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ILA Nr. 412 - »Ver-rückte Welt. Psychische Gesundheit in Lateinamerika«

Februar 2018

ILA vom 20.02.2018
ILA Nr. 412

  Liebe Lateinamerika-Interessierte, Kolleg*innen und Freund*innen,

ILA Nr. 412 - »Ver-rückte Welt. Psychische Gesundheit in Lateinamerika«wir haben euch noch gar nicht unsere neue ila ans Herz gelegt, das holen wir hiermit schleunigst nach! Auf 38 Seiten dreht sich dieses Mal alles um das Thema »Salud Mental«, also um die Psychische Gesundheit in Lateinamerika. Dazu aus dem Editorial der ila 412:

»Als wir in der Redaktion über das Thema »Salud Mental«, also psychische Gesundheit, zu diskutieren begannen, kam der Einwand, dass diese Fragestellung passé sei. Vielmehr müsse es um die Frage gehen, wie alle besser oder gut leben könnten.

Und wie gehen die Gesellschaften mit Abweichungen um? Müssen »verhaltensauffällige« Menschen gesellschaftsfähig gemacht oder nicht vielmehr die gesellschaftlichen Ursachen verändert werden? Oder ist es nicht so, dass gerade die Normalität zuallererst hergestellt werden muss? (...)

Die Definition von Abweichungen war immer eine offene Herrschaftspraxis europäischer Gesellschaften. Im Paris des 18. Jahrhunderts war dauerhaft ein Prozent der Stadtbevölkerung im Hôpital général interniert; das waren nicht nur die »Irren«, sondern auch Kriminelle, Arme, chronisch Kranke, Obdachlose und sogenannte Arbeitsscheue. Den Blick, unter dem diese Bevölkerungsgruppen gesehen wurde, entlarvt die Bezeichnung, mit der sie benannt wurden, nämlich »gefährliche Klassen«. Erst 1805 beginnt der Arzt Esquirol von »maladies mentales« zu sprechen und so die Abweichung der »Verrückten« zu einem medizinischen statt einem Sicherheitsproblem umzudefinieren. Vieles in der Antipsychiatriedebatte seit den sechziger Jahren greift genau diese Medizinisierung an.

Gleichzeitig feiert sie auf anderer Ebene fröhliche Urständ. In vielen Ländern orientiert sich die psychische Gesundheitsversorgung am DSM-5, dem »Diagnostischen Handbuch« der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (APA) von 2013. Der niederländische Psychologie- und Psychiatrieprofessor Peter de Jonge kritisiert dieses »Handbuch«: Es sei nicht diagnostisch, weil es ausschließlich Klassifikationen enthalte. Es sei auch nicht statistisch, sondern basiere auf Konsensdefinitionen bestimmter Expert*innen. »Das DSM ist vor allem für die Krankenversicherungen wichtig, um etwas über die vermeintlichen Kosten einer Störung aussagen zu können.« Die Vorgeschichte dieses Handbuches: Im Jahr 1980 veröffentlichte der Psychiater Robert Spitzer zusammen mit seinem Team das DSM-3. Die Veröffentlichung bedeutete einen einschneidenden Wandel in der Hinsicht, wie mentale Krankheiten definiert und diagnostiziert werden. Die Anzahl der im DSM aufgeführten Krankheiten und Störungen ist stetig von 106 (DSM-1) auf 374 (DSM-5) angestiegen. (...)

Dennoch bleibt die Tatsache, dass Menschen unter psychischen Defiziten, Krankheiten, Störungen, oder wie immer man es bezeichnen mag, leiden. Diese Menschen benötigen Unterstützung und dabei stellt sich die Frage, wie diese aussehen kann, damit sie die Betroffenen nicht psychiatrisiert, sondern sie befähigt, ihre Probleme zu bearbeiten und sich von ihren ängsten zu befreien. So finden gleichzeitig mehrere, in verschiedener Weise widersprüchliche Prozesse statt. Immer mehr Lebenssituationen werden als behandlungsbedürftige Störung beschrieben, obwohl seit Jahrzehnten überall auf der Welt Menschen beweisen, wie befreit und befreiend man damit umgehen kann. Während sich mancherorts die Türen der Anstalten öffnen, werden die Gesellschaften uniformer, »normaler«, und in den verbleibenden Anstalten verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen des Personals und die Lebensbedingungen der Insassen derart, dass alte (Fixierungen) und neue (Ruhigstellung mit Psychopharmaka) Foltermethoden ein umfassendes Comeback erleben. Undiskutiert bleibt allenthalben die Tatsache, dass in einer ver-rückten Welt ›Normalität‹ ein Problem und keine Perspektive ist.«

Der Schwerpunkt »Ver-rückte Welt. Psychische Gesundheit in Lateinamerika« der ila 412 hat einen Umfang von 38 Seiten (das gesamte Heft 58 Seiten) und kann zum Preis von 6,00 Euro bei der ila (Heerstraße 205, 53111 Bonn, Tel 0228-658613, E-Mail vertrieb (AT) ila-bonn PUNKT de   , Internet: www.ila-web.de bestellt werden.

[i] Hinweis: Chiapas98 ist ein ehrenamtliches, nicht-kommerzielles Projekt. Sollten Sie nachweislich die Urheberrechte an einem der von uns verwandten Bilder haben und nicht damit einverstanden sein, dass es hier erscheint, kontaktieren Sie uns bitte, wir entfernen es dann umgehend.

 Quelle:  
  http://www.ila-web.de/ 
 

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