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Bericht aus dem Erdbebengebiet Isthmus von Tehuantepec, Oaxaca

News vom 10.09.2017

  Von Gewährsperson in Oaxaca:

Bericht aus dem Erdbebengebiet Isthumos von Tehuantepec, Oaxaca



Um Mitternacht Donnerstag auf Freitag bebte die Erde in Südmexiko extrem stark, das Epizentrum war 120 km vor der Küste von Chiapas und Oaxaca (Istmo). Innerhalb eines Tages hat Codigo DH eineinhalb Tonnen Nothilfe gesammelt und trotz Schwierigkeiten auf dem Weg wegen Erdrutschen konnte am Samstag die Brigade in Juchitán die Hilfe verteilen. Auf dieser Reise waren ein Arzt, ein Architekt und ein Journalist von einem freien Medium.

Der Arzt berichtet am Sonntag von der Reise, hier kurz zusammengefasst:

Tehuantepec ist wenig beschädigt, die Hafenstadt Salina Cruz im Zentrum stark, mehrere Häuser eingestürzt. Juchitán ist extrem stark beschädigt.

Die Brigade von Codigo DH arbeitete mit der Asamblea Popular del Pueblo Juchiteco (APPJ) zusammen, um zwei Quartiere zu besuchen, die 7ª sección und die 5ª sección. Zwei Armenquartiere, wo keine Hilfe der Regierung ankam, obwohl Präsident Peña Nieto und Gouverneur Murat am Samstag im Zentrum von Juchitan waren und die Fotos um die Welt gingen. In den Quartieren besuchte die Brigade ca 10 % der Strassen und der Architekt hat folgende Diagnose gemacht: 40% der Häuser sind eingestürzt. Weitere 30 % stehen noch, aber sind nicht reparierbar. So steht zum Beispiel das Haus des Bruders von Mariano, eines Mitglieds der APPJ, aber 80 % der Betonstützen des Hauses sind frakturiert, das heisst, das Haus muss abgerissen werden. Der Besitzer hat 20 Jahre am Haus gebaut, bis es vor zwei Jahren fertig war ...

Die Leute leben seit dem Beben auf der Strasse, im Schockzustand, viele Nachbeben erschüttern die Stadt mit 100’000 Einwohnern. Niemand will sein Haus verlassen und bspw. ins Zentrum gehen für ein Hilfspaket. Niemand wagt es, die Gasleitungen zu öffnen und zu kochen, weil es überall nach Gas riecht. Alle warten auf Hilfe der Regierung, und die kommt nicht. Die Strassen sind voll Schutt, und die Nachbarn haben die Strassen teilweise auch absichtlich gesperrt, aus Sicherheitsgründen, denn die Kriminalität ist ein grosses Problem und unter diesen Umständen eine zusätzliche Bedrohung. Die Brigade sah, wie ein Lastwagen von Liconsa (verbilligte Milch für Arme) vor einem zerstörten Haus in der 5ª sección Halt machte, und die Chauffeure ausstiegen und eine Foto mit dem Lastwagen vor dem Schutt machten. Die Nachbarn meinten, dass die dann den Lastwagen öffnen und Hilfe verteilen, war aber nicht der Fall, sie sind wieder eingestiegen und davongefahren.

Die wenigen Hilfsmittel, die Codigo DH verteilen konnten, gingen innerhalb kurzer Zeit in den beiden Quartieren unter die Leute. Es kam dabei auch zu Diskussionen, weil auch Leute, die für die Windkraftprojekte ihr Land vermieten, dran kamen. Die Hilfe war natürlich für alle ohne Unterschied. Der Arzt hat Patienten notdürftig versorgt. Seiner Analyse nach sind die direkt vom Erdbeben verletzten Personen mehr oder weniger versorgt. Mehr Sorgen bereitet der Allgemeinzustand der Bevölkerung, denn viele mit hohem Blutdruck, mit Diabetes oder anderen chronischen Krankheiten sind durch den Stress, den fehlenden Schlaf, die ungenügende Ernährung in gefährlichem Zustand. Zudem sind die Familien, die Mitglieder verloren haben, noch nicht fähig gewesen, wirklich zu trauern. Die Trauerrituale im Istmus sind sehr intensiv und dauern mehrere Tage, doch die Erdbebenopfer konnten nur kurz betrauert werden, am Samstag wurden sie im engsten Kreis beerdigt ohne grosse Trauerzüge, ohne die kollektiven Trauerrituale.

Die humanitäre Situation ist ausserhalb von Juchitán ähnlich schwierig, oder zum Teil noch schwieriger aufgrund der unterbrochenen Kommunikationswege. Andererseits praktizieren auf dem Land die Leute stärkere kollektive Hilfeprozesse (tequio). In den Ikoots-Dörfern San Mateo del Mar und San Dionisio del Mar schlafen die Leute in den Huegeln aus Angst vor einem Tsunami. In Ixhuatan ist die kommunitäre Sekundarschule zusammengestürzt. Die Migrantenherberge von Ixtepec erlitt geringeren Schaden, die Migranten gingen mit Schaufel und Pickel daran, den Nachbarn zu helfen bei der Schutträumung. Auch weiter weg von der Küste ist die Zerstörung sichtbar, so sind in den Sierras die starken Regenfälle zusammen mit dem Erdbeben eine zusätzliche Gefahr für Erdrutsche (Sierra Mixe, Sierra Norte).

Die Zivilgesellschaft in Oaxaca organisiert sich bzgl. Nothilfe, alle Sektoren der Gesellschaft bewegen sich, organisieren Hilfspakete. Die Bereitschaft ist gross, auch aus Mexiko Stadt, oder aus Ayotzinapa, ist Hilfe unterwegs. Wie immer ist die Logistik die grösste Herausforderung der Nothilfe. Und die Gefahr ist gross, dass die Katastrophe auch politische Vorteile bringt für die Parteien und Regierungen. Am Tag vor dem Erdbeben, am Donnerstag, war Peña Nieto erstmals in Oaxaca Stadt und nahm an einem Aussenhandelskongress teil. Dabei stiess er auf die Wut der Bevölkerung und der sozialen Organisationen wie die Lehrergewerkschaft. In einer fünfstündigen Strassenschlacht wurden Dutzende Leute verletzt, mehrere schwer. Im Isthmus soll im Oktober eine Sonderwirtschaftszone eingeweiht werden. Der Schockzustand, in dem sich nun die Bevölkerung befindet, wird ihm dies erleichtern.

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