöpf du«. Ich erkläre hiermit feierlich, dass das nicht wahr ist, was die »Defensa Zapatista = Zapatistische Abwehr« behauptet, die Wahrheit ist die, dass ich einen Fernkurs über Anatomie belegt hatte.
Wie dem auch sei, bevor das Mädchen fortsetzte mich weiterer Peinlichkeiten auszusetzen, fragte ich sie, warum sie sagte, dass Maradona und Messi einen großen Mangel aufweisen.
Sie befand sich schon fast an der Türschwelle als sie antwortete:
»Weil ihnen das wichtigste fehlt. Sie sind keine Frauen«.
-*-
»Eine Reise zu den Sternen«
Im Berg von Papieren und Zeichnungen, den der dahingeschiedene SupMarcos hinterlassen hat, fand ich den Text, den ich Ihnen anschließend vorlesen werde. Es handelt sich um eine Art Entwurf oder eine Ideensammlung für ein Drehbuch oder etwas Ähnliches, vermutlich für einen Science Fiction Film. Der Titel lautet:
»Wohin wendet sich der Blick?«
Planet Erde. Irgendein weit entferntes Jahr, sagen wir mal 2024. Zu den neuen Touristenzielen zählt jetzt eine Reise ins All und man kann die Welt in einem dafür ´ad hoc´ adaptierten Satelliten umkreisen. Das Raumschiff ist ein getreuer Nachbau des Mondsatelliten, hat ein Riesenfenster, von wo aus man während der ganzen Reise die Welt sehen kann. Auf der anderen Seite, oder man könnte auch sagen auf der Rückseite gibt es eine Art Dachluke, so groß wie ein Hausfenster, von wo aus man immer den Rest der Milchstraße sehen kann. Die Touristen aller Farben und Nationalitäten drängen sich um das Riesenfenster, welches in Richtung Herkunftsplanet gerichtet ist. Es werden selfies gemacht und in stream werden an Verwandte und Freunde die Bilder der Welt ´blau wie eine Orange´ übermittelt. Aber nicht alle Reisenden befinden sich auf dieser Seite. Zumindest 4 Personen befinden sich am Fenster auf der anderen Seite. Sie haben auf ihre Kameras vergessen und starren wie in Ektase auf die bunte Collage der Himmelskörper: die schlangenförmige Linie des pulverförmigen Lichts der Milchstraße, das glitzernde Flimmern der Sterne, die vielleicht nicht mehr existieren, der frenetische Tanz von Gestirnen und Planeten.
Eine dieser Personen ist Künstler, nicht unbeweglich, in ihrem Hirn erscheinen Töne und Rhythmen, Linien und Farben, Bewegungen, Sequenzen, Worte, reglose und bewegliche Vorstellungen, ihre Hände und Finger bewegen sich ohne eigenes Zutun, ihr Mund stößt unverständliche Laute aus und ständig öffnet und schließt sie die Augen. Die Künste sehen was sie schauen und sehen was gesehen werden kann.
Eine andere Person ist ein Wissenschaftler, nichts in ihrem Körper bewegt sich, sie schaut unablöslich nicht auf die Lichter und Farben in der Nähe, sondern jene, die weiter entfernt sind. In ihrem Hirn erscheinen Galaxien, reglose und belebte Welten, Sterne werden geboren, unerschöpfliche schwarze Löcher, Raumschiffe ohne Flaggen. Die Wissenschaften sehen was sie schauen und sehen was sichtbar gemacht werden kann.
Die dritte Person ist eine indigene, kleingewachsen mit dunkler Haut und wunderschönen Gesichtszügen, betrachtet und berührt das Fenster. Geist und Körper lehnen sich gegen das feste transparente Material. In ihrem Hirn stellt sie sich Weg und Schritt vor, die Geschwindigkeit und den Rhythmus, stellt sich ein Schicksal in ständiger Veränderung vor. Die Originalvölker sehen was sie schauen und sehen das Leben das geschaffen werden kann, damit es gesehen werden kann.
Die vierte Person ist eine zapatistische, Größe und Farbe wechseln, schaut durch das Glas und berührt es vorsichtig, holt sein Notizheft heraus und beginnt wie wild zu schreiben. In ihrem Hirn beginnt sie Rechnungen zu machen, Aufgabenlisten zu erstellen von Arbeiten die zu machen sind, Pläne werden skizziert, Träume geträumt. Der Zapatismus sieht was er schaut und sieht die Welt die geschaffen werden muss, damit Künste, Wissenschaften und die Originalvölker ihre Blicke verwirklichen können.
Am Ende der Reise, während die übrigen Reisenden noch die letzten Souvenirs im duty free shop einkaufen, rennt die Person, die Künstler ist ins Studio oder wohin immer, damit ihr Blick auch von anderen gefühlt werden kann, anderen, anderE. Die Person der Wissenschaften ruft sofort andere Wissenschaftler zusammen, denn es gibt Theorien und Formeln zum Vorschlagen, zu beweisen, anzuwenden. Die indigene Person trifft sich mit ihresgleichen und erzählt das Gesehene, damit dann das Kollektiv, der Blick, den Weg, den Schritt, die Begleitung, den Rhythmus und das Ziel definiert.
Die zapatistische Person kehrt in ihre Comunidad zurück, in der Versammlung des Dorfes erklärt sie detailliert alles was zu tun ist damit Künstler, Wissenschaftler und Indigene reisen können. Als erstes kritisiert die Versammlung die Geschichte oder das Drehbuch oder wie das sonst noch heißen möge, denn es fehlen die Arbeiter vom Land und aus der Stadt. Dann kommt der Vorschlag, dass eine Kommission dem dahingeschiedenen SupMarcos einen Brief schreiben solle, damit er in die Geschichte das fünfte Element einschließt, das heißt die/den Katze/Hund, denn weil sie/er bereits das Internetkabel und zwei USB-Sticks der Tercios Compas gefressen hat und nichts anderes macht als die Maus des Computers zu verfolgen so wäre es wohl das Beste, sie/ihn mitzunehmen. Und als sechstes Element soll er auch die Sexta hineinnehmen, denn ohne die sechste, ist die Geschichte nicht schlüssig. Nachdem das angenommen wird, schlägt die Generalversammlung vor, diskutiert, fügt bei, entfernt, macht einen Zeitplan, verteilt die Arbeiten, stimmt über die Rahmenbedingungen ab und nominiert die Kommissionen für die jeweiligen Aufgaben.
Bevor die Versammlung als beendet erklärt wird und alle sich an die Arbeit machen, für die sie eingeteilt wurden bittet ein Mädchen um das Wort.
Sie geht nicht nach vorne, ganz hinten im Gemeindehaus steht sie auf und das Mädchen strengt sich an um mit lauter Stimme zu sprechen und sagt: »ich schlage vor, dass auf die Liste der Dinge, die zum Mintnehmen sind auch einen Fussball und eine Kugel Pozol kommen«.
Alle Übrigen in der Generalversammlung brechen in Lachen aus. Der SubMoy, der am Tisch sitzt, der für die Koordination der Versammlung zuständig ist, ruft zur Ordnung. Nachdem alle schweigen, fragt der SupMoy das Mädchen wie sie heißt. Das Mädchen antwortet: »Ich heiße Defensa Zapatista = Zapatistische Abwehr « und setzt ihr Gesicht auf das besagt »hier gibt es kein Weiterkommen, nicht mal wenn sie Ausserirdische sind«. Dann fragt der SubMoy die Defensa Zapatista warum sie das vorschlägt.
Das Mädchen steigt auf die Holzbank und argumentiert folgendermaßen:
» Der Ball ist zum Spielen, denn wenn sie nicht spielen können, dann ist es ja nutzlos, dass sie dorthin gehen. Und die Kugel Pozol brauchen sie um stark zu sein, damit sie auf dem Weg nicht schlapp machen. Und auch, damit sie dort, weit weg, dort wo die anderen Welten sind nicht vergessen, wo ihre Herkunft ist«.
Der Vorschlag des Mädchens wird mit Beifall angenommen.
Der SubMoy ist gerade dabei, die Versammlung als beendet zu erklären, als »Defensa Zapatista« ihr Händchen erhebt und neuerlich um das Wort bittet. Es wird ihr gewährt.
Das Mädchen spricht, während sie in einem Arm einen Fußball hält und mit dem anderen ein Tierchen umarmt, das wie ein Hund aussieht....oder wie eine Katze, oder eine/ein Katze/Hund:
»Ich wollte Ihnen nur sagen, dass das Team nicht komplett ist, aber machen Sie sich keine Sorgen, bald werden wir mehr sein, unversehens verzögert es sich, aber bald werden wir mehr sein«. Ich bezeuge es.
Wow-miau.
Anhang | |||
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[i] Hinweis: Chiapas98 ist ein ehrenamtliches, nicht-kommerzielles Projekt. Sollten Sie nachweislich die Urheberrechte an einem der von uns verwandten Bilder haben und nicht damit einverstanden sein, dass es hier erscheint, kontaktieren Sie uns bitte, wir entfernen es dann umgehend.
Quelle: | |||
http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2016/12/29/el-gato-perro-y-el-apocalipsis/ | |||
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